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TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

Titel: TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt
Autoren: L. Sprague de Camp
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ziehen und in die Falle zu locken.
    Aber während Urias und der Blutige Johannes an den Ufern des Grathisflusses Stellungen bezogen, tauchte Thiudegiskel hinterUrias auf – auf seiten der Kaiserlichen. Obwohl er nur über fünftausend Lanzenwerfer verfügte, brach ihr unerwarteter Angriff doch die Moral der gotischen Streitmacht. In fünfzehn Minuten war das Grathistal voll von Tausenden von Goten – Lanzentruppen, berittene Bogenschützen, die nach allen Richtungen davonströmten. Tausende wurden von den Kürassieren und der großen Streitmacht von Gepiden und Lombarden niedergeritten, die der Blutige Johannes bei sich hatte. Weitere Tausende, ergaben sich. Der Rest flüchtete in die Berge, wo die Finsternis ihnen Schutz und Sicherheit bot.
    Urias konnte gerade noch seine Leibwache zusammenhalten und damit Thiudegiskels Deserteure angreifen. Es ging die Rede, daß Urias persönlich Thiudegiskel getötet hatte. Padway zweifelte daran. Fest stand jedenfalls, daß Thiudegiskel tot war, und daß Urias und seine Leute sich in einem letzten verzweifelten Angriff auf die kaiserliche Streitmacht gestürzt hatten und seitdem nicht mehr gesehen worden waren.
    Stundenlang saß Padway an seinem Schreibtisch und starrte auf den Berg von Telegrammen und eine große, höchst ungenaue Landkarte Italiens.
    „Kann ich irgend etwas tun, Herr?“ fragte Fritharik.
    Padway schüttelte den Kopf.
    Auch Junianus schüttelte den Kopf. „Ich fürchte, daß die Katastrophe den Geist unseres Martinus angegriffen hat.“
    Fritharik schnaubte wütend. „Das zeigt nur, daß du ihn nicht kennst. Er ist immer so, wenn er etwas Neues plant. Warte nur. Es wird ihm schon noch irgendein raffinierter Plan einfallen, um die Griechen zu besiegen.“
    Junianus steckte den Kopf durch die Tür.
    „Neue Nachrichten, Herr.“
    „Was denn?“
    „Der Blutige Johannes ist auf halbem Wege nach Salerno. Die Leute dort empfangen ihn mit offenen Armen. Belisarius berichtet dagegen, daß er eine große Streitmacht von Franken besiegt hat.“
    „Komm her, Junianus. Du bist doch ein Mann aus Lucanien, nicht wahr?“
    „Ja, Herr.“
    „Du warst Sklave, nicht wahr?“
    „Nun, Herr, es ist so.“ Der junge Mann machte plötzlich einen verängstigten Eindruck.
    „Keine Sorge; ich würde um nichts in der Welt zugeben, daß man dich wieder auf das Gut deines Herrn zurückschleppt.“
    „Nun – ja, Herr.“
    „Wenn in diesen Nachrichten von den ,Leuten’ die Rede ist, die die Kaiserlichen mit offenen Armen empfangen, dann bedeutet das doch die Grundbesitzer, oder?“
    „Ja, Herr. Den Sklaven ist es egal, wer sie beherrscht. Griechen, Italer oder Goten – was macht das für einen Unterschied?“
    „Wenn man den Sklaven die Höfe ihrer Herren als freien Besitz anbieten würde – ohne daß sie an Grundbesitzer abgabepflichtig sind –, meinst du, sie würden dafür kämpfen?“
    „Oh!“ machte Junianus. „Ich glaube schon. Ja. Es ist nur eine höchst ungewöhnliche Idee, wenn ich das sagen darf.“
    „Das habe ich mir gedacht“, erwiderte Padway. „Da sind ein paar Nachrichten, die du aussenden sollst. Es handelt sich erstens um ein Edikt, das ich im Namen von Urias erlasse und womit die Sklaven von Bruttium, Lucanien, Kalabrien, Apulien, Campania und Samnium freigelassen werden, und zweitens um einen Befehl an General Belisarius, der in der Provence einen Teil seiner Streitmacht zurücklassen und mit seiner Hauptstreitmacht sofort nach Süden zurückmarschieren soll.“

 
16.
     
    Man schrieb den Monat Mai des Jahres 537, als Padway Benevento mit seiner Armee betrat. Seine Streitmacht war zusehends gewachsen, da sich ihr die Reste der nach Norden verschlagenen Uriasarmee angeschlossen hatten.
    Anstatt geradewegs auf das Tyrrhenische Meer oder die Westküste bei Neapel zuzumarschieren, war Padway quer durch Italien zur Adria gezogen und dort in Teate auf die Küste gestoßen. Dann war er landeinwärts nach Lucera und Benevento marschiert. Er stimmte seinen Zeitplan so ab, daß er Benevento erreichte, nachdem Johannes Salerno auf der anderen Seite der Halbinsel eingenommen, einen Teil seiner Streitmacht in Neapel gelassen und mit dem Rest auf der Latiner-Straße den Marsch auf Rom begonnen hatte.
    Padway hoffte, in der Gegend von Capua Johannes in den Rücken fallen zu können, während Belisarius, wenn er seinen Befehl rechtzeitig erhielt, direkt von Rom kommend die Kaiserlichen von vorne angreifen würde.
    Irgendwo zwischen Padway und der Adria
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