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Traumtrunken

Traumtrunken

Titel: Traumtrunken
Autoren: Kathrin Schachtschabel
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sich wieder beruhigt hatte und Michaela bekam ein furchtbar schlechtes Gewissen.
    Und dann wurde sie wütend.
    Zu der Wut über die Spielplatzmütter kam jetzt noch die Wut auf Rico. Wegen ihm war das ja alles nur passiert. Nur weil er nicht allein gehen wollte! Obwohl er schon so groß war.
    Rico stand ganz ruhig. Er bewegte sich nicht und er sagte nichts, starrte nur auf den Bruder.
    Michaela schrie ihn nicht an. Sie sah ihm ins Gesicht und merkte, dass es ihm leidtat.
    Trotzdem war sie verärgert. So sehr, dass sie ihn mit Nichtbeachtung strafte und Rico verschwand.
     
    ***

Abends, als Atze kam, hatte sie es längst bereut. Sie ärgerte sich über sich selbst. Rico war ein Kind. Er konnte nun wirklich nichts dafür. Sie war die Erwachsene! Sie hätte es besser wissen müssen und nicht auf sein Drängeln reagieren dürfen.
    Andererseits, was war schon passiert? Es war doch etwas ganz Alltägliches, dass Babys weinten. Da musste sie sich doch keine Vorwürfe machen.
    Egal! Michaela schob das Thema mit einer Handbewegung beiseite und rührte die Nudeln um. Als sie die Zwiebeln für die Soße in der Butter schwenkte, kam ihr eine Idee.
    Sie würde Rico einen Plastikschlitten kaufen. Einen mit Lenkrad vielleicht oder so einen kleinen Holzschlitten mit Horn, wie sie ihn am Schlittenberg gesehen hatte. Mit dem konnte er dann fahren.
    Hoffentlich ließ er sich damit versöhnen.
     
    11 Kerzen
     
    und ein Strauß Blumen in der Hand
    von einem Mann, der mir fremd geworden ist.
    Fremd nur sein Innerstes, mein Gefühl,
    fremd sein Lachen
    und das Dreschen seiner Worte.
     
    13 Kerzen
     
    Statt der Stimmen ein Nichts,
    statt des Onkels ein Geschenk,
    statt der Liebe nur Sehnsucht.
    Ich werde langsam erwachsen.
     
    ***

Diesmal hatte sich Atze ein ganz besonderes Geschenk ausgedacht. Der Heilige Abend fiel auf einen Montag und Atze hatte bis zum Jahresanfang Urlaub.
    Anfangs dachte er, dass es schwierig werden könnte, die Einkäufe vor Michaela geheim zu halten, aber schließlich wollte Michaela sowieso nicht noch einmal mitkommen.
    Atze genoss es, durch die Innenstadt zu bummeln und nach Belieben in jedes Geschäft hineinzuschauen, was ihm irgendwie interessant genug erschien.
    Abends taten ihm die Füße weh und er war zu nichts anderem mehr in der Lage, als mit Michi auf dem Sofa zu liegen und Fernsehen zu schauen.
    Die großen Kartons hatte er beim Nachhausekommen gleich im Kellerabteil untergestellt, die übrigen Tüten heimlich ins Schlafzimmer getragen. Natürlich hatte Michaela es bemerkt, aber das sollte sie ruhig. Umso weniger würde sie im Keller nach Geschenken suchen.
    Atze war gespannt, ob sich Michaela genauso freuen würde wie er. Und natürlich auch auf sein Geschenk von ihr. Immer noch war er aufgeregt wie ein kleiner Junge, wenn es auf Weihnachten zuging.
     
    ***

Am Heiligen Morgen, als Michaela für das Fest einkaufen gegangen war, holte er die Kartons aus dem Keller und installierte die Anlage.
    Als er fertig war, ärgerte er sich, dass er die CDs verpacken lassen hatte und jetzt nicht einmal mehr wusste, in welchem Geschenk sich die Filmmusik befand.
    Er versuchte, den Klebestreifen vorsichtig zu lösen, aber es gelang ihm nicht. Das Papier riss ein und Atze fluchte. „Scheiße, die Falsche!“
    Bei der zweiten CD hatte er Glück.
    Er legte sich aufs Bett, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und genoss den Sound.
     
    ***

„Atze?“
    Nichts.
    „Atze, warum ist die Schlafzimmertür abgeschlossen?“
    Erschöpft stellte Michaela die Tragetasche des Kinderwagens ab. Sie hörte Schritte von drinnen und dann die verstellte Stimme ihres Mannes: „So viel Heimlichkeit in der Weihnachtszeit.“
    Michaela verdrückte sich ein Grinsen, ihr war nicht nach Lachen zumute. Es war schon schwierig genug, den beiden Kindern gerecht zu werden. Benni, der auf dem ganzen Heimweg geschrien hatte, bis er kurz vor der Haustür vor Erschöpfung eingeschlafen war. Und Rico, der nicht mit sich reden ließ. Aber jetzt auch noch Atzes Späßchen?
    Michaela würde am liebsten weinen. Sich in ihr Bett verkriechen und weinen.
    Aber das Schlafzimmer war verschlossen und selbst das Weinen wollte ihr nicht gelingen.
    Atze rief von drinnen, als sie nicht reagierte.
    Michaela nahm die Tragetasche erneut auf und stellte sie in die Ecke hinter die Wohnzimmercouch, gleich neben Gelbling. Sie klappte das Verdeck ein wenig hoch, so dass das Kopfteil abgedunkelt wurde und Gelblings Federn nicht auf Benni fallen konnten. Sie hörte
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