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TTB 100: Der Traum der Maschine

TTB 100: Der Traum der Maschine

Titel: TTB 100: Der Traum der Maschine
Autoren: Hans Kneifel
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Sekundenbruchteil, eine Ewigkeit lang, verstrich.
    Jetzt erkannte Nicholas die Wahrheit. Alles!
    Der Kreis schloß sich jetzt und hier. Wie ein Film, der rasend schnell durch die Maschine gejagt wird, zogen einzelne Bilder an Nicholas vorbei. Vergeblich wartete sein Unterbewußtsein auf den schmetternden Aufprall.
    Dieselbe Sekunde auf anderen Welten:
    Anhetes erschlug die Säule, der Urmensch starb in den Krallen des Höhlenbären, und Nigoel Imar fiel unter dem zweiten Pfeil Piloks. Schuld hatte Paramech. Nur Nig Boyn starb wirklich; ihn zerschnitt die Illusionswand in zwei Teile. Und Nicholas wußte und fühlte es, daß die Gedanken von vier Männern – einem Mann in vier Gestalten – vier verschiedenen Welten – zu einer Einheit verschmolzen.
    Alles hatte ein Ende.
    Nicholas starb für diese Welt, ohne es zu fühlen. Sein Bewußtsein gesellte sich zu den anderen Impulsen. Zusammen mit den unsterblichen Seelen der anderen erhob sich Nicholas' bewußtes Ich und flog durch den Strom von Zeit und Dimensionen davon. Wohin? Niemand wußte es. Nicholas ahnte kurz, daß es dort, wo er sich wiederfinden würde, anders aussehen würde.
    Der Körper eines fünften Nicholas?
    Das Bewußtsein auf dieser Welt schwand dahin.
    Beatrice und der namenlose Passant sahen mit brutaler Deutlichkeit, wie der schwere Wagen in Nicholas hineinraste. Der Scheinwerfer zerbrach, die Scherben klirrten auf das Pflaster. Dann gab es, unmittelbar in das Geräusch brechenden Glases hinein, einen hohlen Schlag. Die Reifen schrien auf. Der Wagen rutschte seitwärts weg und blieb stehen.
    Der linke Kotflügel war nur noch zerbeultes Blech; die Stoßstange war eingedrückt. Jetzt erst schrie der Passant. Beatrice biß auf die Knöchel der Hand. Sie stürzte auf die Straße hinaus und blieb stehen, als sie den Fahrer herausspringen sah.
    »Was ist los?« fragte er entgeistert. »Ich habe nichts gesehen!«
    Plötzlich waren Leute da, mindestens fünfundzwanzig Personen. Sie bildeten einen dichten Ring um die Unfallstelle. Im Café telefonierte jemand nach der Polizei und einem Krankenwagen.
    »Wo ist Nicholas?« rief eine helle Stimme. Die Menschen wichen zur Seite und ließen Beatrice durch. Vor dem Wagen war nichts zu sehen. Beatrice lief um den Wagen herum und sah die Bremsspuren. Sonst nichts. Sie bückte sich und schaute unter das Auto. Nichts. Kein verkrümmter, blutender Körper. Nichts!
    Sie alle suchten zehn Minuten lang, bis die Polizei erschien. Man fand nichts. Weder Blutspuren, noch Kleiderfetzen – nichts. Auch die Annahme, der Überfahrene wäre unter der Wirkung des Schocks davongelaufen, war unrichtig. Drei Polizisten versuchten, Ordnung in die Aussagen zu bringen. Sie schafften es nicht. Nur der Passant und Beatrice behaupteten fest, was sie gesehen hatten. Die Spuren am Wagen bewiesen die Aussagen.
    Nicholas Magats Körper war und blieb verschwunden. Es war, als habe er sich in Luft aufgelöst.
     
    *
     
    Zwei Stunden nach dem Unglück fand Beatrice wieder zu sich selbst zurück. Sie war vom Schmerz und vom Schock regelrecht betäubt gewesen. Sie fand sich auf einer Bank in der Nähe des Quais sitzen und weinen. Bei der Suche nach einem Taschentuch fiel ihr die zusammengefaltete Quittung des Kunsthändlers in die Finger. Nicholas war verschwunden. Sie betete darum, daß er, angeschlagen vom Schock, durch Paris irrte und aufgegriffen werde. Anders durfte es nicht sein. Man hatte auf der Straße vor dem Café nichts gefunden.
    Beatrice sah die Quittung an. Das Licht der Straßenlampe fiel auf die kantigen Züge der Unterschrift. Nicholas Magat. Das geschwungene M, das auch bei den Bildern auffiel. Irgend etwas klirrte leise in der Handtasche; die Finger suchten und fanden den Schlüssel zu Nicholas' Wohnung. Schlüssel? Das Mädchen stutzte ...
    Am Schlüssel hatte ein schmales, altersgeschwärztes Lederbändchen gehangen, es mußte abgerissen sein. Jedenfalls war es nicht mehr daran. Beatrice stand auf und ging zu ihrem geparkten Fiat.
    Vielleicht war Nicholas in die Wohnung zurückgelaufen? Beatrice startete den Wagen und fuhr, so schnell sie konnte, in die Rue Claude Bernard. Dort wollte sie ein paar Stunden warten. Im stillen war sie überzeugt, Nicholas bereits dort vorzufinden. Kannte sie einen Arzt hier in der Nähe? Sie bremste und parkte rückwärts ein.
    Sie ging durch das kleine Tor, wartete lange auf den Lift und fuhr hinauf. Die Treppenbeleuchtung brannte. Beatrice blieb stehen. In ungläubigem Entsetzen öffnete sie
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