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TS 86: Geist ohne Fesseln

TS 86: Geist ohne Fesseln

Titel: TS 86: Geist ohne Fesseln
Autoren: Hans Kneifel
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debattierten miteinander.
    Durch die riesigen Fenster des Kuppelbaus glitten schräg die Strahlen der Sonne Gortyn. Man konnte förmlich die Verzweiflung spüren, die in den Herzen der Männer herrschte. Sie waren vor vierzehn Jahren ausgezogen, um ein fremdes Reich zur erobern – jetzt saßen sie auf den Trümmern ihrer Zivilisation, und immer neue Schreckensmeldungen wurden von Kurierbooten oder von Frachterbesatzungen übermittelt. Außerdem herrschte auf Quaysa Center eine Hungersnot, die beinahe katastrophale Ausmaße aufwies.
    Die Männer waren meistens nicht mehr jung.
    Ihre Uniformen waren neu und teilweise reich mit Orden geschmückt, aber es war der einzige Glanz, der hier herrschte. Die Gesichter, in denen der stille Kummer hockte, hatten ihre Farbe verloren und auch einiges Fett, denn der Hunger beschränkte sich nicht auf die unteren Bevölkerungskreise.
    „Was ist das für ein Gegner?“ fragte einer der Männer. „Er ist nicht sichtbar, schlägt zu, als besäße er alle Macht der Galaxis, verschont aber die Bevölkerung. Hat jemand gesehen, wer uns hier angreift? Schiffe sind es jedenfalls nicht!“
    „Nein – Schiffe nicht. Es ist, als ob sich ein Geist seiner körperlichen Fesseln befreit hätte und nun die Ordnung der Materie auf den Kopf stellt.“
    Das war die Antwort des Ältesten.
    Weiter unten, in einer der ersten Reihen, saß ein etwas jüngerer Mann. Die Abzeichen seiner Uniformjacke und die farbigen Felder auf seinem Gürtel wiesen ihn als einen der erfolgreichsten Schiffskommandanten aus; sein Gesicht war noch frisch, aber bereits von den Kerben großer persönlicher Erfahrungen gekennzeichnet. Er hob eine Hand.
    „Ruhe, Sphakya will etwas sagen!“
    Sphakya stand auf und ging zu der Rednertribüne. Er stieg schnell die wenigen Stufen hinauf und begann dann zu sprechen. Trotz der Erregung, die sich in seinen glühenden, roten Augen zeigte, sprach er betont ruhig und ohne Pathos.
    „Ich habe einen Vorschlag, der wahrscheinlich sofort im Feuer der Zwischen- und Gegenrufe untergehen wird. Aber ich bitte trotzdem, mich anzuhören!“
    Einige Rufe der Zustimmung wurden laut, dann sprach Sphakya langsam:
    „Ich meine, es ist an der Zeit, daß wir uns restlos geschlagen geben sollten. Ich habe vorgeschlagen, ein Schiff als Parlamentärschiff zu kennzeichnen und einige Räte in das Lager unseres Gegners zu schicken. Wenn sich die Berichte der Kuriere als wahr herausstellen, kann eine Kapitulation nichts mehr verschlimmern, sondern nur noch verbessern. Verhandeln wir, ehe auch noch die letzten Planeten für Jahrhunderte zu Wüsten werden.“
    „Unsere Pioniere und die Bevölkerung werden aus jeder Wüste innerhalb einer Generation wieder Ackerland oder Fabriken machen“, rief ein hoher Militärbeamter.
    „Paß auf, Verwaltungsbeamter. Ich war Kapitän eines Schiffes. Mein Schiff war unter denen, die eines der Sperrforts berannten, vor zehn Tagen. Ich sah, was dieser Gegner schuf.
    Er verpflanzte zuerst die Besatzung meines Schwesterschiffes auf den Planeten Scolquay, von dem wir kamen. Dann erlosch auch in meinem Schiff die Energie – sie strömte nach draußen. Innerhalb von einer Sekunde war jedes funktionierende Gerät des Schlachtschiffes nur noch ein formloser Metallbrocken.
    Weißt du, was das bedeutet?“
    „Sicher, einen Energieverlust!“
    Sphakya schnitt eine wütende Grimasse.
    „Du bist ein Stümper, der keinerlei Ahnung hat. Kennst du eine Form von Energie, die frei auftritt und dennoch nicht gesättigt ist, die sich in der Lage befindet, jede andere Energie geradezu magnetisch an sich zu reißen, trotz armdicker Isolierungen und Schutzfelder? Kannst du mir einen einzigen Wissenschaftler nennen, der mir dieses Problem erklärt?“
    Der andere Rat schien nachzudenken, dann schwieg er endgültig.
    „Und ich sage euch: diese Macht hat mit den beiden Systemen, die wir überfielen, nichts zu tun. Sie benützt das Zeichen, das sie auf jedem Werk ihrer Zerstörung hinterläßt nur, um zu zeigen, mit welcher Machtgruppe sie sympathisiert. Sie ist restlos unbegreiflich, weil wir kein Gehirn haben, das diese Vorgänge zu erklären vermag.“
    „Es muß eine Erklärung geben, die selbst du nicht kennst, Sphakya – deswegen kannst du es dir nicht erklären. Das ist es!“ sagte der Älteste. Sphakya breitete in einer verzweifelten Geste seine Arme aus.
    Der junge Kapitän sah den Ältesten an und schrie in den Saal:
    „Ihr seid alt, und euer Verstand hat gelitten. Das ist es, ihr
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