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Trügerische Ruhe

Trügerische Ruhe

Titel: Trügerische Ruhe
Autoren: Tess Gerritsen
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naheliegendem militärischem Nutzen.
    Erst vor zwei Monaten hatten Anson Biologicals und deren Muttergesellschaft Sloan-Routhier Pharmaceuticals von der Existenz dieser Würmer erfahren, als die beiden jugendlichen Söhne eines Ehepaares aus Virginia in die psychiatrische Abteilung eines Militärkrankenhauses eingeliefert worden waren. Einer der Jungen hatte einen Wurm ausgestoßen – eine biolumineszente Spezies, die keiner der Militärpathologen identifizieren konnte.
    Die Familie hatte den Juli in einem Ferienhaus am Ufer eines Sees in Maine verbracht.
    Groome bog in die Toddy Point Road ein. Auf dem Beifahrersitz bewegte Claire den Kopf und stöhnte. Er hoffte für sie, daß sie das Bewußtsein nicht gänzlich wiedererlangen würde, denn das Ende, das sie erwartete, war nicht angenehm. Es war eine weitere unerfreuliche Notwendigkeit. Der Tod einer so bemitleidenswerten Frau wie Doreen Kelly hatte in der Stadt schon für ein gewisses Aufsehen gesorgt. Aber eine ortsansässige Ärztin konnte nicht einfach verschwinden, ohne daß ernsthafte Fragen gestellt wurden. Es war wichtig, daß ihre Leiche gefunden wurde und daß das amtliche Urteil auf Unfalltod lautete.
    Die Straße war jetzt eine Folge von sanften Steigungen und Senkungen; eine einsame Strecke zu dieser Nachtzeit. Die Scheinwerfer glitten über den Asphalt, der mit einer Kruste aus Eis und Streusand überzogen war. Der Ausschnitt, den sie ausleuchteten, war gerade groß genug, um die Bäume erkennen zu lassen, die sich von beiden Seiten an die Straße herandrängten. Eine schwarze Röhre, offen nur nach oben, wo sich ein Streifen von Sternen hinzog.
    Sie näherten sich einer scharfen Linkskurve, und Groome brachte den Wagen oberhalb der Bootsanlegestelle zum Stehen.
    Claire stöhnte, als er sie vom Beifahrersitz zerrte und dann hinter das Lenkrad setzte. Er befestigte den Sicherheitsgurt. Dann legte er bei laufendem Motor den Gang ein, löste die Handbremse und ließ die Tür zufallen.
    Der Wagen begann die leicht abfallende Strecke in Richtung See hinabzurollen.
    Groome stand am Straßenrand und sah zu, wie das Auto die Eisfläche des Sees erreichte und weiterrollte. Das Eis war mit Schnee bedeckt, und die Reifen wühlten sich langsam hindurch, während das zitternde Scheinwerfericht sich über die leere Eisfläche ergoß. Zehn Meter. Zwanzig. Wann würde der Wagen das dünne Eis erreichen? Es war die erste Dezemberwoche; das Eis würde noch nicht stark genug sein, um das Gewicht eines Autos auszuhalten.
    Dreißig Meter. Und da hörte Groome das Krachen, laut wie ein Gewehrschuß. Der vordere Teil des Wagens senkte sich, und die Scheinwerfer versanken plötzlich in Schnee und gebrochenem Eis. Wieder ein Krachen, und der Wagen kippte in einem absurden Winkel nach vorne, so daß der rote Schimmer der Rücklichter gen Himmel leuchtete. Jetzt brach das Eis unter den Hinterrädern, und der Wagen sackte durch. Die Scheinwerfer erloschen – Kurzschluß.
    Das Ende spielte sich im Schein des Vollmonds ab, in einer Landschaft, die versilbert war von der leuchtenden Weiße des Schnees. Das Auto hielt sich noch einen Moment an der Oberfläche, bis der Motorraum vollief und das Gewicht des Wassers es nach unten zog. Jetzt war ein Plätschern und Gluckern zu hören, als der Wagen tiefer in das Loch glitt und sich durch den Auftrieb der Reifen zu drehen begann. Mit dem Dach nach unten versank er in den Schlamm, und Groome stellte sich vor, wie die dunkle Sedimentschicht aufgewirbelt wurde und das blasse Mondlicht verbarg, das von oben durchsickerte.
    Morgen, so dachte Groome, würde jemand das Loch im Eis entdecken und sich seinen Reim darauf machen. Die arme, übermüdete Dr. Elliot hat auf dem Heimweg in der Dunkelheit die Kurve übersehen und ist statt dessen geradeaus in den See gefahren. Eine Tragödie.
    Er hörte in der Ferne eine Polizeisirene und drehte sich um; sein Puls raste plötzlich. Erst als der Wagen vorbeigefahren war und das Geräusch der Sirene leiser wurde, konnte er wieder ruhiger atmen. Die Polizei war an einen anderen Ort gerufen worden; für sein Verbrechen gab es keine Zeugen.
    Er begann zügig die Straße zurückzugehen, in Richtung der dunklen Masse von Beech Hill. Es waren drei Meilen bis zur Höhle, und er hatte noch einiges zu tun.

25
    In der Dunkelheit, die sie einhüllte, spürte sie plötzlich ein Schlingern, dann den Schock des eisigen Wassers, das ihren Körper überschwemmte – und mit einem Ruck erwachte sie in einer
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