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Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Titel: Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)
Autoren: Stephanie Madea
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Tag 1
    »Wenn wir
     
     
     
    V iew wälzte sich auf die andere Seite, aber auch in der Position ließ sich der Albtraum nicht aus ihren Gedanken vertreiben. Er holte sie immer und immer wieder ein. Sie zog die Bettdecke bis zur Nase. Es war warm und gemütlich, bläute sie sich ein, hier war sie sicher.
    Vor Jahren hatte sie Piri von diesen wirren Träumen erzählt. Piri hörte ihr zu, stand ihr jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. Einen intelligenteren und treueren Freund konnte sie sich nicht wünschen, auch wenn er nur ein Computer war. Piri würde ihr jetzt sicher sagen, dass der kommende Tag gar nicht so schlimm werden würde. Sie kannte das Prozedere in- und auswendig und sie wusste, die Wissenschaftler ergriffen alle Vorsichtsmaßnahmen, damit wirklich niemand mehr durch ihren Blick zu Schaden kam.
    View drehte sich auf den Rücken, winkelte die Knie an und zog die weiche Bettdecke bis zu den Hüften von ihrem Oberkörper. Sie starrte an die weiße Decke, die nur matt von einem gelblichen Nachtlicht beleuchtet wurde, lauschte dem gedämpften Summen der Belüftungsanlage. » Piri, bist du wach?«
    »Selbstverständlich, View.«
    Sie gähnte, stopfte sich das Kissen unter den Hinterkopf und betrachtete das gegenüberstehende Bücherregal, das eine halbe Wandseite ihres geliebten Zimmers einnahm.
    »Das habe ich gesehen«, schnurrte Piri in einem liebevollen Ton.
    View lächelte. » Entschuldige, aber es ist mitten in der Nacht und ich bin allein. Mich sieht keiner.«
    »Und wenn es mal nicht mehr so ist?«, gab Piri zu bedenken.
    »Auch wieder wahr.« Ein weiteres Gähnen bemächtigte sich ihrer und dieses Mal nahm sie die Hand vor den Mund. Ob sie wirklich jemals geheilt werden konnte? Ob sie mal irgendwann mit jemandem zusammen sein durfte, ohne ständig in Angst leben zu müssen, anderen unbeabsichtigt zu schaden?
    »Ich sehe dir an, was du denkst, View. Sei nicht traurig. Sie werden dich ganz bestimmt hinbekommen. So, und jetzt schlaf noch etwas , damit du morgen ausgeruht bist und deine Augen nicht schon übermüdet sind, bevor du die Tests machst.«
    View schloss die Lider und kuschelte sich wieder ein. Piri hatte recht. Es brachte nichts, sich den Kopf über Dinge zu zerbrechen, die viel Schlauere als sie seit einigen Jahren zu lösen versuchten. Wenn nur der ständig wiederkehrende Albtraum nicht wäre. Jedes Mal sah sie sich, wie sie jemand Fremdem ins Gesicht blickte, direkt in die Augen, und dann … dann geschah nichts weiter. Ihr Traum verblasste. Nein, falsch. Er brach einfach ab. Sicher, weil sie auch jedes Mal den Untersuchungsraum nach dem nötigen Testblick verlassen musste. Zwar versuchte sie, im Halbschlaf den Traum weiterzuträumen, ihn zu einem guten Ende zu führen, aber das war ihr bisher nicht gelungen. Sie kam nicht von der Stelle. Es endete immer im Nichts, obwohl sie doch wusste, was passiert war. Eventuell würde ihr morgen …
    »View.«
    »Jaja, schon gut«, nuschelte sie, wirklich müde und doch so unendlich aufgewühlt, als würden Tausende Mücken ihre Haut attackieren. Verdrängte sie vielleicht etwas, das sie im Traum quälte?
    »Soll ich dich in den Schlaf singen?«
    Sie lächelte und drückte ihr Kissen fester an sich. »Ist das inzwischen nicht zu kindisch?«
    »Aber nein. Außerdem weißt du, dass du in null Komma nichts eingeschlafen bist, wenn ich einmal loslege.«
    Das stimmte. Piri war der beste Sänger, den es gab. View zuckte bei dem Gedanken wie unter einem Stromschlag zusammen, und ein leichter Schweißfilm bildete sich auf ihrer Oberlippe. Vehement verdrängte sie die überwältigend grausame Erinnerung an einen anderen Sänger, so, wie Piri es sie gelehrt hatte. Doch irgendetwas blieb immer zurück. Schuld. Tiefe Schuldgefühle. Traurigkeit und eine sie beherrschende Unsicherheit. Oft haderte sie im Geheimen mit ihrem Schicksal. Piri erklärte ihr immer wieder, dass sie nichts dafürkonnte, dass ihr heiß begehrter Lieblingssänger vor ungefähr vier Jahren in aller Öffentlichkeit wegen ihr erblindet war. Auch nach endlosen Diskussionen wollte sie sich nicht umstimmen oder überzeugen lassen. Piri sagte dies nur, um sie zu beruhigen. Dessen war sie sich bewusst. Aber um nicht länger mit ihrem einzigen Freund zu streiten, hatte sie den Entschluss gefasst, ihre Bedenken für sich zu behalten. Sie war sich einfach sicher, dass die alleinige Schuld für Mr. Nights Erblindung bei ihr lag. In Momenten wie diesen überrollten sie tiefe Einsamkeit und nagende
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