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TS 25: Die Reise des schlafenden Gottes

TS 25: Die Reise des schlafenden Gottes

Titel: TS 25: Die Reise des schlafenden Gottes
Autoren: Jesco von Puttkamer
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ihm grinsend zublinzelte.
    Der Direktor räusperte sich und ergriff wieder das Wort.
    „Meine Herren, ich habe Sie nun über den Sinn und das Ziel unserer Reise informiert. Sie werden sich jedoch fragen, warum wir bereits jetzt an die Erforschung einer anderen Milchstraße gehen, wenn wir noch nicht einmal unsere eigene Galaxis völlig erschlossen haben. Nun, das Ganze geht auf den Gorson-Plan zurück. Während die Expeditionen ins Innere unserer eigenen Galaxis den Zweck haben, späteren Lebensraum für die rapide wachsende Menschheit zu schaffen, verfolgt der Gorson-Plan der intergalaktischen Erforschung einen anderen Zweck. Aber ich darf jetzt Dr. Tilden bitten, Ihnen darzulegen, was es mit dem Gorson-Plan auf sich hat.“

 
2. Kapitel
     
    Dr. Tilden saß nur drei Sessel von Matchett entfernt. Er erhob sich jetzt: ein langer, knochiger Mann mit ungelenken Bewegungen und dichten, schwarzen Augenbrauen, unter denen seine Augen wie die eines Asketen brannten. Tilden war ein sehr fähiger Astronom, der seine astronomische Abteilung mit eiserner Strenge und leidenschaftsloser Nüchternheit leitete.
    Er wandte sich dem Auditorium zu und sagte mit rollender Grabesstimme:
    „Meine Herren, Direktor Carlson spielt hier auf einen wissenschaftlichen Forschungsplan der Astronomie und der theoretischen Physik an, der im 21. Jahrhundert zum erstenmal von einem Amateurastronomen namens Gorson aufgestellt worden war und sich über einen Zeitraum von Zehntausenden von Jahren erstreckt. Da er in erster Linie vom Stand der irdischen Technik abhängig ist, treten wir erst jetzt allmählich in das Stadium ein, in dem wir an seine Ausführung gehen können. Sein Abschluß ist heute noch nicht absehbar.“
    Tilden räusperte sich und knetete seine knochigen Finger.
    „Gestatten Sie mir“, fuhr er schließlich fort, „daß ich ein wenig weiter aushole. Heutzutage weiß jedes Kind auf der Erde, daß wir in einem Raum leben, den man als gekrümmt bezeichnen kann. Dies wurde bereits im 20. Jahrhundert von einem Wissenschaftler namens Einstein entdeckt und schon im Jahre 1919 anläßlich einer totalen Sonnenfinsternis mit Hilfe der Winkelverschiebung zweier sonnennaher Sterne bewiesen. Es ist Ihnen ebenfalls bekannt, meine Herren, daß man bis heute noch nicht eindeutig bewiesen hat, ob der Weltraum positiv oder negativ gekrümmt ist.
    Verläuft seine Krümmung positiv, also im Sinne einer Kugel oder jeder anderen geschlossenen geometrischen Figur, dann verläuft er in sich selbst und ist endlich, wenn auch grenzenlos. Ist er jedoch negativ gekrümmt, etwa wie eine Sattelfläche, dann entfernt er sich stetig von sich selbst und ist buchstäblich unendlich.
    Mit diesem Problem befaßt sich nun der Gorson-Plan.“
    Tilden schwieg wieder einen Augenblick lang, zweifellos, um seinen Zuhörern Zeit zu geben, die Materie aufzunehmen. Dann fuhr er fort:
    „Um nun ein für allemal zu bestimmen, in welcher Form der Raum gekrümmt ist, hat Gorson seinerzeit einen Plan konzipiert, der ebenso gigantisch, wie logisch ist. Er begründet sich auf zwei Tatsachen, die bereits ebenfalls den Wissenschaftlern des 20. Jahrhunderts bekannt waren. Die eine besteht darin, daß die Winkelsumme eines Dreiecks in einem positiv gekrümmten Raum größer als 180 Grad ist, in einem negativ gekrümmten jedoch kleiner als 180 Grad. Die zweite Tatsache ist, daß die Zahl gleichmäßig verteilter Objekte in einem geschlossenen, also positiv gekrümmten Raum innerhalb einer gegebenen Entfernung vom Beobachter langsamer als der Kubus dieser Distanz ansteigt, während im offenen Raum das Gegenteil der Fall ist.“
    Tilden schwieg einen Moment und sagte dann:
    „Als gleichmäßig verteilte Objekte im Raum können uns natürlich die einzelnen Milchstraßennebel dienen, und es bleibt uns nach dem Gorson-Plan nun nichts anderes übrig, als einmal die fernsten Galaxien durch Beobachtung und Vermessung kartographisch festzulegen, und zum anderen fixe Vermessungspunkte im Raum zu suchen, von denen aus das berühmte Dreieck nachgemessen werden kann. Eine Riesenarbeit jedenfalls, meine Herren, die viele Jahrhunderte und Jahrtausende in Anspruch nehmen wird. Vermutlich – und das ist meine persönliche Meinung hierzu – wird sie niemals vollständig zu Ende geführt werden, denn wahrscheinlich ist der Tag nicht mehr fern, an dem das erste irdische Raumschiff eine Umrandung des Universums versuchen wird. Und dies wäre natürlich der beste Beweis für die positive Krümmung des
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