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TS 43: Der Zauberer von Linn

TS 43: Der Zauberer von Linn

Titel: TS 43: Der Zauberer von Linn
Autoren: A. E. van Vogt
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größerer Entfernung in sich aufzunehmen.
    Die Witwe Lilidel kniete neben der Couch, einen Arm um den Körper des Toten gelegt. In ihren Augen war mehr Angst als Trauer, und Clane bemerkte, daß sie keine Tränen vergossen hatte.
    Er kannte sie aus unzähligen Berichten und war mehr als einmal geneigt gewesen, Jerrin vor ihr zu warnen. Unwillkürlich dachte er an ihren ältesten Sohn.
    Bestimmt befand sich Calaj mit Freunden in Golomb, einer nahen Stadt. Dorthin hatte man die wertvollsten Persönlichkeiten des Reiches in Sicherheit gebracht. Es konnte sehr gut sein, daß die Nachricht vom Tode Jerrins schnell die Runde machte und die Patrone den unreifen Calaj zum neuen Lordführer ernannten.
    Eine unangenehme Situation. Gerüchte würden sehr bald verbreitet werden, daß man den Lordführer ermordet habe. Einige würden besagen, Lilidel sei die Schuldige, andere würden Clane dazu stempeln. Auch hatte man gemunkelt, daß Jerrin nicht die Absicht gehabt habe, den unfähigen Calaj zu seinem Nachfolger zu ernennen. Alles gemeinsam konnte zu einem Bürgerkrieg führen.
    Jerrins Sekretär, General Marak, berührte sanft Clanes Arm.
    „Mein Lord“, flüsterte er. „Ich habe hier die Abschriften sehr wichtiger Dokumente. Der Lordführer diktierte sie mir kurz vor seinem Tode. Ich möchte schwören, daß die Originale verschwunden sind.“
    Eine Minute danach las Clane das Testament seines Bruders. Mit zusammengekniffenen Lippen studierte er dann aufmerksam den Brief, der an ihn gerichtet war. Er schloß mit dem wichtigen Satz: „Meine Frau und meine Kinder gebe ich in Deine Obhut, Bruder.“
    Clane wandte sich langsam um und sah Lilidel an. In ihren Augen blitzte der Haß auf, aber dann senkte sie den Blick und tat ganz so, als sei er nicht mehr vorhanden.
    Vielleicht sollte er sich schon jetzt entscheiden, aber er zögerte. Stumm betrachteten ihn die Offiziere, alle treue Freunde des Verstorbenen. In Clanes Gehirn begann sich ein Bild zu formen, aber es hatte nichts mit den kleinlichen Problemen der Erde oder des Sonnensystems zu tun. Es war größer. Er sah eine mächtige Flotte der Riss durch die Tiefen des Alls eilen; sie kam, das Expeditionsschiff zu rächen. Sie wollten alles menschliche Leben auslöschen.
    Wie lächerlich schien dagegen der Machtkampf um das winzige und dekadente Reich der Linn …
    Mit zitternden Fingern schob er die beiden Dokumente in die Tasche. Ich werde mich bemühen müssen, auch die Originale zu erhalten, dachte er, während er auf den toten Bruder herabschaute. Seine Lippen murmelten die Worte:
    „Armer Bruder, ich schäme mich, denn ich weiß mehr, als du jemals gewußt haben konntest.“
    Nichts konnte ihn jetzt daran hindern, die Macht an sich zu reißen, wenn er das wollte. Ohne überheblich zu sein, erkannte er, daß nur sein starker Arm das Reich retten konnte. Er war nicht weich und labil wie die anderen, sein Wille war stark. Er besaß die idealen Führereigenschaften.
    Warum also zögerte er noch?
    Und da wurde ihm klar, daß es noch Größeres gab als den Posten des Lordführers. Er besaß eine Verantwortung der ganzen menschlichen Rasse gegenüber. Nur er allein wußte, welche furchtbare Gefahr sich aus den Tiefen des Raumes der Erde näherte. Er würde seine Kräfte verzetteln, wollte er das Amt des Lordführers übernehmen, wie Jerrin es gewollt hatte.
    Fast ärgerlich über seinen Entschluß wandte er sich an General Marak und flüsterte diesem zu:
    „Kommen Sie mit mir, General. Niemand ist seines Lebens sicher, der von diesen Schreiben weiß.“ Er klopfte vielsagend auf die Tasche.
    Wenige Stunden später landete er bei seinem Wohnsitz. Der Anführer seiner Leibwache eilte herbei und meldete:
    „Exzellenz, die Kugel wurde samt ihrem Behälter gestohlen.“
    Clane stand wie ein Fels. Die Kugel gestohlen! Wie ein schweres Gewicht senkte sich die Erkenntnis auf ihn nieder. In wenigen Minuten hatte er die ganze Geschichte.
    Die Wächter der Kugel waren von einer Übermacht in einen Hinterhalt gelockt worden. Man fand sie auf dem Grunde einer tiefen Schlucht, alle tot. Der Kasten mit der Kugel aber war verschwunden.
    Clane suchte bereits den Schuldigen, und mit messerscharfer Logik fand er ihn.
    „Czinczar!“ sagte er kalt und drohend.

 
6. Kapitel
     
    Als Czinczar sich den Streitkräften Clanes ergab, tat er es nicht ohne Überlegung. Man würde ihn auf keinen Fall sofort töten, sondern im schlimmsten Fall für eine öffentliche Hinrichtung aufsparen. Seine
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