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TS 25: Die Reise des schlafenden Gottes

TS 25: Die Reise des schlafenden Gottes

Titel: TS 25: Die Reise des schlafenden Gottes
Autoren: Jesco von Puttkamer
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Spezial-Nährflüssigkeit. Mit seinem auf der Erde zurückgebliebenen Zwillingsbruder zusammen stellt er die einzige Mutation seiner Art dar, die jemals auf der Erde geboren wurde. Es kann füglich angenommen werden, daß sich der unglaubliche Zufall seiner Entstehung niemals wieder auf der Erde wiederholen wird.“
    Er zuckte die Achseln. „Zweifellos ist Ihnen die Geschichte dieses Zwillingspaares bekannt. Es ist nun schon mehr als 200 Jahre her, daß sich zwei sechsjährige Knaben bei der damaligen Erdregierung meldeten und unbedingt den Präsidenten zu sprechen wünschten. Sie erklärten den zuständigen Behörden, daß sie zwei Mutanten wären, entstanden durch Gen-Änderung, die in ihren Eltern durch eine undicht gewordene Abschirmung eines durch Atomkraft angetriebenen Raumschiffs hervorgerufen worden war. Angesichts ihrer überragenden Fähigkeiten hielten sie es für ihre Pflicht, sich der Menschheit, zur Verfügung zu stellen. Nun …“ Er zuckte wieder die Achseln.
    „Seit jener Zeit werden sie von der Menschheit als kostbares Gut gehütet. Als sie erwachsen waren und es den Wissenschaftlern klar wurde, daß ihre geistigen Fähigkeiten noch ungemein viel größer waren, als ursprünglich angenommen, entschloß man sich zu einem wohl einmaligen Unternehmen. Die Mutanten alterten wie jeder gewöhnliche Mensch, und viele Leute mit Weitblick mahnten schon frühzeitig, daß etwas dagegen unternommen werden müßte, wollte man die Mutanten nicht eines Tages wieder verlieren. So konstruierte man mit ihrem Einverständnis zwei Spezialtanks, und seit jener Zeit liegen sie nun in ihnen im Kälteschlaf, der den Alterungsprozeß organischer Substanzen stoppt. Werden ihre besonderen Fähigkeiten benötigt, so kann man über einen speziellen Mechanismus mit ihrem Bewußtsein in Verbindung treten, ohne daß die Unterkühlung aufgehoben werden muß. In ebendiesem Zustand befindet sich Chester Clayton King, der im Kielraum des Schiffes liegt, um der Expedition im Notfall zur Hilfe eilen zu können.“
    Matchett schwieg und betrachtete nachdenklich die interessiert-gespannten Gesichter der Zuhörer. Er wartete noch einen Moment und fuhr dann ruhig fort:
    „Worin bestehen nun diese besonderen geistigen Fähigkeiten der beiden schlafenden Mutanten? Nun, das ist nicht so leicht zu erklären, meine Herren. Im Endeffekt dreht es sich hier natürlich um das Gebiet der Logik.
    Logik ist die Lehre von den formalen Denkoperationen. Diese werden insbesondere von der Mathematik und der theoretischen Physik in größtmöglicher Reinheit durchgeführt, aber es hat sich den Philosophen schon sehr früh gezeigt, daß verschiedene Auffassungen von Logik möglich sind. Die alte, klassische Logik des Aristoteles, die bis zum 20. Jahrhundert Gültigkeit besaß, begründete sich zum Beispiel auf dem Zweiwertesystem, wie es etwa durch die Begriffe „Ja oder nein“, „An oder aus“ verkörpert wird. Die Logistik hat versucht, die Aristotelische Logik mathematisch zu erweitern. Sie gelangte schließlich zur sogenannten Wahrscheinlichkeitslogik und endlich zur mehrwertigen Logik. Es genügt nun nicht mehr, die Relation zur Umwelt durch die beiden Begriffe entweder – oder abzuwägen. Ein Gegenstand kann für den Betrachter nicht mehr eindeutig bestimmbar sein, wie er es unter den Gesetzen der zweiwertigen Logik war. Ein Buch sieht zwar wie ein Buch aus, aber es braucht nicht unbedingt eines zu sein. Es kann genauso gut auch etwas ganz anderes sein. Der Betrachter sieht in ihm nur ein Buch. Ausschlaggebend und beweiskräftig ist dieser äußere Anschein nach der mehrwertigen Logik noch lange nicht.“
    Matchett legte eine kurze Pause ein. Es bereitete ihm Unbehagen, diesen messerscharf denkenden Wissenschaftlern die primitiven Grundlagen der Logistik darzulegen, aber es ließ sich nicht umgehen. Es war absolut erforderlich, daß die Expeditionsteilnehmer sich über die Fähigkeiten des Mutanten völlig im klaren waren.
    „Die mehrwertige Logik“, fuhr er fort, „wurde in dem Augenblick wichtig, als der Mensch daranging, die Vorgänge im Atom zu erklären. Aber es ist einleuchtend, daß sie für den Menschen niemals mehr sein konnte, als eine Art mathematisches Hilfsmittel. Ein menschliches Gehirn funktioniert prinzipiell wie ein künstliches Elektronengehirn, das aus Röhren und Relais besteht. Für eine Röhre oder ein Relais gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder werden sie aktiviert, oder sie werden es nicht. An oder aus. 1 oder
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