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TS 15: Der Unheimliche

TS 15: Der Unheimliche

Titel: TS 15: Der Unheimliche
Autoren: Wilson Tucker
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sich zu Paul umwandte, war ihr Gesicht voller Angst.
    „Sei vorsichtig!“ flüsterten seine Gedanken ihr zu. „Du darfst von nichts etwas wissen!“
    „Paul …“ kamen ihre Gedanken.
    „Ja?“
    „Ich bin so froh, Liebling, daß wir uns begegnet sind. Leb’ wohl.“
    Sie verschwand durch die Tür, rücksichtslos beiseite gedrängt von einem großen, schweren Mann, der den Eindruck eisenharter Entschlossenheit machte. Der Fremde war nicht in Uniform, konnte seine militärische Abkunft jedoch nicht verleugnen. Mit einer energischen Bewegung schloß er hinter sich die Tür.
    Paul saß regungslos in seinem Sessel. „Colonel Johns?“
    „Sie scheinen meinen Namen ja bereits zu wissen.“
    „Bitte treten Sie ein. Ich habe nach dem Essen geschickt. Darf ich Sie dazu einladen?“
    „Nein. Es wird auch kein Essen kommen.“
    „Oh?“ Paul lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Und warum?“
    „Und warum?“ wiederholte der Colonel zynisch. Er war an derTür stehengeblieben und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. „Weil ich jetzt die Formalitäten erledigen werde.“ Unter seiner Jacke zog er eine Armeepistole hervor. „Wenn Sie meinen Namen kennen, sollen Sie auch wissen, was Sie in meinen Augen sind: eine Schlange. Ich hasse Schlangen.“ Er hob die Pistole in Augenhöhe und zielte sorgfältig.
    Paul Breen rührte sich nicht. „Ich darf also nichts dazu sagen?“ fragte er ruhig.
    „Nein. Es würde auch nichts mehr ändern.“ Der Finger am Abzug begann sich zu krümmen.
    Paul zuckte mit den Achseln. „Dann tut es mir leid – für Sie! Leben Sie wohl, Colonel Johns.“
    Der Lauf der Pistole, die auf Paul gerichtet war, schwang wie von Geisterhand bewegt herum, zeigte auf das Gesicht des Colonels. Bellend hallte der Schuß von den schalldichten Wänden zurück.
    Paul Breen saß in seinem Sessel und lächelte. Ein hartes, verbittertes Lächeln. Er dachte an die Ereignisse, die ihn in dieses Haus in Maryland geführt hatten …

 
2. Kapitel
     
    Damals, 1934, war er dreizehn Jahre alt, hatte sieben Dollar und fünfzig Cents und war auf dem Weg zur Internationalen Messe. Niemand auf Erden fühlte sich reicher und glücklicher als er. Chicago war hundertdreißig Meilen entfernt, und die Fahrt mit dem Bus hätte mehr als zwei Dollar gekostet. Das war natürlich zuviel. Paul wartete daher im Rangierbahnhof auf den Güterzug, der dort täglich kurz vor Mittag durchfuhr.
    Er spürte den auf ihn zukommenden Bahnpolizisten, noch ehe er ihn überhaupt sah, und wußte, was der Mann in Zivil von ihm wollte, noch ehe er eine Frage gestellt hatte.
    „He, Bürschchen! Was machst du hier?“
    „Ich warte auf den Zug“, entgegnete Paul.
    „Was für einen Zug? Der Zug hält drüben im Bahnhof.“ Groß und gewaltig wie ein Menschenfresser stand der Detektiv vor ihm.
    „Ich warte auf den Zug“, wiederholte Paul.
    Der Detektiv sah in zweifelnd an. „Wie alt bist du?“
    „Dreizehn.“
    „Wissen deine Eltern davon?“
    „Ich wohne bei meiner Tante. Sie hat gesagt, ich darf fahren. Wenn ich genügend Geld hätte.“ Es kam ein wenig trotzig heraus, aber er hoffte, der Detektiv würde es nicht bemerken. „Und ich habe genug Geld.“
    „Wieviel?“
    Paul zog das zusammengeknotete Taschentuch heraus, zeigte es vor und stopfte es in die Tasche zurück. „Sieben Dollar und fünfzig Cents.“
    „Sieben Dollar und fünfzig Cents“, wiederholte der Detektiv. „Du fährst also zur Messe?“
    „Ja, Sir.“
    „Schon mal in Chicago gewesen?“
    „Nein, Sir.“
    „Ich will dir mal was sagen, du Knirps. Der Zug hält hier nicht. Er fährt verdammt schnell durch, viel zu schnell für dich, um aufzuspringen. Geh vor bis zur Kreuzung. Dort ist ein Signal, und der Zug wird rotes Licht haben und anhalten müssen. Klettere aber nicht eher ‘rauf, als bis er gehalten hat. Hast du verstanden?“
    „Ja, Sir.“ Alle Angst war verflogen. Der Mann wollte ihn nicht daran hindern, zur Messe zu fahren.
    „Und noch etwas will ich dir sagen; fahr’ in Chicago nicht bis in den Güterbahnhof ‘rein. Sonst wirst du aufgegriffen und ins Gefängnis gesteckt. Du willst doch nicht ins Gefängnis, nicht wahr?“
    „Nein, Sir.“
    „Also gut. Wenn der Zug vor dem Güterbahnhof langsamer fährt, springst du ab. Aber sei vorsichtig.“ Der Detektiv zog die Hand aus der Tasche. „Da hast du!“
    Ein halber Dollar. Jetzt hatte er also acht Dollar.
    Es war ein wenig kühl in dem fahrenden Zug, obwohl es mitten im August war, und er war
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