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Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Titel: Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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gegenüberliegende Seite der Kammer.
    »Aber ich …«, setzte Cal an.
    »Leg dich schlafen!«, knurrte Imago mit vor Wut versteinerter Miene. Er wickelte seinen Mantel fest um sich, benutzte seine Ledertasche als Kopfkissen und drehte sich mit dem Gesicht zur Wand.
     
    So verbrachten sie den Großteil des nächsten Tages, aßen und schliefen und wechselten kaum ein Wort miteinander. Nach all dem Grauen und der Aufregung der vergangenen vierundzwanzig Stunden begrüßte Will die Gelegenheit, sich zu erholen, und verbrachte viel Zeit mit einem schweren, traumlosen Schlaf. Schließlich wurde er von Imagos Stimme geweckt und öffnete träge ein Auge, um nachzusehen, was da vor sich ging.
    »Cal, komm mal rüber und hilf mir, ja?«
    Rasch sprang Cal auf die Beine und gesellte sich zu Imago, der in der Mitte der Kammer kniete.
    »Das Ding wiegt eine Tonne«, sagte Imago grinsend.
    Während sie den Metalldeckel im Boden beiseiteschoben, wurde sofort deutlich, dass Imago dies allein hätte bewerkstelligen können. Aber es war seine Art, sich mit Cal zu versöhnen. Will schlug auch das andere Auge auf und beugte seinen Arm. Seine Schulter fühlte sich zwar steif an, doch seine Verletzungen schmerzten nicht annähernd so stark wie zuvor.
    Cal und Imago lagen mittlerweile ausgestreckt auf dem Boden und spähten in die kreisförmige Öffnung hinab, in die Imago mit seiner Kugel hineinleuchtete. Will kroch zu ihnen und warf ebenfalls einen Blick in das Loch – ein etwa ein Meter breiter Schacht, unter dem tiefe Dunkelheit herrschte.
    »Da unten glänzt irgendwas«, sagte Cal.
    »Ja, Eisenbahnschienen«, erwiderte Imago.
    »Der Grubenzug«, erkannte Will in dem Moment, als er die beiden parallel verlaufenden Stränge aus poliertem Eisen in der pechschwarzen Finsternis sah.
    Die Jungen zogen sich von dem Loch zurück, setzten sich an dessen Rand und warteten gespannt, dass Imago etwas sagen würde.
    »Ich rede jetzt ganz offen, weil wir nicht viel Zeit haben«, meinte er. »Ihr habt zwei Möglichkeiten. Entweder wir halten uns hier eine Weile versteckt und dann bringe ich euch wieder nach Übergrund, oder …«
    »Nein, nicht nach Übergrund«, platzte Cal sofort heraus.
    »Ich sage nicht, dass es leicht werden würde, euch dorthin zu bringen«, räumte Imago ein. »Nicht zu dritt.«
    »Auf keinen Fall! Das könnte ich nicht ertragen!« Cals Stimme überschlug sich fast vor Sorge.
    »Nicht so voreilig«, warnte Imago. »Falls wir es nach Übergrund schaffen, könntet ihr wenigstens versuchen, euch irgendwo zu verstecken, wo die Styx euch nicht finden. Vielleicht.«
    »Nein«, wiederholte Cal mit unerschütterlicher Überzeugung.
    Imago schaute nun Will an. »Ihr solltet euch der Tatsache bewusst sein …« Er verstummte, als sei das, was er sagen wollte, so schrecklich, dass er nicht recht wusste, wie er es formulieren sollte. »Tam meint …«, er schnitt eine Grimasse und verbesserte sich rasch, »… meinte, dass das Mädchen der Styx, das sich als deine Übergrundler-Schwester ausgegeben hat …«, er hustete beklommen und wischte sich über den Mund, »… die Tochter der Schmeißfliege ist. Demnach hat Tam in der Ewigen Stadt ihren Vater getötet.«
    »Rebeccas Vater?«, fragte Will verblüfft.
    »Oh, mein Gott«, krächzte Cal.
    »Warum ist das so wichtig? Was hat …?«, brachte Will hervor, ehe Imago ihm das Wort abschnitt.
    »Die Styx werden niemals Ruhe geben. Wohin ihr auch geht, sie werden euch verfolgen. Und jeder, der euch Zuflucht gewährt, in Übergrund, in der Kolonie oder sogar in den Tiefen, bringt sich dadurch ebenfalls in Gefahr. Ihr wisst ja, dass sie überall ihre Leute haben.« Imago kratzte sich am Bauch und runzelte die Stirn. »Wenn Tam recht hatte, bedeutet das, dass eure Situation jetzt noch mieser ist als zuvor. Ihr schwebt in größter Gefahr – denn ihr steht jetzt auf der schwarzen Liste.«
    Will versuchte zu verstehen, was er gerade gehört hatte. Die schreiende Ungerechtigkeit ihrer verzweifelten Lage ließ ihn den Kopf schütteln.
    »Du meinst also, wenn ich nach Übergrund gehe, bin ich permanent auf der Flucht. Und wenn ich bei Tante Jean bleibe …«
    »Ist sie tot.« Imago rutschte unbehaglich auf dem staubigen Steinboden hin und her. »So ist das nun mal.«
    »Aber was wirst du denn nun tun, Imago?«, hakte Will nach. Es gelang ihm nicht, die Situation, in der er sich befand, zu begreifen.
    »In die Kolonie kann ich nicht zurückkehren, das steht mal fest. Aber mach dir keine Sorgen um
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