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Tu dir weh

Tu dir weh

Titel: Tu dir weh
Autoren: Ilaria Palomba
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Alkohol im Körper, hört siedas Handy in der Tasche vibrieren. Holt es heraus. Liest die Nachricht: »Wo bist du?«
    Stella hört auf zu tanzen, schluckt den Speichel hinunter, der den trockenen Geschmack der Angst hat.
    Warum meldet er sich noch bei mir?
    »Beim Wasser-in-den-Ohren.«
    »Ich auch.«
    Ich will dich nicht sehen. Ich will dich nicht sehen. Ich will dich nicht sehen.
    »Was hast du? Warum bist du stehen geblieben?«, sagt Tina.
    »Nichts, Tina, ich muss weg.«
    »Wohin?«, sagt Tina überrascht.
    »Nach Hause, ich muss los.«
    »Wie, jetzt, es ist schon spät, ich fahre dich, wenn du willst.«
    »Nein, ich gehe zu Fuß, sag nichts, ich will weg von hier.«
    »Warum?«
    Darum, geh mir nicht auf den Sack.
    Sie lässt ihre Freundin stehen und geht in entgegengesetzter Richtung der Bühne davon. Tina folgt ihr erst, dann verliert sie sie in der Menge. Stella rennt, presst die Augen zusammen, um das Weinen zurückzuhalten.
    Flieh, Stella, flieh.
    Das Handy vibriert, spielt People are strange .
    Geh nicht ran, Stella, geh nicht ran.
    Ihr Herzschlag steigt, sie spürt einen plötzlichen Stich im Unterleib, als würde sich ein heftiger Durchfall ankündigen.
    Geh nicht ran.
    »Ja?«
    »Bist du noch auf dem Konzert?«
    Sag ihm, dass du gegangen bist.
    »Ich bin gerade dabei wegzugehen.«
    »Aber du bist noch da?«
    Es reicht, beende das Gespräch mitten im Satz. In your face!
    »Bin beim Parco Perotti.«
    »Ich auch.«
    Nein, Stella, nein.
    »Wo genau?«
    »Neben dem Kiosk mit dem Bier, du?«
    Nein, er wird dich nicht haben.
    Stella legt auf, schaltet das Handy aus, schließt die Augen und wirft es weit weg wie einen Rugbyball. Sie hört, wie es auf dem Asphalt aufschlägt. Sie geht mit langen Schritten, wirft panische Blicke nach rechts und links. Sie geht zügig am Kiosk vorbei. Geht. Geht. Dann wird sie an der Schulter festgehalten.
    Gott, nein.
    »Stella.«
    Sie dreht sich um. Sieht ihn.
    Was will er noch von dir, dieser verdammte Dreckskerl?
    Marco stürzt auf sie zu und umarmt sie. Sie fühlt einen Krampf im Darm, sie bleibt steif in dieser Umarmung wie in einem Netz gefangen. Der Geruch von Marcos Schweiß kriecht ihr unter die Haut. Stella fängt an zu schwitzen. Herzrasen, Bauchschmerzen, Krämpfe.
    Sie atmet nicht.
    Was willst du von mir?
    Marco drückt sie stärker, es ist keine tröstliche Umarmung, es ist eine Schlinge. Beide wissen, dass sie aus der Sache nicht herauskommen.
    »Ich will, dass du die Wahrheit weißt«, flüstert er ihr ins Ohr, während er seine Arme um ihre drückt.
    Was für eine Wahrheit? Deine? Seine? Die seiner dreckigen Scheißfreunde?
    »Du bist ein wunderbarer Mensch.«
    Er drückt, drückt stark, so stark, dass sie versucht, sich zu widersetzen, aber ohne Erfolg. Er drückt mit ganzer Kraft, dass ihr Arme und Rippen schmerzen.
    Er will dich zerbrechen. Er will dich zertrümmern.
    »Ich glaube, dass du die ganzen Scheißgeschichten, die dir passiert sind, nicht verdient hast.«
    Er drückt weiter. Stella schluckt den sauren Geschmack ihres Speichels und gibt den Widerstand auf.
    Erzähl mir nicht diesen Bullshit, Marco, ich will es nicht hören, verdammt.
    Marco bringt seine rechte Wange an Stella linke. Bei der Berührung spürt sie eine merkwürdige Feuchtigkeit.
    Weint er?
    »Ich will nicht, dass du noch mal so leidest, nie mehr.«
    Du weißt doch, warum er das sagt, dieser verdammte Wichser, verstehst du nicht, was er vorhat?
    »Hör mal gut zu, Stella, ich lie...« Er stockt. »... bewundere dich.«
    Er liebt dich nicht, er bewundert dich nicht, er verachtet dich und fertig.
    Stella fängt wieder an zu zittern.
    »Nein, im Ernst, Stella, ich bewundere dich, du hast so viel Mut wie niemand sonst.«
    Der Mut, mich von Männern und Drogen auffressen zu lassen?
    »Ich beneide dich, weil du wirklich ein freier Mensch bist, freier als ich. Du hast mich übertroffen, Stella, in allem.«
    »Marco, du bist der Meister in diesem Spiel, wer soll ich deiner Meinung nach sein? Ich bin unsicher, das ist alles.«
    »Die Sicherheit ist nicht alles«, versucht er die Kontrolle wiederzuerlangen und lockert ein wenig den Druck. »Du bist mir überlegen, was die Substanz betrifft.«
    Worauf will er hinaus?
    Stella befreit sich, entfernt sich ein paar Schritte, schaut in Marcos glänzende Augen. Die Tränen auf seinem Gesicht.
    Du hast ihn immer mit diesen bösen, undurchdringlichen Augen gesehen, und jetzt sind es nur die eines einsamen Kindes.
    »Ich brauche dich, Stella.«
    Ja, um deine
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