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Tyrannenmord

Tyrannenmord

Titel: Tyrannenmord
Autoren: Roy Jensen
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war.
    Schmidt, der in seiner Depression dem Treffen in einer Kneipe am Hauptbahnhof zuerst sehr zögerlich gegenüberstand, ließ sich schließlich dazu überreden. Hier hatten sie als Polizeischüler so manch verbalen Strauß ausgefochten und die Einrichtung schien sich überhaupt nicht verändert zu haben.
    Der Umgang mit dem früheren Freund und Kommilitonen tat Schmidt wider Erwarten gut. Dieser schien das richtige Händchen zu haben, zumal er Schmidt neben ihrem ins Leben gerufenen, regelmäßigen Stammtisch zu Konzertbesuchen und zum Rudern auf der Alster ermunterte.
    Als sie vom Polizei-Ruderverein am Isebekkanal sich im Zweier-Skiff Richtung Feenteich aufmachten, war es wie zu früheren Zeiten, und in Schmidt regte sich, wenn auch zaghaft, auf immer und ewig verloren geglaubte Lebensfreude.
    Im Nachhinein betrachtet, war der Freund wahrscheinlich der beste Therapeut gewesen, den er sich damals hätte wünschen können. Den Verschluss in sich hatte Schmidt natürlich selber öffnen müssen, der nötige Anstoß dazu, der war von seinem Kollegen ausgegangen.
    Hatte sich Schmidts Zustand zwar weitgehend so stabilisiert, dass er das Leben in fast all seinen Schattierungen wieder annehmen konnte, so hielt es ihn gleichwohl nicht länger in der alten Umgebung. Die Erinnerungen an seine Frau kamen immer wieder hoch.
    So beschloss er schließlich – da die Gelegenheit gerade überraschend gegeben war – sich nach Flensburg versetzen zu lassen. Dort machte er die Bekanntschaft einer Frau, die als Fremdsprachenkorrespondentin bei einer Import- und Exportfirma für den Skandinavischen Raum tätig war und die er bald darauf – wahrscheinlich um Reste seiner Trauer zu kompensieren – wohl zu überhastet heiratete.
    Die Frau machte eine beispiellose Karriere, Schmidt arbeitete derweil zumeist im Kriminaldauerdienst, was zur Folge hatte, dass sich beide immer seltener sahen. So fehlte die Zeit – oder sie nahmen sie sich nicht genug –, den Konflikten, die sich zuerst nur hin und wieder andeuteten, und letzten Endes ihre einstige Vertrautheit untergruben, hinreichend mit Gesprächen und gegenseitiger Zuwendung zu begegnen.
    Und so kam es, wie es unter anderen Lebensbedingungen vielleicht nicht hätte kommen müssen, sie ließen sich scheiden.
    Immerhin blieb ihm die Liebe zu den nördlichen Breiten erhalten. Oder war er ihnen gar auf ewig verfallen, wie die ungenannt gebliebenen Entdecker des rätselhaften Nordlandvirus einem das gern glauben machen wollten?
    Wie dem auch sei, eines Tages gab es für ihn kaum Schöneres, als mit seiner Kawasaki VN 1500 Drifter, einem Chief-Nachbau, also entsprechend schwer und stark und fast einer Sänfte gleich, im Urlaub die skandinavischen Länder nach und nach für sich zu erschließen. Ruhig brummend glitt er dahin mit seinem Cruiser, denn er verabscheute – nicht erst nach dem Unfall mit seiner Frau Ruth – das Rasen. Nur ganz selten, wenn es bei einem Überholvorgang mal vonnöten war, ließ er die Maschine ihre wahre Kraft zeigen.
    Ob auf den Schotterpisten der Fjells, den schmalen, wie festgeklebten Serpentinen an steilen Fjordwänden oder auf gut ausgebauten Europastraßen Richtung Nordkap: Immer war sie ihm wie eine verlässliche Partnerin und mit ihrem satten, dunklen Sound wuchs sie ihm mit der Zeit ans Herz. Manchmal kam es ihm vor, als wäre da unter ihm mehr als nur Gummi, Blech und Metall.
    Zurück in Deutschland verwahrte er die Maschine sorgfältig unter einer Persenning in seiner Garage, wartete sie natürlich regelmäßig selbst und bewegte sie lediglich, um sie in Schuss zu halten. Denn hier, wo Motorradfahrer ein deutliches Image- und Akzeptanzproblem hatten, war ihm das Fahren eher unangenehm.

    Im Moment stand kein aktueller Fall für sie an und so hatte er sich zusammen mit Isabell, seiner Assistentin, schon länger zurückliegenden, ungeklärten Fällen zugewandt, um diese auf die Möglichkeit der DNA-Überprüfung abzuklopfen. Den ersten Fall, den sie auf diese Weise aufklären konnten, war ein Mord mit sexuellen Motiven an einer jungen Frau, der bereits über 42 Jahre zurücklag. So rückte aufgrund von Übereinstimmung der DNA-Proben ein ehemaliger Bundeswehrsoldat als Hauptverdächtiger in den Fokus der Ermittler. Dieser Mann, der bis zuletzt im Kreisgebiet lebte, konnte mit den Verdachtsmomenten nicht mehr konfrontiert werden, da er vorher verstarb.

    Isabell, die hier im Kreis aufgewachsen und sich selbst als unverbesserliches Angeliter Landei
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