Trinken Sie Essig, meine Herren: Werksausgabe Band 1, Prosa (German Edition)

Russakowa. Ein paar Tage später wird er zum Grundwehrdienst eingezogen, aus unbekannten Gründen aber kurz darauf wieder entlassen.
    Am 25. Dezember Uraufführung des Kurzdramas »Winterspaziergang« von Charms und Bachterew im Haus der Presse.
    1929
    Am 18. Februar stirbt Charms’ Mutter an Lungentuberkulose. Im September werden Charms und Wwedenski wegen nichtbezahlter Mitgliedsbeiträge aus dem Leningrader Dichterverband ausgeschlossen. Für den 12. Dezember ist ein Auftritt der OBERIU geplant. Ob er stattgefunden hat, ist unklar. Im Winter 1929/30 bricht die Ehe mit Esther Russakowa auseinander.
    1930
    Im Januar erscheint die erste Ausgabe der Kinderzeitschrift »Zeisig«
    (»
  ˇ
Ciž«, eine Abbreviatur für »
 ˇ
Cerezvy
 ˇ
cajno interesnyj žurnal« = »Außerordentlich interessante Zeitschrift«) als Pendant zum »Igel« für Kinder im Vorschulalter. Auch in dieser Zeitschrift veröffentlicht Charms bis zu seinem Lebensende Texte.
     
    1931
    Am 10. Dezember wird Charms wie auch viele seiner Schriftstellerkollegen im Zuge einer größeren Verhaftungswelle festgenommen. Sie werden »der Organisation und Beteiligung an einer antisowjetischen illegalen Vereinigung von Literaten« verdächtigt.
    1932
    Am 21. März wird Charms zu drei Jahren Straflager verurteilt. Am
    18. Juni wird er aus der Haft entlassen. Im Juli trifft Charms gemeinsam mit Wwedenski in Kursk, ihrem Verbannungsort, ein. Beide kehren vorzeitig aus der Verbannung nach Leningrad zurück. Im November wird die Verbannung offiziell aufge hoben.
    1933
    Charms lernt Marina Malitsch kennen. Die Gespräche der »Tschinari« werden von Lipawski bis 1934 niedergeschrieben.
    1934
    Am 16. Juli heiratet Charms Marina Malitsch. Der Sozialistische Realismus wird zur Staatsdoktrin.
     
    1935
    Am 15. Mai stirbt Kasimir Malewitsch. Auf der Trauerfeier am 17. Mai trägt Charms sein Gedicht »Auf den Tod von Kasimir Malewitsch« vor.
    1936
    Wwedenski heiratet Galina Wiktorowa und zieht mit ihr nach Charkow.
    1937
    Im Juli wird der Herausgeber der Kinderzeitschrift »Der Igel«, Nikolai Olejnikow, verhaftet, am 24. November wird er erschossen. Im August werden weitere Mitarbeiter des Kinderbuchverlags verhaftet (Bronstein und Spiridonow, beide sterben 1938 in Gefangenschaft). Im August wird die gesamte Familie Russakow, auch Charms’ erste Ehefrau Esther, verhaftet und zu 10 Jahren Lager verurteilt. Esther Russakowa stirbt in der Haft. Am 5. September wird die Redaktion des Leningrader Kinderbuchverlags, deren Leitung Samuil Marschak hatte, zerschlagen. Marschak kann sich einer Verhaftung entziehen, während andere Mitarbeiter verhaftet und einige erschossen werden.
    1939
    Im Oktober wird Charms nach einer kurzen Beobachtung in einer Nervenheilanstalt vom Militärdienst befreit.
    1940
    Am 17. Mai stirbt Charms’ Vater Iwan Pawlowitsch Juwats chow.
    1941
    Im Juni entsteht die letzte Erzählung von Charms, »Rehabilitierung«. Am 22. Juni beginnt die Wehrmacht den Angriff auf die Sowjetunion. Am 23. August wird Charms zum zweiten Mal verhaftet. Ihm wird »Verbreitung defätistischer Propaganda« vorgeworfen. Eine Haussuchung wird vorgenommen. Am 8. September beginnt die fast 900 Tage währende Blockade Leningrads durch die Nationalsozialisten. Durch den Einschlag einer Fliegerbombe wird die Wohnung der Juwats chows unbewohnbar. Am 10. September wird Charms nach einer gerichtsmedizinischen Untersuchung für schizophren erklärt. Am 27. September wird Wwedenski in Charkow verhaftet. Am 22. Oktober wird Charms aus der psychiatrischen Abteilung zurück ins Gefängnis verlegt. Im November fällt Leonid Lipawski bei der Verteidigung Leningrads. Am 7. Dezember wird Charms für geisteskrank erklärt. Die Anklage wird fallengelassen, er wird in die psychiatrische Abteilung des Gefängniskrankenhauses überstellt. Um den 20. Dezember stirbt Alexander Wwedenski während eines Gefangenentransports.
     
    1942
    Charms stirbt am 2. Februar in Haft.
     
    Daniil Charms (1905–1942) gehört heute zum Kanon der russischen Avantgarde. Zu Lebzeiten fielen seine grotesken und oft absurden Texte jedoch immer wieder unter die stalinistische Zensur. Er starb schließlich verarmt in sowjetischer Gefangenschaft. Die Überlieferung seines Werks ist einem Freund von Charms zu verdanken, der die Manuskripte und Notizen aus der von deutschen Bomben zerstörten Wohnung des Autors in Leningrad rettete. Der vorliegende Band stellt seine Prosa vor. Neben den von Charms selbst