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Tyrannenmord

Tyrannenmord

Titel: Tyrannenmord
Autoren: Roy Jensen
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bekämpft hatte.
    »Ich denke«, brach er nach dem gedanklichen Ausflug in seine Kindheit das Schweigen, »dass wir jetzt tatsächlich unseren lang gehegten Traum des eigenen Ladens erfüllen sollten. Ich würde als Koch endlich meine Speisen und Gerichte selbst konzipieren und kann meiner Kreativität freien Lauf lassen. Und du als Chefin des Servicebereichs – kannst den Rest aufbauen und pflegen, das wäre doch was, oder? Und«, sprudelte es weiter aus Ben heraus, »dieses einmalig gelegene Haus im historischen Heimatstil, nur wenige Kilometer zum Ostseestrand, genug Parkplätze für Gäste … das können wir uns nicht so einfach entgehen lassen!«
    Nina, die neben ihrem Freund schlenderte und wegen der zunehmend kühler werdenden Brise ihre schmalen Hände in den Tiefen ihres Parkas vergraben hatte, wirkte äußerlich viel ausgeglichener. Zum Ärger von Ben, der in seinem Enthusiasmus bestärkt werden wollte, schien sie fast unbeteiligt. Stattdessen las sie mal einen vermeintlich interessanten Stein oder eine Muschel auf und wies ihn – so empfand es jedenfalls Ben – betont langatmig auf irgendwelche Besonderheiten der Zeichnung oder Struktur hin. Dennoch arbeitete es natürlich in ihr. Sie war eben im Gegensatz zu Ben ein Mensch, der lieber erst alles für sich in Ruhe durchging und gern die Kontrolle behielt.
    »Hast du denn bedacht, Benny«, gab Nina zu bedenken, »dass in dem ach so wunderschönen Haus versteckte Mängel lauern könnten?«
    »Was meinst du damit? Suchst du erneut nach dem Haar in der Suppe?«, fragte Ben.
    Nina wusste nur zu gut um Bens derzeitige Gefühlslage. Sie wollte sich aber vor späteren, möglicherweise unangenehmen Überraschungen absichern. »Na ja, hast du denn nicht im unteren Bereich des Hauses die feuchten Flecken wahrgenommen? Als du mit dem Makler im Garten warst, habe ich nachgefühlt – die Feuchtigkeit sitzt überall hinter den Fußleisten!«
    »Doch, doch – natürlich habe ich einige der Verfärbungen bemerkt«, erwiderte Ben widerstrebend, der sich den Kauf bereits in den Kopf gesetzt hatte.
    »Ja und deswegen meine ich, dass wir der Sache unbedingt auf den Grund gehen sollten«, betonte Nina, »notfalls mit Hilfe eines Sachverständigen.«
    »Also gut«, lenkte Ben ein, »was hältst du davon, wenn ich gleich am Montagmorgen beim Maklerbüro anrufe und versuche, den Preis mit Hinweis auf die feuchten Stellen herunterzuhandeln?«
    »Okay, aber nur wenn wir von der Differenz die Sanierung der Wände bezahlen können«, erwiderte Nina. »Denn du weißt ja wohl, wie mein Bruder bei einem Hauskauf böse hereingefallen ist. Sämtliche Wände hat er von einer Fachfirma sanieren lassen müssen und neben all dem Ärger haben die Kosten ein Drittel des ursprünglichen Kaufpreises verschlungen.«
    »Hat er das denn damals nicht vorher wissen können?«, warf Ben ein, der nur die halbe Geschichte kannte.
    »Na ja«, holte Nina weiter aus, »als er das Haus besichtigte, glaubte er, sagen wir mal so, wohl nur allzu gern an das Gute im Menschen. Immerhin waren ihm die mit übertapezierten Holzfaserplatten verschalten Wände aufgefallen. Dennoch hat er sich in Anbetracht des ansonsten sehr hübschen, stilvollen Hauses dummerweise vormachen lassen, dass das alles nur zu Dämmungszwecken gemacht worden wäre.«
    »Ja, warum zum Teufel, hat er denn nicht den Rat eines Sachverständigen eingeholt?«, fragte Ben ungläubig.
    »Das ist es ja gerade, was ich dir verklickern will, Benny. Er hatte sich, wie du jetzt, in das Haus total verguckt – so nach dem Motto: Dieses oder keines. Unter Zugzwang brachte ihn, dass es angeblich weitere Bewerber gab. So schlug er überhastet zu«, Nina schüttelte den Kopf, »wie wir wissen, mit bösen Folgen, denn unter den angebrachten Dämmplatten stand meterhoch die aufsteigende Feuchtigkeit. Na ja, und weil er als fremder Zugereister es mit der Dorfgemeinschaft nicht gleich verderben wollte, beugte er sich der schönen Formel, die da heißt: Gekauft wie besehen.«
    Nina unterbrach sich und bückte sich nach einem angeschwemmten Schalentier, das sie genau betrachtete. »An diesen Spruch hat er blauäugig festgehalten. Ja, er schien von der dörflichen Leitkultur wie hypnotisiert zu sein. Klingt ganz schön verrückt, nicht wahr?«
    Nina warf einen kurzen, bezeichnenden Blick auf Ben, der längst wusste, warum ihm die Freundin das alles erzählte. Er zog es jedoch vor, erst einmal zu schweigen.
    »Bedauerlicherweise erfuhr er erst
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