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TS 86: Geist ohne Fesseln

TS 86: Geist ohne Fesseln

Titel: TS 86: Geist ohne Fesseln
Autoren: Hans Kneifel
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beiden Handgriffe einer schweren Maschinenwaffe gepackt, als er den Kopf über die Deckung eines vor neunzehn Monaten aufgeworfenen Grabens steckte und die Landschaft tief unter sich betrachtete. Hintereinander kamen die acht Quaysa auf ihn zu. Noch hundertfünfzig Meter trennten Carel von den Feinden.
    Carel McKinney ging nicht das geringste Risiko ein. Er blieb in seiner Deckung, bis die acht Mann so weit heran waren, daß er sie nicht verfehlen konnte. Er wartete genauso lange, bis der erste der langen, auseinandergezogenen Reihe die Steinstufen sah, die herunterführten zu dem verdeckten Eingang von Lucky Hill. Dann erhob sich Carel, richtete seine Waffe auf die Gegner und betätigte den Abzug.
    Achtmal flammten sechzig Meter unterhalb des Majors die heißen Energiekugeln auf und warfen die Quaysa um. Die verkrümmten Gestalten der Feinde lagen auf dem Kies und dem Sand der weiten Fläche vor dem Hügel, als Carel langsam, mit schußbereiter Waffe, seinen Standort verließ. Er ging an dem ersten Quaysa vorbei und ließ sich auf die Fersen nieder, um nachzuprüfen, ob der Gegner noch lebte. Die furchtbare Waffe des Alten hatte gut getroffen.
    So auch der zweite und der dritte Quaysa. Der letzte der Reihe aber lebte. Das sah Carel noch nicht, als er den dritten untersuchte. Er richtete sich langsam auf und sah auf die ausgestreckten Arme des vierten Toten. Langsam bewegte sich der letzte Gegner, ein schmaler Mann in der dunkelgrauen Uniform der Quaysaschiffsbesatzungen, und bewegte seine Handwaffe um einige Zentimeter. Langsam, unendlich langsam hob sich der Lauf, verschoben sich die beiden Zielkreuze, dann verkrampfte sich ein Finger um den Abzug. Eine bleistiftdünne, hohl pfeifende Flamme durchschnitt die Luft und traf den Major, der sich gerade aufrichtete. Carel zuckte zusammen, warf sich herum und erstarrte. Der Strahl pfiff an ihm vorbei ins Leere.
    Ein Stöhnen kam aus der Kehle des alten Mannes. Er war zu Tode getroffen. Die rechte Seite seines Körpers war fast gelähmt durch den rasenden Schmerz.
    Carel suchte den Schützen, sah eine Bewegung und drückte den Abzug hinein. Eine Kette von Feuerkugeln verließ den Lauf und hüllte den letzten Quaysa ein. Der Kampf war entschieden. Mit einigen steifen Schritten ging Carel McKinney wie eine Marionette vorwärts und vergewisserte sich, daß auf diesem Felde außer ihm kein Lebender mehr vorhanden war. Dann betrat er das Schiff und schleppte sich mit den letzten Reserven durch die Korridore und die einzelnen Räume, um restlos sicher zu sein, daß von hier keine Gefahr mehr drohte.
    Vierzig Minuten später …
    Die Gestalt, die aus dem offenen Schott kletterte, ließ die Waffe fallen. Sie schien zu schwer zu sein. Carel McKinney bot das Bild eines Sterbenden, der sich mit allerletzter Kraft noch auf den Beinen hielt. Als der Ire durch die Öffnung gekrochen war, überkam ihn erneut eine Schwäche. Zitternd hielt sich Carel an dem Stahl des Rumpfes fest. Seine blinzelnden Augen erfaßten noch einmal die Ruhe und den Frieden der Landschaft, den grünen Hügel vor dem dunklen Waldrand und dem stäubenden Nebel des Wasserfalles, die untergehende Sonne und die rotgeäderten Wolken, die mit der Dämmerung zugleich langsam vergingen.
    Es schien, als wäre die Sonne das Symbol des Lebens für den alten irischen Major, der in dem knietiefen Gras auf der Seite lag und sich langsam aufstützte, um noch einmal alles zu sehen, wofür er die letzten Jahre gelebt hatte. Je mehr die Helligkeit abnahm, desto mehr verließ die Lebenskraft den Alten.
    Dann breitete sich ein schwaches Lächeln auf den Zügen aus. Carel kippte zur Seite und blieb bewegungslos liegen.
     
    *
     
    In Schweiß gebadet, wachte So Pak Lau auf. Er fühlte einen Druck auf der Brust, als ob sich eine Werkzeugpresse auf ihn niedersenkte. Mühsam rollte er sich aus dem Bett, schlüpfte in die Stiefel und sah auf die Uhr.
    Acht Uhr abends – Ortszeit.
    Ein Summer störte die Stille der Häuser unter dem Hügel. So Pak taumelte auf die Füße, steckte seinen Kopf unter das eiskalte Wasser des Waschbeckens und rieb sich flüchtig trocken. Was war los?
    Ein Impuls aus lichtjahrweiten Fernen erreichte ihn.
    „Hier Arno Markus, So Pak … was ist los? Warum antwortet niemand auf Lucky Hill?“
    Der Asiat handelte mit der Zuverlässigkeit langer Übung und ohne nachzudenken.
    „Störung“, dachte er zurück, „irgend etwas ist hier los. Carel ist nicht erreichbar – kommt bitte zurück, aber nur eine
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