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Trias

Titel: Trias
Autoren: Marc Kayser
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Bedrohungslage blieb uns gar nichts anderes übrig, als unsere Feinde zu narren. Und unser Luftwaffenstützpunkt in Laage war das perfekte Territorium dafür. Kleiner Kreis, gut abgeschirmt, verlässliche Sicherheitsbeamte.« Sie dachte in dem Moment an Konrad Kaltenborn, an dessen verbale Angriffe, seine Respektlosigkeit vor ihrem Amt. Doch ihr Ärger darüber war verflogen. Er hatte mit seinen Leuten nicht nur einen Vertrag gerettet, auch wenn der längst in trockenen Tüchern gewesen war. Ihr Leben und das vieler anderer hochgestellter Politiker hatten in seinen und den Händen seines unerschrockenen Undercover-Agenten Markus Croy gelegen.
    Semjonow war mit seinen Gedanken schon wieder ganz woanders. »Übrigens ist es schade, dass ich nun doch nicht in diesem reizenden kleinen Märchenschloss unterkommen konnte. Von außen so liebevoll und mit Stil restauriert.«
    »Wir hatten weder Mühen noch Kosten gescheut«, antwortete sie ihm. Sie dachte kurz nach. Schließlich überspielte sie das Drama der vergangenen Nacht mit einer fabelhaften Lüge: »Leider explodierte eine alte Gasleitung, die Decken stürzten ein, das gute Porzellan …«
    »Und was musste ich hören?«, unterbrach Semjonow. »Es gab noch einen kleinen Zwischenfall gestern Nacht?«
    »Nicht der Rede wert«, antwortete Lydia Sprado. »Wo es etwas zu essen gibt, da kommen auch die Ratten. Wir haben sie kurzerhand ausgeräuchert.«
    Semjonow strahlte sie an. »Die Deutschen, die Russen und jetzt auch noch die Amerikaner … sie sind das unschlagbare Trio neuer Weltverbundenheit.«
    Kichernd betraten sie den Saal, in dem sich am ovalen Konferenztisch bereits die anderen sechs Regierungschefs und ihre engsten Berater versammelt hatten, die pünktlich am Morgen eingetroffen waren. Durch das Fenster sah man Patrouillenboote auf See und kreisende Hubschrauber. Soldaten standen als kilometerlange Kette zwischen Düne und den Konferenzhotels.

14
    Peking, Regierungspalast, 21:38 Uhr Ortszeit, gleicher Tag
    Für Ministerpräsident Jiang waren die letzten Stunden dieses Tages zu einem persönlichen Waterloo geworden. Am frühen Abend Pekinger Ortszeit erfuhr er über einen verschlüsselten Funkspruch eines Pekinger Kontaktmannes vom Tod seines Spionagechefs. Kurz darauf ereilte ihn die Nachricht, dass vier weitere Agenten des Guoanbu zunächst von den Deutschen verhaftet und dann dem japanischen Geheimdienst überstellt worden waren. Dass sie irgendwann auspackten, war nur eine Frage der Verhörmethoden. Jiang wusste, dass die Japaner in ihren Folterfantasien nicht minder zimperlich waren als das chinesische MSS.
    In seiner ersten wuterfüllten Reaktion legte er seinem Verteidigungsminister Zhou den Rücktritt nahe, bot ihm aber an, als Wehrdienstbeauftragter in eine der Provinzen im Norden des Landes zu gehen. Eine halbe Stunde später hieß es, dass Zhou sich mit seiner Dienstwaffe selbst gerichtet hatte. Als Chinas Präsident auch noch erfuhr, dass Trias bereits einige Tage vor dem G8-Gipfel unterschrieben worden war, geriet er außer sich. Und als Russlands Präsident ihn vor einigen Minuten mit seiner Absage an ein persönliches Telefonat düpierte, kochte seine Galle endgültig über.
    Jiang bestellte umgehend die einflussreichsten Militärs in den Regierungspalast ein. Er tobte und schrie und verfluchte seinen bislang engsten Partner Russland als Verrätervolk.
    »Unsere Truppen sollten sofort über die gemeinsame Südostgrenze einmarschieren, um das Schlimmste zu verhindern und Moskau wieder zu disziplinieren«, donnerte er.
    Obwohl seine Generäle ähnlich dachten, redeten sie beschwichtigend auf den Staatschef ein. Jiang war nur mit Mühe zu beruhigen, behielt sich aber für die nächsten Wochen eine grundsätzliche Richtungsänderung gegenüber Moskau vor.
    Zwei gezielte Raketen, dachte er auf dem Weg in seine Privatgemächer grimmig, direkt auf die verdammten Moskauer Zwiebeltürme und den Kreml abgeschossen, würden schon reichen.

15
    Marienstrand, erster Tag des G8-Gipfels, früher Nachmittag
    Im Säulensaal von Hotel Albatros saßen sich BKA-Vizepräsident Konrad Kaltenborn, Sonderermittler Markus Croy und CIA-Agent Vincent Talo an einem ausladenden runden Tisch gegenüber. In seiner Mitte standen ein Tablett mit Tee, Kaffee, Mineralwasser, Cola, Kirschsaft und eine Schale mit roten Weintrauben. Darum gruppierten sich Tassen, Teller, Gläser und Servietten aus blauem Stoff. Der Saal war als Reminiszenz an die Räume der Jahrhundertwende
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