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TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

Titel: TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt
Autoren: L. Sprague de Camp
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gelassen, und Padway sah ein, daß es am besten war, wenn auch er sich aus dem Staub machte.
    Er nahm seine ganze Würde zusammen:
    „Ihr kennt die Gesetze über das Duellieren.“
    Thiudegiskels Arroganz war nicht zu schlagen:
    „Natürlich kenne ich sie. Aber vergiß nicht, ich werde derjenige sein, der künftig die Gesetze schreibt. Ich warne dich, Martinus. So bin ich …“
    Aber Padway wartete nicht auf die nächste Erklärung, sondern verließ das Lokal.
    Am nächsten Tag kam Tomasus, der Syrier, zu ihm. „Wie geht es dir, Martinus?“ fragte er. „Ich bin eigens von Rom hierhergekommen, um nichts zu versäumen. Meine Familie habe ich auch mitgebracht.“
    Padway wußte, was das bedeutete. Tomasus’ Familie bestand nicht nur aus seiner Frau und seinen vier Kindern, sondern auch aus einem alten Onkel, einem Neffen, zwei Nichten und dem schwarzen Haussklaven Ajax und wiederum dessen Frau und Kindern.
     
    *
     
    Am Tage vor der Wahl zeigte Thiudegiskel sein politisches Geschick, indem er eine noch größere Feier als die Padways veranstaltete. Padway, der einige Rücksicht auf Urias’ bescheidenen Beutel nahm, hatte seine Gesellschaft auf die Wahlmänner beschränkt. Thiudegiskel, der über den ganzen Reichtum der toskanischen Besitztümer Thiudahads verfügte, brauchte solche Rücksichten nicht zu nehmen. Er lud alle Wahlmänner, ihre Familien und Freunde ein.
    Padway, Urias und Tomasus mit dessen Familie und einer ausreichenden Zahl von Soldaten trafen nach Beginn der Festlichkeiten auf dem Feld außerhalb von Florenz ein. Tausende von Goten aller Altersstufen drängten sich auf dem Feld.
    Ein Gote mit wallendem Bart, auf dem der Bierschaum stand, trat auf sie zu.
    „He, was wollt ihr Leute hier? Ihr seid nicht eingeladen.“
    „Ni ogs frijond“, sagte Padway.
    „Was? Du sagst mir, ich soll keine Angst haben?“ Der Gote plusterte sich auf.
    „Wir wollen ja gar nicht zu eurer Gesellschaft kommen, wir machen selbst ein kleines Gelage. Dagegen gibt es doch kein Gesetz, oder?“
    „Aber warum dann all die Waffen? Wollt ihr jemand entführen?“
    „Aber, aber“, beruhigte ihn Padway. „Du trägst doch auch ein Schwert, oder?“
    „Aber ich bin Beamter. Ich gehöre zu Wellimers Leuten.“
    „Und das sind unsere Soldaten. Keine Sorge. Wir bleiben auf der anderen Seite der Straße, wenn euch das beruhigt. Und jetzt geh’ wieder zu deinem Bier.“
    „Nun, mach jedenfalls keine Dummheiten. Wir passen auf.“ Der Gote entfernte sich.
    Die Rede, die Thiudegiskel hielt, verriet, daß der Mann über einiges politisches Geschick verfügte. Padway dachte, daß er selbst in einem amerikanischen Wahlkampf einige Chancen gehabt hätte. Seine Zuhörer brüllten manchmal vor Gelächter, wenn er versuchte, seinen Wahlgegner lächerlich zu machen.
    „… und habt ihr auch gewußt, Freunde, daß General Urias zwölf Jahre alt war, ehe seine arme Mutter ihn so weit hatte, daß er sein Bett nicht mehr naß machte? Das stimmt. So bin ich – ich übertreibe nie.“
    Urias war selten wütend, aber Padway sah jetzt, daß der junge General fast am Siedepunkt angelangt war. Er mußte sich schnell etwas einfallen lassen, sonst würde es wirklich zu einem Kampf kommen.
    Sein Blick fiel auf Ajax und dessen Familie. Das älteste Kind des Sklaven war ein schokoladefarbener, wuschelhaariger Junge von zehn Jahren.
    Padway fragte: „Weiß jemand, ob Thiudegiskel verheiratet ist?“
    „Ja“, antwortete Urias. „Der Schurke hat geheiratet, ehe er nach Kalabrien zog. Ein nettes Mädchen; eine Cousine von Wellimer.“
    „Sag mal, Ajax, spricht dein ältester Junge Gotisch?“
    „Nein, Herr, warum sollte er?“
    „Wie heißt er?“
    „Priam.“
    „Priam, möchtest du dir zwei Sesterzen verdienen? Ganz für dich allein?“
    Der Junge sprang auf und verbeugte sich. „Ja, Herr“, quiekte er.
    „Kannst du das Wort ,Atta’ sagen? Das ist gotisch und heißt Vater.“
    Priam nickte. „Atta. Wo sind meine Sesterzen, Herr?“
    „Nicht so schnell, Priam. Es geht erst an. Du mußt jetzt etwas üben, wie man ,Atta’ sagt.“ Padway stand auf und sah sich um. Dann rief er leise:
    „Hai, Dagalaif!“
    Der Offizier löste sich aus der Menge und kam herüber. „Martinus, seid gegrüßt! Was kann ich für Euch tun?“
    Padway flüsterte ihm seine Anweisungen zu. Dann sagte er zu Priam:
    „Siehst du den Mann im roten Mantel dort drüben? Du gehst jetzt hinüber zu ihm und kletterst auf die Tribüne und sagst ,atta’ zu ihm. Ganz
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