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Trias

Titel: Trias
Autoren: Marc Kayser
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gestaltet, in dem die betuchten Bürger in großem Stil ihre Feste feierten, Kapellen aufspielten und die Essen eher Banketts als Stehempfänge waren.
    Ein festlich geschmückter Weihnachtsbaum stand auf prominentem Platz beinahe in der Mitte des Saales. Er war von der Spitze bis zu seinem Fuß mit leuchtend dunkelroten Kugeln, silbernem Lametta und in Goldpapier eingewickelten Schokoladenstückchen behängt.
    Kaltenborn referierte soeben die letzten Erkenntnisse aus dem Verhör, das er mit BND-Agent Hans Strachow geführt hatte, bevor dieser, wahrscheinlich wegen der mehrfach injizierten hohen Dosen an Methylamphetamin, körperlich zusammengebrochen war.
    »Und wie geht es Michael Storm?«, unterbrach ihn Croy. »Wird man seinen Kehlkopf retten können?«
    Kaltenborn hob die Schultern und machte ein unwissendes Gesicht. Auf Croys Gesicht lagen die Schatten der vergangenen Nacht.
    »Die Ärzte meinen, er habe großes Glück gehabt. Normalerweise überlebt einen gequetschten Kehlkopf niemand länger als zwanzig Minuten. Die Blutzufuhr war aber offenbar nicht unterbrochen. Es hat allerdings auch seine Stimmbänder erwischt. Er wird in jedem Fall längere Zeit nicht sprechen können.« Kaltenborn griff nach einer Tasse und schenkte sich schwarzen Tee ein. Er rührte Milch und Zucker hinein, dann trank er vorsichtig.
    »Wie kam es, dass Storm so derart zwischen die Fronten geriet?«, fragte Croy vorsichtig. »Ich hielt ihn lange Zeit für einen bloßen Wichtigtuer.«
    »Alles, was Storm tat, hatte er mit mir abgesprochen«, sagte Kaltenborn. »Obwohl er lästige Späher um sich hatte, wusste nicht einmal der BND, welche Karte Storm als nächste zog. Nur in der Slowakei passte er nicht genügend …«
    Croy unterbrach hitzig seinen Vorgesetzten. »Aber warum haben Sie mich nicht informiert?«
    Kaltenborn hielt seinen Ton weiter auf kleiner Flamme. »Es ging nicht, Markus. Storm wollte und sollte in die unmittelbare Nähe General Kongs. Diese Operation musste unter allen Umständen geheim bleiben. Leider auch vor Ihnen.« Kaltenborn ahnte, dass Croy dieses Bekenntnis nicht glücklich machte. Das Gesicht seines Sonderermittlers bestätigte sein Gefühl.
    »Heißt das, Sie waren schon sehr früh darüber informiert, dass die Chinesen da mit drin steckten?« Croys Augenbrauen saßen drei Stockwerke höher als sonst.
    Kaltenborn bejahte. »Aber ich glaubte anfangs nicht daran. Ich kontaktierte Storm in Frankfurt, er konnte aber nicht reden, weil Kong dicht neben ihm stand. Doch er rief mich später aus einem Taxi und aus einem Friseurgeschäft in Hamburg zurück. Er schilderte mir detailliert, was der Spionagechef vorhatte.«
    Croy schwirrte der Kopf. Hatte Storm ihn nicht auch genau von dort angerufen und ihm quasi die Hilfe »krankheitsbedingt« aufgekündigt?
    »Wieso diese Geheimnistuerei? Warum war ich zwar mittendrin, aber nicht dabei ?« Croys Wangenmuskeln zuckten. Nach dem Ende seiner nächtlichen Operation war ihm nicht viel Schlaf geblieben.
    »Es geschah zu Ihrem eigenen Schutz. Was Sie wissen mussten, erfuhren Sie durch eigene Recherchen. Manchmal ist zu viel Mitwissen nicht gut. Es hemmt die eigene Kreativität. Sie brauchten Storm nicht als Freund an Ihrer Seite. Aber wir brauchten Storm bei den Feinden. Und diese Sache hat er gut gemacht.« Kaltenborn griff nach seinem Tee. Croy sammelte sich wieder. Er trank einen Schluck Kaffee und sah zu Vincent Talo. Der CIA-Agent hatte bislang schweigend zugehört.
    »Wie krank muss Sprocks Denken gewesen sein, wenn er glaubte, er könnte als Einzeltäter einen Präsidenten auf einem derartigen Gipfeltreffen hinrichten?«, sagte Croy nach einer Weile. »Welch ein Größenwahn!«
    Talo beugte sich aus seinem Stuhl zu Croy vor. Doch gleich darauf rutschte er wieder zurück und strich seinen Schlips glatt.
    »Ich denke, die Wahrnehmung von Individualtätern ist oft derart verzerrt, dass sie ihre Taten für gut und richtig halten«, referierte Talo. »Aus Böse wird Gut und aus dem vermeintlich Unterdrückten ein Unterdrücker. Sprock - wie auch Spread und vielleicht auch Rumpf - fühlten sich in ihrer Gesinnung nicht ernst genug genommen, fühlten sich als Outlaws. Und aus dieser Rolle heraus wollte Sprock nun zeigen, dass er zu Unrecht unterschätzt und an den gesellschaftlichen Rand gedrängt wurde. Dabei war ihm jedes Mittel der Aufmerksamkeit recht.«
    »Die Europäer haben die Rechtsextremen, die Araber Al-Qaida«, sagte Kaltenborn nachdenklich.
    »Ist das wirklich so
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