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Trias

Titel: Trias
Autoren: Marc Kayser
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Gäste. Unter die Männer und Frauen hatten sich auch der Innenminister Eberhard Cromme, der Chef der Bundespolizei, Henning Kühl, Verteidigungsminister General Rasmus Schönfelder und Außenminister Henrik Kohlhoff gemischt. In einer Ecke des Kanzlerbüros stand eine grüne Fichte im Weihnachtstüll.
    »Lassen Sie mich Ihnen ein paar Worte sagen. Mit der Aufklärung dieser scheußlichen Verbrechen und der Gefangennahme der Attentäter haben Sie, meine Damen und Herren, der inneren Sicherheit einen großen Dienst erwiesen. Niemand wird es schaffen, die Regierung unseres Landes zu erpressen und ihre Absichten zu hintertreiben. Deutschland wird zu einer globalen und wirtschaftlich unabhängigen Macht aufsteigen und auch eine solche bleiben. Wir stehen gemeinsam mit unseren Partnern Amerika und Russland an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter, das uns Wohlstand bringen wird.« Sie machte eine Pause und blickte entschlossen in die Runde. »In diesem Zusammenhang habe ich mich entschieden, unseren Abwehrkampf gegen äußere und innere Störer nochmals durch eine Neuordnung unserer Geheimdienste zu stärken. Hinweg mit den dezentralen Strukturen, die unter Umständen dazu ermutigen, Gesetze zu brechen. Jeder von uns kennt die Protokolle des Verhörs mit diesem … BND-Agenten …« Die Kanzlerin sagte die letzten Worte mit Abscheu in der Stimme.
    Ihre Gäste machten nicht den Eindruck, als freuten sie sich auf weitere Schläge in dieselbe Kerbe. Doch Lydia Sprado legte noch einmal nach und wiederholte mit zornbebender Stimme, was sie bereits zu ihrem Mann am Abend zuvor beim Essen gesagt hatte. »Offen gesagt: Die Lektüre macht mich wütend. Mehr noch, sie widert mich an. Ich will hier nichts verallgemeinern. Aber offenbar macht mancher Beamte in diesem Land, wozu er Lust hat. Wo bleiben nach all den Drohbriefen die Analysen über Gefahrenpotenziale aus Russland, der Ukraine, Weißrussland? Niemand wusste von einem bevorstehenden Anschlag auf Stefan Rumpf. Dabei bezahlen unsere Dienste angeblich Tausende Informanten. Bund und Länder geben für die einzelnen Landesämter und für das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Bundesnachrichtendienst und die ihnen angeschlossenen Kontroll- und Aufsichtsgremien jedes Jahr mehrere Milliarden Euro aus. Ganz zu schweigen vom Militärischen Abschirmdienst, der aus dem Etat des Verteidigungshaushalts bezahlt wird. Wie kann ich wissen, ob nicht noch mehr abtrünnige Agenten und andere faule Eier darunter sind?« Sie hob kampflustig das Kinn und sagte: »Ich möchte die Inlands- und den Auslandsgeheimdienst neu ordnen.«
    Die Gesichter ihrer Gegenüber versteinerten augenblicklich. Geschickt machte Sprado sich jetzt die Worte ihres Mannes, des Physikers, zu eigen. »Jedes System besteht aus einer Vielzahl an Teilchen. Sie mögen für das Auge eines Laien chaotisch hin und her fliegen, der Wissenschaftler aber erkennt darin eine Ordnung. Doch ohne einen inneren Kern, um den sich die Teilchen bewegen, würde jedes System auseinanderfliegen und wäre unnütz. Deshalb macht für mich nur eine Zentralisierung Sinn. Ob am Ende eine Art Nationale Sicherheitsagentur stehen wird, weiß ich noch nicht. Die Ergebnisse meiner Überlegungen fließen derzeit in einen Referentenentwurf ein, der, wenn es nach mir geht, sehr bald in ein Gesetz münden wird. Ich gebe Ihnen darüber rechtzeitig Bescheid. Auf Ihre Gesundheit!« Ihr Gesicht war gut durchblutet, ihre Augen leuchteten. Sie war gespannt, wie die anwesenden Geheimdienstler reagieren würden.
    BND-Chef Rubens meldete sich zu Wort. Ihn würde sie als Erstes ablösen, dachte die Kanzlerin freudvoll.
    »Ich halte eine einzige Zentrale für den In- und Auslandsgeheimdienst für kontraproduktiv«, sagte er vorsichtig.
    Sein Kollege vom Bundesamt für Verfassungsschutz haute in die gleiche Kerbe. Seine Tonlage war etwas schärfer. »Sie wollen wirklich das Modell des DDR-Staatssicherheitsdienstes übernehmen? Womöglich einen Geheimdienstminister ernennen?«
    Jetzt trauten sich auch die Chefs der Landesämter für Verfassungsschutz aus der Deckung. Ihre Proteste klangen wie das Knurren und Heulen aufgescheuchter Wölfe. Nur der Vertreter von Q4, der geheimsten Behörde Deutschlands, zuständig für die Innenrevision der Geheimdienste und den Schutz vor abtrünnigen Agenten, lächelte selig. Sein Amt würde durch eine solche Zusammenlegung gestärkt werden. Die Behörde mit Sitz in Nürnberg würde zukünftig einen noch besseren Überblick über die
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