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Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer

Titel: Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer
Autoren: Mark Billingham
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Prolog
    Als er sie sah, wusste er sofort, das waren Bullen. Aber irgendwie wirkten sie so förmlich und steif, so merkwürdig verkrampft, dass es ihn tief in die Magengrube traf, ihm den Atem raubte, als er sich in den angebotenen Sessel fallen ließ.
    Er sammelte den Speichel in seinem trockenen Mund und schluckte ihn hinunter, sah den beiden zu, wie sie vergeblich versuchten, locker zu wirken. Wie sie sich räusperten und ihre Stühle etwas näher rückten.
    Bei dem Geräusch zuckten sie alle drei zusammen. Dieses furchtbare Kratzen und der Hall.
    Sie schauten, als wären sie gegen ihren Willen in diesem Raum gelandet. Wie Schauspieler im falschen Stück. Die beiden taten ihm beinahe leid, als sie Blicke wechselten und er spürte, wie der Schrei sich tief in ihm aufzubauen begann.
    Die Polizisten stellten sich vor. Der Mann - der Kleinere von den beiden - machte den Anfang, gefolgt von seiner Kollegin. Die beiden legten Wert darauf, ihm ihre Vornamen zu nennen, als wäre das eine Hilfe.
    »Es tut mir leid, Marcus, wir haben schlechte Nachrichten.«
    Er achtete nicht auf die Namen, nicht wirklich, starrte nur auf die Köpfe, registrierte Details, an die er sich bestimmt noch lange erinnern würde: einen schmuddeligen Kragen, das feine Adernetz auf einer Säufernase, gefärbte Haare und die schwarz nachwachsenden Haarwurzeln.
    »Angie«, sagte er. »Es geht um Angie, stimmt’s?«
    »Es tut mir leid.«
    »Sagen Sie es mir.«
    »Es gab einen Unfall.«
    »Einen schlimmen …«
    »Das Auto bremste nicht.«
    Und während er zusah, wie ihre Lippen die Worte formten, erhob sich über den Lärm in seinem Kopf ein einziger banaler Gedanke, wie eine ferne Stimme, die trotz des Rauschens des schlecht eingestellten Radiosenders gerade noch hörbar war.
    Deshalb haben sie die Frau geschickt. Weil Frauen angeblich einfühlsamer sind. Oder weil sie glauben, ich breche dann vielleicht nicht zusammen oder werde hysterisch …
    »Was war mit dem Auto?«, fragte er.
    Der Polizist nickte, als hätte er diese Frage erwartet und fühlte sich bei der Beantwortung technischer Fragen wohler. »Wir glauben, der Fahrer fuhr über die Ampel und konnte nicht mehr rechtzeitig vor dem Zebrastreifen bremsen. Wahrscheinlich zu viel Alkohol. Wir haben keine besonders gute Beschreibung, aber wir haben Lackspuren.«
    »An Angies Leiche?«
    Der Bulle nickte langsam und holte noch einmal ordentlich Luft. »Wir fanden den Wagen am nächsten Morgen ausgebrannt, ein paar Kilometer von der Unfallstelle entfernt. Wahrscheinlich Hooligans, die sich den Wagen für eine Fahrt gestohlen hatten …«
    Die Luft im Raum war stickig, es roch nach Farbe. War wohl erst frisch gestrichen worden. Schlaf fiel ihm ein und wie es wohl wäre, nassgeschwitzt aus einem Alptraum aufzuwachen.
    »Wer kümmert sich um Robbie?« Er sah zu dem Mann, als er die Frage stellte. Peter Irgendwas. Der wich seinem Blick aus, und er spürte, wie es ihm die Brust zerriss.
    »Es tut mir leid«, sagte die Frau. »Ihr Sohn war zur Zeit des Unfalls mit Miss Georgiou zusammen. Der Wagen erfasste beide.«
    »Sie wurden noch am Unfallort für tot erklärt.« Der Mann hatte die ganze Zeit die Hände verkrampft, nun spielte er mit seinem Ehering. »Sie mussten nicht lange leiden, verstehen Sie?«
    Er starrte auf den Daumen und den Zeigefinger des Polizisten, die den Ring drehten und drehten. Ihn fröstelte, das Blut gefror ihm in den Adern, die daraufhin unter seiner Haut aufsprangen. Er spürte das Blut zu schwarzem Pulver werden, unter seinen Tattoos und dem gelblichen Fleisch rieseln, als wäre er schon sehr, sehr lange tot.
    »Okay dann«, sagte die Frau und meinte damit: Gott sei Dank, das wär’s. Können wir jetzt endlich verschwinden?
    Er nickte und meinte: Ja und danke, und verschwindet bitte sofort, bevor ich euch meinen Kopf in das Gesicht ramme - oder gegen die Wand oder den Boden.
    Auf dem Weg zur Tür, wo der Aufseher bereits wartete, schienen sämtliche Sinne kurze Zeit auf Hochtouren zu arbeiten, bevor sie heruntergefahren wurden.
    Die Risse im Anstrich der Ziegelwand taten sich Abgründen gleich auf, und er musste der Versuchung widerstehen, die Finger hineinzustecken. Der Stoff seiner Jeans rieb bei jedem Schritt grob an seinen Beinen. Und das Flüstern der beiden Polizisten auf der anderen Seite des Raums war klar und verständlich - übertönte geradezu ohrenbetäubend den Lärm seiner Schritte und des gurgelnden Wassers in den Heizkörpern.
    »Wann kommt er raus?«
    »In ein
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