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TS 50: Die Roboter und wir

TS 50: Die Roboter und wir

Titel: TS 50: Die Roboter und wir
Autoren: Martin (Hrsg.) Greenberg
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verlangsamte seine Schritte und vermied trockenes Gestrüpp. Um ihn sangen die Vögel, als wäre nichts geschehen. Der Ruf ertönte diesmal sehr nahe.
    Nach einer längeren Pause endlich war er direkt über ihm. Er beugte sich tief herab, als er sich dem Fuß der mächtigen Eiche näherte. Unsicherheit kämpfte mit nackter Furcht.
    „Adam, wo bist du?“ klang es durch die dichten Zweige zu ihm herab. Vorsichtig sah SA-10 nach oben, ohne Gott erblicken zu können. Nur ein kleiner Vogel saß im Gipfel der Eiche, und er war es, der die Worte immer wieder von neuem sprach.
    Ein Spottvogel, der gern die Stimmen anderer Vögel imitiert, hatte ihn zum Narren gehalten. Und er hatte geglaubt, Gott habe ihn gerufen. Wütend sprang er auf die Füße und klopfte gegen den morschen Stamm. Erschrocken flatterte der Vogel von dannen, ließ sich zehn oder zwanzig Meter weiter auf einem anderen Baum nieder. „Gott?“ fragte er zaghaft und mit leisem Vorwurf. Dann begann er unbeschwert zu zwitschern.
    Der Robot lehnte sich mit dem Rücken gegen den Baum. Er wußte so wenig von Gott. War es nicht möglich, daß Gott durch den kleinen Vogel zu ihm gesprochen hatte? Der Baum wenigstens sah jenem nicht unähnlich, unter dem Adam geschlafen hatte, bevor Gott Eva für ihn schuf.
    Ja, das war es! Zuerst der Schlaf, dann erst kam Gott!
    Er sank zu Boden und versuchte, seine Gedanken abzuschalten. Allmählich nur verstummten die Geräusche um ihn herum, bis alles in tiefem Schweigen versank.
    Wie lange er geschlafen hatte, wußte er nicht. Grollender Donner weckte ihn, und peitschender Regen klatschte auf seinen nackten Körper. Mit einem schnellen Blick überzeugte er sich davon, daß die erwartete Narbe unter der Brust fehlte.
    Ganz in der Nähe brannte ein Baum; ab und zu fiel ein sprühender Regen glühender Funken auf ihn herab. Das kam in dem Film aber nicht vor. Er sprang auf, wischte den Regen von seinem Gesicht und stolperte in Richtung des Höhleneinganges davon. Dicht neben ihm schlug erneut der Blitz ein, und der Sturm beugte die Baumwipfel fast bis zum Boden. Einmal fiel er über einen Felsbrocken und stürzte mit metallischem Krachen auf berstende Steine. Aber unbeschädigt erhob er sich und setzte seinen Weg fort, bis er endlich seine Höhle erreichte.
    Die Infrarotlampe trocknete ihn. dann stellte er sich in den Eingang und beobachtete das Unwetter aus zusammengekniffenen Augen. Konnte dieser Aufruhr der Elemente in einem Paradies stattfinden, wo Gott ihn erwartete?
    Satan mußte es gewesen sein, der ihn hierher gelockt hatte, vielleicht war auch er es gewesen, der seine Erinnerung raubte. Es wäre falsch. hier zu warten. Morgen würde er am nahen Strom entlangwandern. bis er Gott fand.
    Innerlich ganz ruhig kehrte er schließlich, als es ganz dunkel geworden war, in seine Höhle zurück. Draußen tobte der Sturm weiter, als das Gewitter sich längst verzogen hatte.
     
    Sechshundert endlose Jahre waren in die Ewigkeit gezogen, und selbst der Betonboden zeigte deutliche Spuren des Gehens und des Wartens. Die Zeit hatte alle Hoffnungen vernichtet und alle Pläne sinnlos werden lassen. Was blieb, war nur die dumpfe Verzweiflung, zu alt, um sich in Wut oder gar Irrsinn zu verwandeln.
    Der weibliche Robot stand bewegungslos.
    Sie betrachtete mit ausdruckslosen Blicken die Regale mit den Filmrollen und den unzerstörten Büchern, aber sie gaben ihr keinen Hinweis, wie sie die Höhle zu verlassen hatte. Irgendwo lag eine Pickhacke, deren Bedeutung ihr nicht klargeworden war.
    Sie begann, in dem weiten Raum umherzuwandern. Hier oder da ergriff sie ein Stück Holz und hämmerte damit sinnlos auf die Betonwände ein. Aber die zerfetzten Splitter und der sich senkende Staub gaben den Weg auch nicht frei. Wie lange schon mußte der Mensch von der Oberfläche der Erde verschwunden sein? Und er hatte keine Hoffnung für sie zurückgelassen.
    Einst hatte auch sie geplant und beabsichtigt, mit Hilfe ihrer unerschöpflichen Kenntnisse der Psychologie das Erbe der erloschenen Menschheit zu übernehmen, aber das war schon zu lange her. Der metallene Tisch war mit Büchern bedeckt.
    Müde streckte sie die Hand aus …
     … und wurde zu einer Statue aus kaltem, leblosem Metall. Ganz schwach drangen durch die dicken Mauern kaum wahrnehmbare Funkzeichen, die von ihrem eingebauten Gerät aufgefangen und hörbar gemacht wurden.
    Mit aller Energie gab sie Antwort, aber sie erhielt keine Bestätigung. Zwar kamen die Signale weiter und wurden sogar
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