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Traumtrunken

Traumtrunken

Titel: Traumtrunken
Autoren: Kathrin Schachtschabel
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den Schlüssel im Schloss, hörte, wie Atze leise nach ihr rief. Sie setzte sich auf die Sofalehne und starrte aus dem Fenster. Ruhe. Für einen Moment Ruhe.
    Dann das Einrasten der Schlafzimmertür, das Drehen des Schlüssels im Schloss und Atzes Schritte über den Flur.
    Er setzte sich zu ihr aufs Sofa.
    „Was ist denn los?“, fragte er.
    Michaela zuckte mit den Schultern, ohne Atze anzusehen. „Ich weiß auch nicht. Mir wird das alles zu viel.“
    Atze legte seinen Arm um ihre Schulter. Er schien zu überlegen. „Vielleicht hast du nicht gut geschlafen.
    Weißt du was, du legst dich jetzt ein bisschen hin und ich kümmere mich um das Essen.“
    Du willst Essen machen?, dachte Michaela ungläubig. Doch bevor sie etwas sagen konnte, war Atze aufgestanden und aus dem Zimmer gegangen.
    Sie hörte, wie er die Schlafzimmertür aufschloss.
    Zu einem anderen Zeitpunkt wäre sie hinterhergeschlichen, hätte die Situation frech ausgenutzt und ihn damit zur Weißglut bringen können.
    Doch jetzt hatte Michaela keine Energie. Es war ihr egal, was Atze da vor ihr geheim hielt. Sie wollte es gar nicht wissen.
    Er kam mit ihrer Bettdecke ins Wohnzimmer, legte sie auf dem Boden ab und wies Michaela an, sich auf die Couch zu legen.
    Dann deckte er sie fürsorglich zu, bis zum Hals hinauf, steckte die Enden der Decke unter Michaelas Schultern fest.
    So ein trauriges Weihnachten hatten sie noch nie verbracht, dachte Michaela. Noch nicht mal Atzes Geschenke waren alle eingepackt.
    Gleichzeitig wurde ihr warm und sie fing an, die Situation zu genießen.
     
    ***

Als Michaela die Küche betrat, kam ihr ein Schwall heiße Luft entgegen.
    Atze standen Schweißperlen auf der Stirn, die er mit dem Ärmel abwischte. Er lächelte zufrieden.
    Der Braten brutzelte im Ofen vor sich hin, die Küche sah unaufgeräumt, aber nicht chaotisch aus, zwei Kochbücher lagen aufgeschlagen zwischen Schüsseln und Zwiebelschalen.
    Michaela konnte es nicht lassen, nach dem Braten zu sehen. „Auch wenn ich es nicht gerne tue, ich muss zugeben, dass mich das Ergebnis überrascht!“
    Atze grinste breit.
    „Kochen ist nicht alles, was ich kann!“ Atze ging auf Michaela zu, umarmte sie, fasste ihr von oben herab an den Po und drückte sie fest an sich.
    „Komm in fünf Minuten ins Schlafzimmer, ich zeig dir was“, flüsterte er ihr ins Ohr. Dann ging er.
    Michaela lehnte sich an die Arbeitsplatte, sah zur Uhr und beobachtete, wie der Sekundenzeiger das Ziffernblatt abfuhr.
    Ein bisschen zu früh, als sie die Spannung gerade noch aushielt, ging sie hinüber ins Schlafzimmer. Diesmal war die Tür nicht verschlossen.
    In den Fensterbänken, auf der Kommode und auf dem Teppich vor dem Kleiderschrank brannten Kerzen. Teelichter, die Atze in bunte Plastikbecher gestellt hatte.
    Nie im Leben hätte sie ihm so etwas zugetraut. Michaela war hin- und hergerissen von der Atmosphäre im Zimmer und von Atzes Erwartungen: Er lag nackt auf der Bettdecke, sein Glied leicht erregt, und die Kerzen beleuchteten nur seine Oberseite.
    Michaela wendete ihren Blick von Atze ab.
    Sie schaute sich im Zimmer um und sog die warmen Farben in sich auf. Doch da war noch mehr. Da war Musik, die sie noch nicht kannte.
    Das heißt, doch. Sie kannte sie. Beim nächsten Lied erinnerte sie sich. Sie war damals mit Atze im Kino gewesen.
    Mitten in der Vorstellung hatte er sie gefragt, ob sie bei ihm einziehen will.
    Tränen. Nur für einen Augenblick Tränen in ihren Augen. Dann sah sie im Halbdunkel eine Musikanlage stehen. Sie kam näher und setzte sich auf den Bettrand.
    „Und, was sagst du dazu?“ Atze nahm ihre Hand.
    „Schön. Du musst sie leiser stellen!“, antwortete Michaela. Atze dachte nie an das Baby.
    Er drehte sich zur Seite und drosselte die Lautstärke. Dann begann er, sie auszuziehen.
     
    ***

Bevor sich Michaela etwas übergezogen hatte, war Atze schon am Weihnachtsbaum. Da stand ein Karton, ziemlich groß, in buntes Weihnachtspapier gewickelt. Atze hatte ihn vorhin schon gesehen. Jetzt wollte er nicht länger warten. Er riss das Papier auf und warf es auf die Seite.
    „Atze! Das ist nicht für dich!“, fuhr Michaela ihn von hinten an und er zuckte zusammen.
    Doch in diesem Moment hatte er den Inhalt schon zu fassen bekommen, hob ihn aus dem Karton, zog die Augenbrauen düster und hielt ihn mit vorgestreckten Armen Michaela entgegen. „Ein Schlitten? Ist das nicht ein bisschen früh?“
     
    ***

Rico blieb verschwunden und Michaela machte sich keine Gedanken
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