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Treibland

Treibland

Titel: Treibland
Autoren: Till Raether
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Sorten Polizei und Gerüchte über ein exotisches Virus, dafür mach ich schon mal einen Umweg.»
    «Gerüchte? Woher kommen die denn?», fragte Danowski.
    «Aus dem Präsidium. Manche Ihrer Kollegen rufen mich an, wenn’s interessant wird.»
    Und nur Finzi redete von Grippe: Sie waren wie so oft diejenigen, die am wenigsten wussten.
    «Außerdem war ich noch nie auf einem Kreuzfahrtschiff», sagte Ehlers.
    «Dann können Sie sich ja mit Finzi zusammentun, der freut sich auch schon darauf.»
    «Ach», sagte sie und blickte in Richtung Finzi, der gerade ausladend gestikulierte und offenbar dabei war, einen desinteressierten Einsatzleiter der Bundespolizei mit seiner Körpergröße und Vehemenz nicht zu beeindrucken. «Der ist mir zu grob und eindimensional. Außerdem ist mein Bett nur eins vierzig breit. Ich bin auf schmale Männer angewiesen.»
    Finzi kam zurück, übersah die Rechtsmedizinerin mit Nachdruck und berichtete: «Okay, es gibt ein winzigkleines Problem. Der Bundespolizei-Spacken sagt, dass hier die Behörde für Gesundheit die Ansagen macht. Und die haben ihn und seine grünen Jungs beauftragt, das Schiff zu sichern. Jetzt können wir darüber streiten, was sichern bedeutet, aber wir können auch einfach unsere Ausweise nehmen und da reinmarschieren.»
    «Wer macht denn die Spurensicherung?»
    «Ein paar Kollegen vom örtlichen Revier, sind aber längst Kaffee trinken. Die Bundespolizei hat sie nicht durchgelassen.»
    «Dann winken wir noch mal und fahren brav ins Präsidium und sagen, dass wir hier nicht reinkommen, und …»
    «Buhuhu. Interessiert dich gar nicht, was hier los ist?», fragte Finzi, langsam gereizt.
    Danowski überlegte. Manchmal hatte er den Eindruck, dass Finzi einfach nur Angst hatte, sich zu langweilen, sobald nichts los war. Eine Zeitlang waren sie fast so was wie Freunde gewesen, aber es war irgendwann zu viel geworden für Danowski: der Alkohol, der Zusammenbruch, der Auszug von Finzis Frau Britta, die Danowski im Grunde an Finzi am liebsten gemocht hatte. Er hatte keine Ahnung mehr, was Finzi machte, wenn er nicht im Dienst war, aber er vermutete, dass es nicht viel war. «Nein», sagte er schließlich. «Ich bin kein Arzt. Was anderes scheint hier im Moment nicht gebraucht zu werden, also …»
    «Ganz genau», sagte Kristina Ehlers und trat ihre Zigarette mit dem Stiefelabsatz aus, «und deshalb gehe ich jetzt da hoch und schaue mir an, was da los ist.»
    Finzi, der sie nicht ausstehen konnte, weil er vor Jahren zu lange vergeblich hinter ihr her und vielleicht sogar in sie verliebt gewesen war, schaute irritiert in ihre Richtung und sagte zu Danowski: «Du hörst die Frau Doktor. Ich sage, wir gehen mit, um sie im Zweifelsfall am Betreten des Schiffes zu hindern. Falls uns die Typen der Bundespolizei um Kollegenhilfe bitten. Oder um darauf zu achten, dass sie uns nicht einen potenziellen Tatort kontaminiert.»
    «Blablabla», sagte Kristina Ehlers und ging los Richtung Gangway. Finzi machte eine übertriebene Nach-Ihnen-Geste, und Danowski zuckte mit den Schultern. Er merkte, dass die Leute der Bundespolizei sie beobachteten, und er wollte nichts von der Schwäche zeigen, die ihn bis unter die Haarwurzeln zu erfüllen schien, als wäre Schwäche etwas Greifbares, wie ein pastellfarbener Dämmstoff aus dem Baumarkt. Dann gingen er und Finzi der Ärztin hinterher.
    «Der erste Posten steht an der Tenderpforte, weiter kommt ihr sowieso nicht!», rief ihnen der Einsatzleiter hinterher. Danowski sah noch, wie ein VW -Transporter vom NDR auf den Parkplatz fuhr, dann wandte er seinen Blick nach vorne dem Schiff zu. Es war vor allem weiß, aber unharmonisch: Der Schiffsrumpf war mit blauen, türkis- und petrolfarbenen Wellen verziert, so, wie Kinder das Meer malen; die einzelnen Decks sahen fast alle unterschiedlich aus, als habe ein ganzes Komitee von Schiffsbauern sich nicht auf eine einheitliche Form einigen können. Auf Höhe der Pier begannen zwei Reihen fernseherförmiger Bullaugen, dann ein Deck mit einem zurückgesetzten Rundweg, darin am Gangwayende die Öffnung, die der Angeber von der Bundespolizei als «Tenderpforte» bezeichnet hatte. Darüber fünf gelb-weiße Beiboote und ein Deck mit Balkonen, die offenbar zu den wirklich teuren Kabinen gehörten, und dann mehrere Decks mit unterschiedlichen Glasfronten, hinter denen Danowski Restaurants, Bars, Fitnessräume und insgesamt allerhand Remmidemmi vermutete. Darüber dann – er musste sich weit zurücklehnen, um das
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