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Tyrannenmord

Tyrannenmord

Titel: Tyrannenmord
Autoren: Roy Jensen
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dein Ansinnen mittrage und verantworte, denn dafür bin ich schließlich nicht Polizist geworden. Und genau genommen wäre es ja Strafvereitelung im Amt.«
    »Nee, nee Paul, auf unseren Fall bezogen, wäre das schlicht und einfach nur human«, entgegnete Isabell zum Schluss noch vor der Tür der Weinstube, bevor sich die Wege der beiden vorerst trennten.
    »Da hat mir das Kind schon eine Nuss zu knacken gegeben«, grübelte Schmidt auf dem Weg über nach Hause. Irgendwie ticken Frauen anders, sind einfühlsamer als Männer und fühlen sich eher berufen, untereinander Netzwerke zu bilden. Trotzdem war durch Isabells Einwände etwas in ihm angestoßen, denn er differenzierte theoretisch, ebenfalls zwischen Recht und Gerechtigkeit. Seine Front war nicht so unverrückbar, wie es seiner Stellung geschuldet war und nach außen zumeist den Anschein hatte.
    Als er morgens sein Büro in der Bezirkskriminalinspektion betrat, tat Isabell nach kurzem Gruß sehr beschäftigt. Ihm war natürlich klar, dass sie ihre Hoffnung auf eine bejahende Antwort nicht aufgegeben hatte. Er stellte sich ans Fenster, wo das altvertraute rote Dachziegelmeer – im Augenblick im weichen Dunst des Morgenlichts – auf seine wohlmeinende Betrachtung wartete, und das gab ihm Kraft.
    »Na, was meinst du Paul, soll der rote Milan leben?«, hörte er im Rücken Isabells bohrende Frage.
    »Natürlich soll er leben – wie alle anderen Tiere auch – Ehepaar Kolb wird das schon machen, da bin ich mir sicher.«

Epilog
    Raoul Berger fand verständige Richter und kam mit vergleichsweise noch milden drei Jahren Freiheitsstrafe davon, weil ihm keine niedrigen Beweggründe unterstellt wurden. Wegen guter Führung konnte er bereits nach zweieinhalb Jahren die Gefängnismauern für immer hinter sich lassen, denn die Tat und die Verhältnisse, die letztlich dazu führten, würden sich in seinem Leben so niemals wiederholen. Zu Ben und Nina, die ihn während der Haftzeit – und das nicht nur aus Dankbarkeit heraus – häufig und regelmäßig besucht hatten, hielt er auch noch nach Verbüßung seiner Strafe Kontakt.

    Ben und Nina Thams haben ihren Traum zu Grabe tragen müssen und dem Landleben, das statt des erhofften Paradieses sich zum Schluss hin eher in eine Hölle verwandelt hatte, endgültig den Rücken gekehrt. Sie arbeiten beide wieder im Angestelltenverhältnis und sind der Gastronomie trotz allem treu geblieben. Noch immer haben sie an ihrem Schuldenberg zu tragen, hoffen aber in einigen Jahren auf eine eigene Teestube in der City, denn hier wären, so meinten sie, mit derart drastischen Veränderungen wie die erlebten, eher nicht zu rechnen. Ihr Sohn Moritz besitzt – trotz des bitteren Scheiterns seiner Eltern – die Zuversicht der Jugend und hat gerade nach der bestandenen Mittleren Reife die Hotelfachschule besucht und wird danach, soviel ist schon sicher, eine Stelle in einem Hotel der gehobenen Klasse antreten.

    Joe, alias Joachim Keim, ist nach dem Tod seines Vaters nach Arizona zurückgekehrt und lebt dort unter bescheidenen Verhältnissen in einem Wohnmobil. Soweit es seine Zeit erlaubt, genießt er die fast schon erhaben zu nennende Stille der großen Canyons. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er hauptsächlich als Angestellter in einem indianischen Casino, wobei er sich mit gelegentlichen Berichten über Land und Leute, die er an seine alte Redaktion nach Deutschland schickt, sowie mit Promotionsarbeit für den Stamm seines indianischen Freundes ein weiteres Zubrot verdient.
    Außerdem hofft er immer noch auf den Verkauf der zurückgelassenen alten Kate, denn die positiven Veränderungen in der Gegend ließen immerhin hoffen.

    Erika Long musste nach ihrer Verhaftung und anschließender Verurteilung zu einer mehrjährigen Strafe in der Justizvollzugsanstalt Lübeck einsitzen, denn Hauptkommissar Schmidt hatte seiner Assistentin Isabell Detleffsen definitiv nicht folgen wollen. Doch nach ihrer Entlassung, das wusste die Tierpflegerin bereits, würde sie die Auffangstation der Kolbs übernehmen können, die sich, wie sie betonten, keine kompetentere Nachfolgerin denken konnten. Erika Long wollte auch nicht mehr an den Ort zurück, der sie ständig an alles erinnerte und der Clinch mit dem benachbarten Jäger womöglich nach einer Schonzeit in die nächste Runde ging. Die Brandstifter ihrer Kate sind nie ermittelt worden, und noch immer wartet die Ruine auf einen Käufer.
    Ihre Tat bereut sie nicht, und sie würde sie, wären heute
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