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TS 25: Die Reise des schlafenden Gottes

TS 25: Die Reise des schlafenden Gottes

Titel: TS 25: Die Reise des schlafenden Gottes
Autoren: Jesco von Puttkamer
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0. Auf Grund seiner Konstruktion kann es nur im Zweiwertesystem denken, ebenso wie die Neuronenzellen im menschlichen Gehirn, die ebenfalls von Stromimpulsen aktiviert werden oder im Ruhezustand liegen. Und genau so wie ein Elektronengehirn wird ein menschliches Gehirn niemals in der Lage sein, in mehrwertiger Logik zu denken. Es wird wohl die Gesetze dieser Logik halbwegs verstehen können, aber es wird nach wie vor versucht sein, aristotelisch zu denken. Es gibt keinen Menschen auf der Erde, der in mehrwertiger Logik denken könnte … mit zwei Ausnahmen.“
    Er zögerte einen Moment und fuhr dann fort:
    „Diese Ausnahmen sind Chester Clayton King und sein Zwillingsbruder.“
    Er zuckte die Achseln. „Fragen Sie mich nicht, meine Herren, wie so etwas möglich ist. Ich kann nur sagen, daß die beiden Mutanten keine Menschen im eigentlichen Sinn sind. Sie besitzen mutierte Gehirne, deren Funktionsprinzip von dem normaler Menschen verschieden ist. Man vermutet sogar, daß sie keine Neuronenzellen im üblichen Sinn mehr besitzen, sondern … irgend etwas anderes. Vielleicht geschieht auch der Austausch der elektrischen Potentiale in ihren Gehirnzellen auf anderem Weg, oder vielleicht benötigen sie zu ihrer Funktion überhaupt keine elektrischen Spannungsfelder mehr wie wir. Noch heute, nach zweihundert Jahren, tappen die Fachleute im Dunkeln, was den Aufbau dieser beiden Supergehirne betrifft. Wenn wir daran denken, daß es letzten Endes die abstrakte Denkweise der beiden Mutanten war, die den Bau des ersten Null-Inertia-Antriebs ermöglicht hat, dann zeigt es sich in voller Klarheit, wie wichtig es ist, diese Superwesen der Erde zu erhalten. Vielleicht werden die Menschen das Funktionsprinzip der Mutantengehirne niemals ergründen, aber allein der Null-Inertia-Antrieb wiegt diesen Nachteil auf, ganz abgesehen von all den anderen Erkenntnissen, zu denen uns Chester Clayton King und sein Bruder im Laufe der Jahrzehnte verholfen haben.“
    Matchett schwieg einen Moment. Dann fügte er ruhig hinzu:
    „Es ist allgemein bekannt, meine Herren, daß die Gehirne der Mutanten noch andere bemerkenswerte Fähigkeiten aufweisen. Wie Sie zweifellos wissen, können sich Chester und sein Bruder telepathisch verständigen, und zwar buchstäblich über Raum und Zeit hinweg, denn bei dieser Fähigkeit spielen Entfernungen keine Rolle. Vor allem aus diesem Grund hat uns der wissenschaftliche Rat den schlafenden Mutanten mitgegeben. Wir können nach Belieben jederzeit über ihn mit der Erde in Verbindung treten.“ Er breitete die Arme aus. „Ich glaube, das ist alles, was ich Ihnen zu sagen habe.“
    Er ließ sich in seinen Sessel nieder. Natürlich gab es noch eine ganze Menge zu sagen, aber er sah keinen Zweck darin, die Wissenschaftler mit Dingen zu konfrontieren, die sich bisher nur auf Vermutungen stützten. Er hatte in seinem jahrelangen Umgang mit den schlafenden Göttern mehr und mehr die Überzeugung gewonnen, daß nur ein Bruchteil der wirklichen Fähigkeiten der beiden mutierten Gehirne bekannt war.
    „Eine Frage!“ rief eine Stimme aus dem Hintergrund. Matchett wandte sich um und sah einen grauhaarigen Mann, der sich drei Reihen weiter hinten erhoben hatte.
    „Roderick Gray, soziologische Abteilung“, stellte sich der Wissenschaftler vor und griff dann unverzüglich sein Problem auf. „Sagen Sie, Mr. Matchett, haben sich die beiden Mutanten jemals zu der Frage geäußert, warum sie willens waren, sich der Menschheit zur Verfügung zu stellen und sich in Kälteschlaf zu legen, obwohl sie doch als die Übermenschen, die sie sind, weit über uns gewöhnlichen Sterblichen stehen?“
    Matchett zuckte die Achseln. Wieder wurde er sich bewußt, wie wenig man tatsächlich über die schlafenden Götter wußte. „Sie haben niemals eine diesbezügliche Erklärung abgegeben, Mr. Gray. Aber ich habe mir im Laufe der Jahre meine eigenen Gedanken gemacht. Ich vermute, daß King und sein Bruder von Anfang an einsahen, daß sie einzigartig waren, und daß ihnen für ihren Lebensweg nur drei Möglichkeiten offenblieben, von denen zwei äußerst radikal waren. Die erste Möglichkeit: Sie unterjochten die Menschen und schwangen sich zu den Herren der Erde auf. Die zweite Möglichkeit: Sie lebten abgeschlossen von den Menschen als Einsiedler. Und drittens: Sie nahmen die Hemmnisse einer Bindung mit den Menschen auf sich und stellten sich der Menschheit als Ratgeber zur Verfügung. Was sie wirklich bewogen hat, diesen letzteren Weg
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