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Turrinis Bauch - Kriminalroman

Turrinis Bauch - Kriminalroman

Titel: Turrinis Bauch - Kriminalroman
Autoren: Franz Friedrich Altmann
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gibt auf. Bevor sie sich jetzt wieder ein paar Horrorgeschichten über die russischen Besatzungssoldaten im Mühlviertel hineindrucken lässt, quetscht sie lieber den Soziallandesrat ein bisserl aus. Stichwort: Pflegenotstand!
    Ist aber leichter gesagt als getan. Im Speisesaal herrschen mittlerweile tumultartige Zustände. Etliche Heimbewohner können vom Pflegepersonal nur mit Müh und Not davon abgehalten werden, auch die anderen Geschenkskörbe zu plündern, und müssen mithilfe mehrerer Großpackungen Valium ruhiggestellt werden. Gott sei Dank wird aber jetzt die Jubilarin im Rollstuhl hereingekarrt – und die Feier kann losgehen.
    Der Herr Landeshauptmann hat den größten Geschenkskorb und darf daher als Erster reden. Wirklich feierlich und ergreifend schildert er den mühseligen, wenn nicht sogar armseligen Lebensweg der Jubilarin. Wird aber auf einmal jäh aus seiner landes­väterlichen Stimmung herausgerissen.
    „Ja, spinnst du jetzt eh schon, du alter Depp, du verkalkter?“, unterbricht ihn die Resi. „Ich bin doch die Schützeneder Resi – und net die andere!“
    Hat ihm doch glatt sein Sekretär das falsche Manuskript in die Hand gedrückt. Der Geburtstag von der anderen Hundertjährigen, einer gewissen Leisch Maria, ist ja erst übermorgen. Und außerdem im Bezirksaltenheim Rohrbach. Überreicht er der Resi halt schnell den Geschenkskorb. Damit sie die Pappen hält.
    Tut sie aber nicht: „Und wo ist der Eierlikör, du Falott, du? Der war versprochen! Lauter Gsindl, die Politiker! Zuerst alles Mögliche versprechen – und dann nicht halten!“
    Mit diesen Worten sackt die Resi im Rollstuhl zusammen. Da nutzt es jetzt nichts mehr, dass sich der Bürgermeister von Blumenthal mit einer Flasche Eierlikör den Weg durch die Menge bahnt, da nutzt es auch nichts mehr, dass der Defibrillator von der Wand gerissen wird und drei Pflegerinnen ein wirklich sehenswertes Wiederbelebungs-Ballett hinlegen – die Resi ist akkurat an ihrem hundertsten Geburtstag einem Herzinfarkt erlegen.
    Kann sich die Gucki natürlich alle zehn Finger abschlecken. Aber nicht wegen dem Buffet, das jetzt in dem ganzen Durcheinander von den Heimbewohnern gestürmt wird, sondern wegen der Story, die ihr wie durch ein Wunder in die Hände gefallen ist. Wenn das kein gefundenes Fressen ist? Landeshauptmann killt Hundertjährige kann sie zwar nicht schreiben, aber Herztod aus Kränkung ist als Schlagzeile auch nicht schlecht.
    Also sofort in der Druckerei anrufen und den Druck stoppen! Dann im Renntempo in die Redaktion und die Seiten eins bis drei neu schreiben! Und natürlich zur Feier des Tages ein Bier! Weil es ihr wieder einmal gelungen ist, wenigstens eine Geschichte zusammenzukratzen, die gelesen wird, bevor die Mühlviertler Nachrichten beim Altpapier-Container landen.
    Dazu muss man jetzt wissen, dass die Mühlviertler Nachrichten schon seit längerer Zeit am absteigenden Ast sind. Vor etlichen Jahren war das wirklich einmal eine Lokalzeitung, die im ganzen Mühlviertel gern gelesen worden ist. Weil einem das Hemd schließlich näher ist als der Rock. Sprich: Eine ordentliche Wirtshausrauferei in der Nachbarschaft ist immer noch interessanter als irgend so ein Sechs-Tage-Krieg, der halt doch ziemlich weit weg ist.
    Dann sind die Mühlviertler Nachrichten aber im Lauf der Zeit zu einer Art Vereinsnachrichten verkommen. Weil es halt billiger kommt, wenn du dir – sagen wir einmal – von der Freiwilligen Feuerwehr St. Anton ein Foto mit Text schicken lasst, wo der Kommandant einen verdienten Kameraden zum Hauptbrandmeister ernennt, als wie wenn du selber recherchierst. Und dann noch eine Geschichte vom Verschönerungsverein Blumenthal über das neue Marterl und eine vom Musikverein St. Moritz über den neuen Kapellmeister – und da hast du dann auch schon fast eine ganze Zeitung beisammen.
    Drum bestehen ja die Mühlviertler Nachrichten seit einem Jahr nur mehr aus der Gucki und aus der Renate. Haben sie die Hatzl Helga, die Redaktionsleiterin, einfach gekündigt. Nach neunundzwanzig Jahren! Weil für eine Gratiszeitung, die eh nur mehr aus Vereinsnachrichten und aus Werbung besteht, brauchst du wirklich keine Redaktionsleiterin.
    Kann die Helga jetzt nimmer sagen: „Ich bin seit neunundzwanzig Jahren mit den Mühlviertler Nachrichten verheiratet – und das glücklich!“ Sagt jetzt: „Ich bin seit einem Jahr von den Mühlviertler Nachrichten geschieden – und das überglücklich!“ Das glaubt ihr die Gucki sogar aufs
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