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TS 50: Die Roboter und wir

TS 50: Die Roboter und wir

Titel: TS 50: Die Roboter und wir
Autoren: Martin (Hrsg.) Greenberg
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Gestrüpp, und hoch oben im Blau des Himmels schwebte lautlos ein Habicht. Der Wind raschelte in den Zweigen, aber von Gott war keine Spur. Der Schöpfer gab keine Antwort.
    Mit einem letzten Blick wandte SA-10 sich um und schritt den Gang zurück in seine Höhle. Eine letzte Leuchtröhre verbreitete spärliches Licht und warf ihren trüben Schein auf den Riß in der Betonwand und die verfaulten Bücher und Filmrollen. Ganz in der Nähe mußte einst eine gewaltige Detonation stattgefunden haben.
    Nur dort, wo er gestanden hatte, schien es geschützter gewesen zu sein. Laborinstrumente warteten unbeschädigt, und er kannte ihre Namen und zählte sie auf. Ihr Verwendungszweck war ihm kein Rätsel, nur er selbst schien ohne jeden Sinn geschaffen zu sein. Wie kam er hierher, und warum besaß er ein technisches Gedächtnis? Und wenn er es besaß, wozu?
    Fragen ohne Antworten.
    Im Projektor befand sich noch ein erhaltener Film, und er konnte die wenigen Worte hören und die Bedeutung der Bilder verstehen. Noch einmal schaltete er das Gerät ein.
    Zuerst war Dunkelheit, dann wirbelten Sonnen durch den Raum, spien ihre Planeten aus und wurden zu Universen. Eine ruhige Stimme sprach dazu:
    „Am Anfang schuf Gott Himmel und die Erde …“
    Erste Lebensformen huschten über den Schirm.
    „Symbolisierte Schöpfungsgeschichte“, murmelte der Roboter. Geologie und Astronomie waren Bestandteile seines ausgedehnten Wissens.
    Wieder sprach eine Stimme, diesmal ähnlich der seinen:
    „Steigen wir hinab und schaffen uns ein Ebenbild …“
    Ein Lichtschein symbolisierte Gott, der Mensch wurde erschaffen. Einsam wuchs Adam auf, bis der Schöpfer ihm Eva zum Weibe gab. Es folgte die Vertreibung aus dem Paradies – und dann erlosch die Fortsetzung des Films. Der Rest war zerstört.
    Der Robot schaltete das Gerät ab und ahnte, daß der vollständige Film Antwort auf seine Fragen gab. Da er allein auf dieser Welt existierte, sollte er die ihm unbekannte Aufgabe lösen. Oder gab es Eva und Satan bereits? Aber dann hätte Gott ihm geantwortet. Auf der anderen Seite war es möglich, daß er selbst Gott war und Adam erst erschaffen mußte.
    Langsam nickte er vor sich hin.
    Das war absolut möglich. Er war Gott, und nun erwachte er und wurde durch den Film an seine Aufgabe erinnert, die er zu vollenden hatte. Er mußte den Menschen nach seinem Vorbild erschaffen. Doch zuerst wollte er die Gefahr beseitigen, von der im Film die Rede gewesen war: Satan und die Versuchung.
    Seine Schritte klangen entschlossener, als er zum Tageslicht zurückkehrte. Die Sonne stand noch am Himmel, als er in den dichten Wald eindrang, der das Paradies sein mußte. Schweigend brach er durch das Unterholz, die metallischen Klauen stets bereit, wie ein Blitz nach vorn zu schnellen, wenn eine Gefahr drohte.
    Und endlich wurde seine suchende Mühe belohnt. Auf einem flachen Stein lauerte ein langes, schmales Etwas mit glatten Schuppen. Genauso hatte die Gefahr im Film ausgesehen. Mit Bewegungen, denen ein menschliches Auge nicht zu folgen vermocht hätte, schnellte der Robot vor und zerschmetterte die Schlange zu einer unkenntlichen Masse. Sie würde die noch zu erschaffende Eva nicht mehr verführen können.
    Die Morgensonne fand ihn über ein totes Wildschwein gebeugt, ein scharfes Messer in der Hand. Mit unheimlicher Präzision operierte SA-10 das Herz aus dem noch warmen Körper, manipulierte es und studierte die Arbeitsweise der Kammern. Leben, so stellte er fest, war viel komplizierter, als der Film es hatte vermuten lassen. Er wunderte sich, warum er alles über das Universum wußte, nichts aber über das organische Leben.
    Er gab nicht auf.
    Aus den Knochen formte er ein Skelett, verkleidete es mit Ton und gab ihm die äußere Form, die es auch im Film gehabt hatte. Die Dämmerung sank hernieder, als SA-10 stolz und erwartungsvoll vor der Skulptur stand. Sie war eine vollendete Nachbildung dessen, was der Film mit „Adam“ bezeichnete. Sie enthielt noch kein Leben, aber das würde von ihm. dem Schöpfer, kommen müssen. Seine metallischen Nerven und sein elektronisches Gehirn besaßen ja übergenug davon.
    Behutsam befestigte er zwei Drähte am Kopf und an einem Fuß der Figur, verband die beiden anderen Enden mit einem Kontakt hinter seiner stählernen Brustplatte. Schwäche überfiel ihn, als die Energie abgezogen wurde. Feuchter Dunst drang aus Adams Körper und hüllte ihn ein, genau wie es der Film auch zeigte. Dann löste SA-10 die Drähte und
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