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Tür ins Dunkel

Tür ins Dunkel

Titel: Tür ins Dunkel
Autoren: Dean R. Koontz
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erfuhr, wie Melanie ihre Zeit verbracht hatte. Dan Haldane ging währenddessen irgentwo im Haus anderen Pflichten nach. Als er in die Küche zurückkehrte, war Laura vor Entsetzen wie gelähmt.
    »Es stimmt tatsächlich«, sagte sie. »Sie haben hier mindestens fünfeinhalb Jahre gelebt, wie aus dem Tagebuch hervorgeht. Und soweit ich sehen kann, hat Melanie das Haus kein einziges Mal verlassen.«
    »Sie hat jede Nacht in der Deprivationskanimer geschlafen?«
    »Ja. Anfangs acht Stunden. Dann achteinhalb. Später neun. Am Ende des ersten Jahres verbrachte sie nachts zehn Stunden und zwei weitere Stunden am Nachmittag im Tank.«
    Sie schloß das Buch. Dylans korrekte Schrift versetzte sie plötzlich in heißen Zorn.
    »Und sonst?« fragte Haldane.
    »Morgens mußte sie als erstes eine Stunde meditieren.«
    »Meditieren? Ein so kleines Mädchen? Sie konnte doch bestimmt nicht einmal begreifen, was dieses Wort bedeutete.«
    »Meditieren heißt im Grunde genommen nichts anderes, als die Außenwelt zu vergessen, den Geist nach innen zu richten, Frieden durch innere Einsamkeit zu suchen. Ich glaube nicht, daß er Melanie Zen oder andere Meditetionsarten mit philosophischem oder religiösem Hinter
    grund lehrte. Vermutlich brachte er ihr einfach bei, ruhig dazusitzen und an nichts zu denken.« "»Selbsthypnose.«
    »So kann man es nennen.«
    »Aber wozu?«
    »Ich weiß es nicht.« Sie stand nervös auf. Sie hatte das dringende Bedürfnis, sich zu bewegen, um ihre Spannung abzureagieren. Aber die Küche war viel zu klein; sie durchquerte sie mit nur fünf Schritten. Und in den anderen Räumen konnte sie unmöglich herumlaufen - dort waren Blutlachen, dort arbeiteten die Männer der Spurensicherung. Sie lehnte sich an einen Küchenschrank, preßte ihre Hände mit aller Kraft gegen die Kante, so als könnte sie auf diese Weise ihre nervöse Energie ableiten. »Nach der Meditation«, berichtete sie, »verbrachte Melanie jeden Tag mehrere Stunden damit, Biofeedback-Techniken zu lernen.«
    »Wobei sie in dem elektrischen Stuhl saß?«
    »Höchstwahrscheinlich. Aber...«
    »Aber?«
    »Aber ich glaube, daß der Stuhl auch noch anderen Zwecken diente, daß er auch dazu benutzt wurde, um sie gegen Schmerz unempfindlich zu machen.«
    »Sagen Sie das noch einmal!«
    »Ich glaube, daß Dylan ihr mit Hilfe von Elektroschocks beibringen wollte, Schmerzen zu ertragen, sie zu ignorieren, so wie es die östlichen Mystiker vermögen, die Yogi beispielsweise.«
    »Wozu?«
    »Vielleicht, damit sie die immer länger werdenden Aufenthalte im Deprivationstank verkraften konnte.«
    »Ich hatte damit also recht?« .»Ja. Er dehnte diese Aufenthalte im Tank allmählich au», bis sie im dritten Jahr manchmal drei Tage hintereinander im Dunkeln schwamm. Im vierten Jahr waren es
    dann schon vier oder fünf Tage. Und kürzlich... letzte Woche... verbrachte sie sieben Tage im Tank.«
    »Katheterisiert?«
    »Ja. Und künstlich ernährt mit Hilfe einer Tropfinjektion. Ihr wurde Glukose zugeführt, damit sie nicht austrocknete und nicht zuviel Gewicht verlor.«
    »Mein Gott!«
    Laura war erneut den Tränen nahe. Ihr war übel. Ihre Augen brannten, ihr Gesicht glühte.
    Sie ging zur Spüle und wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser. Es half nicht viel.
    Haldane räusperte sich. »Sie sagten, er hätte Melanie an Schmerzen gewöhnen wollen, damit sie die langen Aufenthalte im Tank verkraften konnte.«
    »Möglicherweise. Ich bin nicht sicher.«
    »Aber was ist daran so schmerzhaft? Sie sagten doch vorhin, man spüre überhaupt nichts.«
    »Ein relativ kurzer Aufenthalt, wie er ja normalerweise üblich ist, hat nichts Schmerzhaftes an sich. Aber wenn man mehrere Tage im Tank verbringen muß, wird die Haut faltig werden und schließlich aufreißen. Es werden Wunden entstehen.«
    »Ich verstehe.«
    »Und außerdem ist da noch das Katheter. Sie waren vermutlich noch nie so schwer krank, daß Sie wegen Inkontinenz ein Katheter benötigten.«
    »Nein, Gott sei Dank!«
    »Nun, nach einigen Tagen entzündet sich die Harnblase, und das ist schmerzhaft.«
    »Das kann ich mir vorstellen.« Sie hätte jetzt liebend gern einen harten Drink gekippt. Normalerweise machte sie sich nicht viel aus Alkohol. Gelegentlich tranksie ein Glas Wein, in seltenen Fällen einen Martini. Doch jetzt hätte sie sich am liebsten betrunken. »Aber was bezweckte er mit all dem?« fragte Haldane.
    »Was versuchte er zu beweisen? Wozu tat er seiner Tochter das alles an?« Laura zuckte die
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