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Tuerkei - Ein Land jenseits der Klischees

Titel: Tuerkei - Ein Land jenseits der Klischees
Autoren: Juergen Gottschlich
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mündet. Dass sich trotzdem die meisten Ausländer in der Türkei sehr wohl fühlen, liegt daran, dass im alltäglichen Umgang davon wenig zu spüren ist. Wenn man nicht gerade bei der Ausländerpolizei seine Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung verlängern muss, ist man kaum von den nationalistischen Aufwallungen betroffen. Anders als ein Türke in Deutschland hat man keine Schwierigkeit, eine Wohnung zu mieten. Im Gegenteil, westliche Ausländer gelten als verlässliche Zahler und werden als Mieter oft sogar lieber gesehen als die eigenen Landsleute. Auch im Arbeitsleben ist man als Europäer eher im Vorteil. Deutsche in der Türkei arbeiten entweder bei deutschen Firmenniederlassungen oder als gut dotierte Freiberufler. Seit die Türkei verstärkt im globalen Wettbewerb mitspielt, kommen auch zunehmend Leute ins Land, die in irgendeiner Weise an der Vermittlung und Integration in die Weltwirtschaft beteiligt sind. Immer mehr türkische Firmen agieren im Ausland, die Kontakte werden enger und Leute mit entsprechenden Fachkenntnissen werden gebraucht. Deutsche haben da nach wie vor einen guten Ruf, und mit keinem anderen europäischen Land sind die Verbindungen enger als mit Deutschland.
    Das hat dazu geführt, dass die Anzahl der Deutschen, die in der Türkei leben, ständig größer wird. Sie unterteilen sich grundsätzlich in zwei Gruppen, die auch kaum etwas miteinander zu tun haben. Zum einen sind es deutsche Rentner, die ihren Lebensabend in der Türkei verbringen und sich am Mittelmeer, um Antalya und Alanya, angesiedelt haben. Es gibt keine genauen Zahlen, aber es dürften um die 20000 Senioren sein, die mittlerweile überwiegend an der türkischen Riviera leben. Die zweite Gruppe sind die Deutschen, die in der Türkei arbeiten. Sie leben – mit wenigen Ausnahmen – in Istanbul. Auch hier gibt es keine genauen Zahlen, aber der Inhaber der deutschen Buchhandlung, Thomas Mühlbauer, schätzt, dass zwischen 20000 bis 30000 Deutsche in Istanbul leben. Genügend Leute, um die klassischen Strukturen einer Parallelgesellschaft zu bilden. Vom Kindergarten über die Schule bis hin zu bevorzugten Läden und Kneipen ist alles vorhanden, um sich in einem weitgehend deutschen Kosmos zu bewegen. Denn auch für viele Deutsche in der Türkei ist, wie umgekehrt für Türken in Deutschland, die Sprache eine echte Herausforderung und deshalb die Kommunikation mit den Landsleuten eben einfacher.
    Seit die Türkei Anfang des neuen Jahrtausends ihre wirtschaftlichen Probleme erstmals seit langer Zeit wieder in den Griff bekommen hat und nun endlich stabile Wachstumsraten aufweist, ist das Land auch für eine Rückwanderung von Türken aus Deutschland attraktiv geworden. Immer häufiger tauchen Türken der dritten Generation, also die Enkel und Enkelinnen der ursprünglichen Einwanderer aus Berlin, Köln, Stuttgart oder Frankfurt, in Istanbul auf und suchen sich hier Jobs, an die sie in Deutschland nach wie vor schwer herankommen. Viele von ihnen wollen nicht endgültig zurück in die Türkei, sondern pendeln zwischen beiden Ländern. Sie arbeiten für deutsche Firmen, in den Medien oder im Kulturbereich. So hat eine Türkin, Tochter von Einwanderern, die sich in Deutschland hervorragend eingelebt hatte und nach ihrer Heirat mit einem Deutschen jetzt auf den schönen Namen Schulz hört, im Istanbuler Szenebezirk Cihangir ein Off-Theater gegründet, wo sie nun vorzugsweise deutsche Autoren in türkischer Adaption auf die Bühne bringt. Mann und Kind sind in Deutschland, sie pendelt. Solche Biografien werden immer häufiger und ihre Träger werden maßgeblich daran beteiligt sein, die Missverständnisse zwischen Deutschen und Türken zumindest kleiner werden zu lassen. In Bezug auf Istanbul ist die Trendwende fast schon geschafft. »Den Rummel auf der Istiklal Caddesi (das ist die wichtigste Flaniermeile der Stadt) hab’ ich mir nach allem, was ich in letzter Zeit über Istanbul gelesen habe, aber größer vorgestellt«, beschwerte sich jüngst ein Besucher aus Deutschland.
    Land und Leute
    Klima
    Im kalten Deutschland stellt man sich die Türkei für gewöhnlich als warmes Land im Süden vor. Das trifft auch zu, allerdings nur für einen schmalen Streifen entlang des Mittelmeeres, wo auch im Winter das Thermometer nicht unter zehn Grad fällt. Doch was für die sozialen und ethnischen Differenzen gilt, gilt in der Türkei auch für das Klima. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Klimazonen sind erheblich. Wer in Istanbul
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