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TTB 100: Der Traum der Maschine

TTB 100: Der Traum der Maschine

Titel: TTB 100: Der Traum der Maschine
Autoren: Hans Kneifel
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und der grüne Schein des Wintermondes lag über der Szene. Rund um den Paß, der von einer Handbreit Schnee bedeckt war, lagen kleine Erhebungen über dem Gras. Nigoel stieg ab, drehte einen der Körper herum und starrte in ein Chongalengesicht, weiß und kalt. Er zählte neun Körper, die unter dem Schnee begraben lagen. Wilde Freude stieg in ihm hoch. Die Männer hatten also das Schiff erreicht.
    Er stieg wieder auf rund ritt die hundert Schritt bis zum Absturz. Dann sah er Schiff und Boot. Er stellte sich in den Steigbügeln auf und hob die Hand.
    »Piloook!« schrie er.
    Eine der beiden Gestalten, die neben dem Boot standen, sah auf. Undeutlich bemerkte es Nigoel. Ein Mann stand im Boot, der andere in der Nähe des Pferdes. Vorsichtig lenkte Nigoel das Pferd an den Absturz heran. Einer der Männer machte undeutliche Bewegungen. Was war das? Nigoel hob wieder den Arm.
    Totenstille.
    Dann zerriß ein Laut das Schweigen. Eine Bogensehne. Im gleichen Moment fühlte Nigoel ein heißes Brennen oberhalb des Gürtels, und als seine Hand niederzuckte, war Blut daran. Der Pfeil mit Piloks Befiederung hatte sich eine Handbreit durch das Kettenhemd gebohrt. Den Ritter erfüllte mehr Verwunderung als Schmerz, aber dann reagierte er blitzschnell. Den tobenden Schmerz vergessend, riß er sein Pferd herum. In die andere Gestalt kam Bewegung. Nigoel krümmte sich im Sattel zusammen und hob den Schild vom Sattelknauf.
    Mitten in dieser Bewegung griff die Lähmung nach Nigoel.
    Mit unsäglichen Mühen brachte er den Schildrand höher. Rote Schleier schoben sich zwischen seine Augen und die Szene am Strand. Mit langen Sätzen sprang die andere Gestalt aus dem Boot und schwang etwas Großes, Aufblitzendes. Wieder wallten die roten Nebel und machten das Bild verschwommen.
    Undeutlich vernahm der Ritter, wie die Bogensehne ein zweites Mal aufklang. Das Heranheulen des Pfeiles, dann ein anderer Schlag. Der Pfeil durchbohrte die Brust, und Nigoel fiel aus dem Sattel. Er schlug mit dem Gesicht in den Schnee.
    Mit brechenden Augen sah er, wie Pilok in unerschütterlicher Ruhe einen dritten Pfeil auf die Sehne legte. Plötzlich war das Bild ganz klar. »Hüte dich ... Drache!«
    »Nigoel – warte!« schrie Ances. Nigoel erkannte ihn, ehe seine Augen sich ganz verschleierten. Ances war jetzt neben Pilok, drehte sich um, blieb stehen und schlug zu. Die messerscharfe Schneide der Doppelaxt spaltete den Schädel des Drachenritters. Zur gleichen Sekunde starb auch Nigoel Imar, Lavon Hercals bester Mann.
    Als Ances keuchend die Stelle über dem Hang erreicht hatte, sah er nur noch das Pferd. Es wieherte schrill, wie wenn es Dinge aus einer anderen Welt erblickt hätte. Ances suchte lange, aber außer Spuren im Schnee fand er den Körper seines Freundes nicht mehr. Dann ging der Barde zurück zum Boot. Er hatte jetzt eine Botschaft für Jonna Beatrix, über die sie später weinen würde, so wie er jetzt.
     
    *
     
    Paris, Quai d' Orsay. Acht Uhr und neun Minuten.
    Nicholas ging drei Schritte auf die Straße hinaus und hielt kurz an; der abbiegende Wagen versperrte ihm die Sicht auf die andere Fahrbahn. Endlich fuhr der Citroën los, auf die Pont des Invalides. Nicholas ging weiter. Er hörte das Kreischen von Reifen. Der Fahrer eines schweren Wagens hatte einen Schnellstart durchgeführt. Nicholas sah den Wagen nicht, aber er hörte ihn kommen.
    Er mußte aus einer der zahlreichen Nebenstraßen herausbiegen. Magat ging schneller, um sich nicht selbst in Gefahr zu bringen, weil er auf der Fahrbahn blieb.
    Ein schwarzer Tourenwagen raste mit quietschenden Reifen aus der Rue Fabert heraus, bog auf den Quai ein und schoß vorwärts. Nicholas erfaßte die zwei gelben Lichter aus dem Augenwinkel. Er machte einen langen Schritt vorwärts. Die Lichter bewegten sich gerade auf ihn zu. Nicholas blieb stehen.
    Ein scharfer, schneidender Schmerz breitete sich in der Brustgegend aus. Nicholas rang nach Atem. Er fühlte, wie ihm die Luft wegblieb. Er war unfähig, auch nur ein einziges Glied zu rühren. Dreierlei Dinge bemerkte er:
    Genau vier Meter vor ihm sprang Beatrice auf. Sie ließ die Zeitung fallen und klammerte sich mit einer Hand an das Tischchen. Neben ihm kamen wie die Augen eines Ungeheuers die Scheinwerfer näher. Der Abstand zwischen ihnen und Nicholas unterschritt eben die Fünfmetergrenze. Ein Passant blieb vor dem Fenster stehen und erstarrte, während sich seine gespreizte Hand zum Mund bewegte. Dann waren die Lichter heran.
    Ein
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