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Turrinis Bauch - Kriminalroman

Turrinis Bauch - Kriminalroman

Titel: Turrinis Bauch - Kriminalroman
Autoren: Franz Friedrich Altmann
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Nationalfarben nix. Wird deswegen auch nicht wärmer.
    „Ha? Wie? Was? Wo? Warum?“
    Gell, ein ganzer Haufen Fragen taucht da auf einmal auf. Aber nur ein bisserl Geduld! Wird ja eh gleich alles erklärt. Nur: Wo fang ich an? Am besten von vorn! Sonst heißt es zum Schluss noch: „Der macht das zufleiß, dass er alles durcheinanderbringt, dass man sich hint und vorn nimmer auskennt und dasteht wie der letzte Depp!“
    Fangen wir also mit dem Hunderter an. Wird ja eh ein jeder überrissen haben, dass es sich da nur um eine Geburtstagsfeier handeln kann. Weil die Schützeneder Resi trotz mehrerer Kinderkrankheiten und Weltkriege hundert Jahre alt geworden ist.
    Was soll denn in einem Bezirksaltenheim sonst los sein? Normal in so einem Heim nur tote Hose. Da mein ich jetzt aber nicht die Impotenz, sondern: dass halt so gar nix passiert. Heute aber das genaue Gegenteil! Zugehen tut es da wie auf dem Freistädter Volksfest. Da wurlt es nur so vor lauter Leut! Wie wenn man was geschenkt kriegen tät!
    Dabei ist das genaue Gegenteil der Fall: Die ganze Prominenz ist mit einem Mordstrumm Geschenkskorb für die Jubilarin angerückt. Bonbonnieren, Manner -Schnitten, Kaffee-Packl, Wein, Bananen, Ananas, aber auch ganze Dosen mit Reisfleisch oder gefüllte Paprika. Wie wenn man im Bezirksaltenheim St. Johann ob der Aist verhungern müsst!
    Weil aber weder der Herr Landeshauptmann noch der Herr Soziallandesrat seinen Korb selber tragen kann – ein Politiker tragt ja eh schon die Verantwortung –, steht ein ganzer Haufen Chauffeure planlos im Speisesaal herum und schleppt sich mit Geschenks­körben ab, die alle mit einem goldglänzenden Pappendeckel-Hunderter verziert sind. Das bringt natürlich den Bürgermeister von Blumenthal auf die Idee, dass er seinen Korb auch dem Gemeindesekretär in die Hand drücken könnte. Was aber soll jetzt der Herr Bezirkshauptmann machen? Der seinen Sekretär in Freistadt vergessen hat und seinen Korb selber schleppen muss.
    Er stellt ihn unvorsichtigerweise auf einem Tisch ab. Und während er sich jetzt auch an der hitzigen politischen Debatte beteiligt (Wer darf als Erster gratulieren?), wird sein protziger Geschenkskorb auch schon von einer ganzen Horde von Heimbewohnern geplündert. Aber ratzeputz! In kürzester Zeit ist bis auf ein Glasl Orangenmarmelade und ein Packl Teebeutel alles in den weiten Taschen bunter Morgenmäntel verschwunden.
    „Was aber macht da in diesem Affenzirkus unsere Gucki?“, wird man sich fragen.
    Sie macht ihre Arbeit. Fragt die erstbeste Altenpflegerin nach der Schützeneder Resi.
    „Resi missen haben Ruhe! Missen machen scheen fir obere Herren von die Politik!“, erklärt die resolut. Anscheinend gibt es bei uns in der Altenpflege wirklich nur mehr Tschechinnen und Slowakinnen. Doch kaum hat die Gucki dieser üppigen, gachblonden Schönheit zehn Euro gerieben, wird sie auch schon problemlos ins Pflegebad gelotst, wo die Jubilarin gerade auf Politiker-tauglich hergerichtet wird: frische Windeln, frisches Nachthemd, frischer Morgenmantel. Mit der geistigen Frische ist es leider nicht so weit her. Die Gucki kriegt nur die üblichen abgedroschenen Antworten auf ihre Fragen. Die allerdings auch ziemlich abgedroschen sind – wenn du mich fragst.
    „Du, Resi! Wie viel Kinder und wie viel Enkerl?“
    „Elf Kinder, sechsundvierzig Enkerl, hundertdreizehn Urenkerl und ein Ururenkerl!“, kommt es auch schon wie aus der Pistole geschossen heraus. Das hat sie wirklich gut gelernt, die Resi!
    Nächste Standardfrage: „Wie wird man hundert Jahre alt?“
    Nächste Standardantwort: „Viel arbeiten und beten!“
    Muss sich die Gucki was Gescheiteres einfallen lassen. Sonst schlafen den Lesern der Mühlviertler Nachrichten noch die Füße ein. „Was war dein schönstes Erlebnis in den ganzen hundert Jahren?“
    Da fangen der Resi ihre Augen in dem verhutzelten Mumiengesicht doch glatt an zu leuchten. Und auch die Antwort ist diesmal ziemlich originell. Nur: Ob die Gucki das schreiben kann in der Zeitung?
    „Wie der Adi kemmen is!“, strahlt die Resi.
    „Dein Mann hat Adi geheißen?“
    „Aber na! Der Mann war der Pepi. Der Adi war der Führer!“
    „Ah-so. Ah-ja“, weiß die Gucki nicht recht weiter. „Interessierst du dich heute auch noch für Politik?“
    „Freilich! Der Fescheste ist der Jörg!“
    „Aber der ist doch schon tot?“
    „Wirklich? Der Adi ist tot, der Jörg ist tot – da kommen dann wieder die Russen!“
    „Dankschön, Resi!“
    Die Gucki
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