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TS 15: Der Unheimliche

TS 15: Der Unheimliche

Titel: TS 15: Der Unheimliche
Autoren: Wilson Tucker
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seine Schulter, damit das Zittern aufhören sollte.
    „Hast du denn gar keine Angst?“ fragte sie.
    „Vor denen da unten? Oder vor dem, was sie tun wollen? Nein. Es tut mir nur leid, sehr leid.“
    „Paul, Paul, wie ist das Ganze nur gekommen? Warum bist du in diese Sache verstrickt worden? Warum?“
    Er schaute versonnen zum Fenster hinaus. „Ein kleiner Junge ist schuld daran, ein junger Bursche namens Paul Breen, der in den Straßen von Chicago herumlief. Ein Junge, der zuviel wußte und nicht verstand, den Mund zu halten, und G-Man, Geheimagent, spielen wollte.“
    „Und hier endete“, sagte sie bitter.
    Er nickte. „Und hier endete.“
    Ein kleiner Junge, der aufwuchs und hier in diesem großen alten Haus in Maryland endete, das ständig den Eindruck eines Generalhauptquartiers am Vortage einer großen Schlacht machte, mit all den Offizieren, die ununterbrochen den Rasen überquerten und mit geheimnisvollen Aufträgen im Haus verschwanden oder es verließen. Zwischen ihnen bewegte sich die Schar der Zivilisten – Angestellte, Nachrichtenleute und Agenten des Geheimdienstes, die sich den Anschein gaben, etwas anderes zu sein.
    Jenseits des Rasens, jenseits der häßlichen Mauer lag der Wald, in dem die anderen Männer patrouillierten, die das Haus hermetisch abriegelten und kein lebendes Wesen passieren ließen, das nicht im Besitz eines Sonderausweises war. Der alte Herrensitz in Maryland wurde schärfer gesichert und bewacht als der Goldschatz in Fort Knox, als Oak Ridge und das Weiße Haus.
    Und das alles, weil ein kleiner Junge namens Paul Breen an sich eine merkwürdige Fähigkeit entdeckt hatte und zuviel wußte und zuwenig verstand.
    Paul unterbrach das Schweigen. „Ich hatte einmal einen guten Freund, der ahnte, daß es so kommen würde. Er warnte mich, doch leider zu spät.“
    „Und Slater trennte euch“, sagte sie bitter.
    „Nicht nur von ihm. Von allen meinen Freunden. Einen nach dem anderen berief er ab – und beseitigte sie. Die Rechnung dafür ist noch nicht beglichen.“
    Die ferne Sonne versank hinter den Wipfeln der Bäume, und die Schatten der Dämmerung legten sich über den Rasen. Im Haus war es ruhig. Nur die halblauten Stimmen von Männern, die sich zu Tisch gesetzt hatten, drangen aus einem der unteren Stockwerke herauf. Paul gab dem Mädchen einen zärtlichen Klaps.
    „Das Abendessen müßte fertig sein. Schau bitte nach.“
    Sie schmiegte sich noch enger an ihn und weigerte sich zu gehen. „Oh, Paul, Paul!“
    „Du mußt damit aufhören!“ warnte er. „Du darfst jetzt nicht den Kopf verlieren. Slaters Entschluß bezieht sich nicht auf dich. Du wirst jedoch sehr auf dich aufpassen müssen. Wenn du eine Chance siehst, nimm sie wahr.“
    „Ich wünschte, der Entschluß bezöge sich auch auf mich.“
    „Du darfst so etwas nicht sagen“, entgegnete er und berührte denVerlobungsring an ihrem Finger. „Du bist für sie nicht gefährlich. Sie wissen sehr wenig von dir, nichts von Bedeutung. Mit dem wenigen, das sie wissen, haben sie dich hier festgehalten und zum Schweigen gezwungen. Nutz’ deinen Vorteil aus. Es wird hart auf hart gehen, und du wirst dich sehr in acht nehmen müssen.“
    „Ich habe keine Angst vor ihnen.“
    Er drehte mit den Fingerspitzen ihren Ring. „Und vergiß niemals: du weißt von gar nichts. Je weniger du weißt, desto länger wirst du leben. Du hast niemals von einem Colonel Johns gehört und weißt nicht, was er mit mir vorhat. Vergiß das nicht!“
    „Gewiß, Paul“, flüsterte sie und küßte ihn zärtlich. „Ich werde immer daran denken.“
    „Wenn du eine Chance siehst, lauf, was du laufen kannst. Hör’ nicht auf zu laufen. Wenn sie dich fangen … nun ja.“
    „Sie werden mich niemals fangen, Paul. Ich verspreche es dir.“
    Er wollte sie von seinen Knien schieben. „Ich habe Hunger. Schau bitte nach, warum das Abendessen so lange auf sich warten läßt.“
    Sie klammerte sich an ihn, versuchte, auf seinem Schoß zu bleiben, aber er stand lachend auf. „Geh jetzt! Ich bin schon halb verhungert.“
    Sie kam auf die Füße zu stehen, warf ihm einen zärtlichen Blick zu und ging zur Tür. Ihre ausgestreckte Hand berührte die Klinke. Sie wandte sich noch einmal um. „Paul, ich bin so froh, daß du mich liebst.“
    Und öffnete die Tür.
    Sie zuckte zusammen, stand ein paar Sekunden reglos da, starrte auf den Gang hinaus, starrte jemand an, den Paul nicht sehen konnte. Erschrocken hielt sie sich die Hand vor den Mund, und als sie
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