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Turils Reise

Turils Reise

Titel: Turils Reise
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Abschiedsgruß noch einen Händedruck wert. Hätte er eine Wahl gehabt, hätte er sich sicherlich einen anderen Partner für seinen Plan ausgesucht.
    Auch für die GELFAR fand er keine passenden Worte. In einem Kraftakt hatte er sie in ein enges Korsett gezwängt, das der Schiffssphäre gerade so viel Bewegungsfreiheit zugestand, dass sie sich ihrer selbst noch bewusst war. Er wollte und durfte sie nicht töten, das erlaubte sein Plan nicht. Aber die GELFAR würde schrecklich leiden.
    Turil schnürte den Zeremonienmantel enger - ein letztes Mal! -, schluckte eine kleine Portion Kautium - ein letztes Mal!, - und transferierte sich, von Euphorie getragen, hin zu dem Klumpen tanzender, knäuelbildender Marime.
    Er fand sich im freien Weltall treibend wieder. Der Mantel hatte seine Schutzfunktionen zugeschaltet. Turil atmete,
und er fror nicht. Als ob das jetzt noch eine Rolle spielte …
    Die Kitar reagierten auf sein Erscheinen. Ihre zusammenwachsenden Leiber zuckten spastisch, Turil fühlte eine Art Raunen in seinem Kopf.
    Du hast deinen Willen bekommen!, hörte er Queresma in sich sagen. Ab jetzt gehört dieser Körper mir.
    Turil zögerte. Und wenn er doch …
    Queresma ließ ihm keine Zeit zum Nachdenken. Er drängte seinen Geist beiseite, verschaffte sich Platz im Leib des Totengräbers und übernahm die Bewusstseinskontrolle. Nur widerwillig akzeptierte er die Präsenz des Zeremonienmantels.
    Ich bin zurückgekommen!, riefdachte Queresma in Richtung der versammelten Marime. Ich bin gekommen, um euch zu helfen!
    Außen-und Inneneinheiten antworteten ihm. Ihre Impulse fühlten sich freundlich und neugierig an, doch am deutlichsten trat das Gefühl der Erleichterung in den Vordergrund. Sie lockten Queresma, baten ihn mit ihrem wortlosen, mentalen Gesang, die ihm zugedachte Rolle im Konzert des SECHSEN einzunehmen, endlich …
    Queresma zögerte keinen Augenblick. Er wusste, was zu tun war, auch wenn er diese Führungsrolle niemals zuvor übernommen hatte.
    Er löste seinen Humanes-Leib aus dem Zeremonienmantel und gab ihn damit dem Tod preis. Blut begann zu sieden, die Haut riss, Flüssigkeit spritzte aus den Augen und kristallisierte augenblicklich. Alle Funktionen dieses gezüchteten Körpers versagten. Der Totengräber Turil erlitt den Tod.

    Queresmas Marime-Leib zwängte sich rücksichtslos aus der hinfällig gewordenen Hülle, streifte sie ab wie eine Schlange ihre Haut. Er fühlte die nahezu perfekte Reinheit des Vakuums, roch und schmeckte die Nähe des Pulsars und all jene Strahlenbilder, die ihm und seinesgleichen so sehr Erleichterung schenkten …
    Queresma durfte nicht mehr länger zögern. Er musste sich um das Gelingen des SECHSEN kümmern. Sein persönliches Wohlbefinden war zweitrangig. Intuitiv fädelte er sich in die Straßen der Strahlenschauer ein und nutzte ihren geringen Antrieb, um näher an den Marime-Klumpen heranzugelangen. Da und dort berührte er die anderen, wollte ihnen Hoffnung und Zuversicht schenken. So lange schon waren sie ohne SECHSEN ausgekommen. Der Schmerz in ihnen war groß und allumfassend. Sie schafften es kaum mehr, das Leibeskonglomerat zu formen. Fremde Marime Äste schoben Queresma vorwärts, auf das Zentrum der Kugel zu. Schnell, schnell musste es gehen, es war keine Zeit mehr zu verlieren! Die Körper rückten näher zueinander, bald war ein Vorwärtskommen kaum noch möglich. Queresma machte sich klein, quetschte und presste sich rücksichtslos vorwärts. Er fühlte die allgegenwärtige Verwirrung. Angst, dass es nicht klappen würde. Wut, weil er sie so lange hatte warten lassen. Hoffnung auf eine Gesundung und auf viele neue Zyklen, in denen er ihr Steuerelement sein würde, bevor er selbst einen Nachfolger, einen neuen Queresma ernannte …
    Der Plan des Körperlabyrinths entstand vor seinem Geist. Er wusste ganz genau, wie er sich nun zu bewegen hatte und wie er sich im Innersten zurechtfinden musste. Der Weg war ihm vorgezeichnet. Jenen, denen er hier begegnete, waren die ältesten und reifsten Marime; doch
auch sie wirkten bereits gezeichnet von den langen Jahren des Wartens. Quälend langsam war das Vorwärtskommen, immer wieder beeinträchtigt von Schmähungen, von Zornesausbrüchen, von allgemeinem Fehlverhalten. Ein völlig wahnsinnig gewordener Marime stellte sich ihm in den Weg, wollte ihn daran hindern, den vorherbestimmten Platz einzunehmen. Queresma tötete ihn schweren Herzens, andere schafften den nutzlos gewordenen Körper hin zum Rand des SECHSEN,
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