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Traumgirl auf Hawaii

Traumgirl auf Hawaii

Titel: Traumgirl auf Hawaii
Autoren: Kathleen Korbel
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bemerkte, war sie wieder verschwunden.
    Nie wurde ein Wort von seinem Gedächtnisverlust erwähnt, obwohl die blonde Frau auf mehr als einem Foto erschien. Lilly behielt eines der Fotos in ihrem Zimmer und quälte sich, indem sie sich mit dieser attraktiven Frau verglich und sich sagte, dass Ethan Campbell sich ohne Gedächtnisverlust niemals für sie, Lilly, interessiert hätte. Dazu besaß sie viel zu wenig Klasse und Kultiviertheit. Sie war bloß eine kleine Bibliothekarin, die als Hula-Tänzerin jobbte.
    Und als sei das noch nicht genug, musste sie jetzt auch noch mit ihrer plötzlichen Berühmtheit fertig werden. Sie erduldete Schlagzeilen wie “Tänzerin rettet Cousin eines Stars” und ignorierte hartnäckig die Kameras im Publikum bei der Nachmittagsshow. Sie war sogar einverstanden, als ihr Chef sie bat, ein paar Tage freizunehmen, da der Rummel um sie seltsamerweise schlecht fürs Geschäft war – es war einfach zu schwierig für die zahlenden Gäste, an den Reportern vorbeizukommen. Sobald sich die Aufregung ein wenig gelegt hätte, sollte sie zurückkommen. Doch als sich in einer der morgendlichen Talk-Shows jemand darüber ereiferte, dass Ethan Campbell sich von allen Inselschönheiten ausgerechnet eine Hula-Tänzerin ausgesucht hatte, war das Maß voll. Lilly packte ihre Sachen und floh zu ihrer Großmutter nach Kalaupapa.
    “Wo ist deine Zauberkraft, kleine Lilly?”, fragte Tutu Mary stirnrunzelnd.
    Diese großartige Frau mit den hellen, klaren Augen war in den Siebzigern. Ihr Gesicht war zerfurcht, ihre Hände waren knotig, und ihr rechter Fuß war durch eine Prothese ersetzt worden. Aber Lilly sah nur die Kraft und majestätische Anmut, besonders nach ihrer Zeit auf Tutu Marys Berg.
    Lilly erzählte ihr alles – auch das, was sie ihrer Mutter gegenüber nie erwähnt hatte, obwohl ihre Mutter sie sicher verstanden hätte. Sie berichtete Tutu Mary von der Liebe, die sie gefunden hatte, der Magie und Kraft, die sie in sich freigesetzt hatte. Und sie berichtete ihr von dem Fehler, den sie begangen hatte. Nachdem Tutu Mary ihr gelauscht hatte, seufzte sie nur und nahm Lilly in den Arm wie ein Kind, das Lilly jetzt gern wieder gewesen wäre. Tutu Mary wiegte sie, sang ihr die alten Lieder vor und erzählte ihr die alten Geschichten, so dass sie wenigstens Trost fand.
    Lilly verbrachte zwei Wochen bei ihrer Großmutter. Sie besuchte die Gräber ihrer Vorfahren und zog ihr Wickelkleid an, um dort auf der Insel den Hula zu tanzen. Ihre Bewegungen waren nur für das Meer, das Land und den Himmel bestimmt. Sie trauerte, als hätte sie einen Teil ihrer selbst verloren, aber sie schwor sich, nicht aufzugeben. Sie fragte ihre Großmutter, wie sie diesen Schmerz nutzen konnte, um sich weiterzuentwickeln. Sie weinte, sang und dachte nach, dort an diesem einsamen, aber schönen Ort, wo es nur Friedhöfe, Krankenhäuser und würdevolle Geister gab. Lilly verbrachte einen Nachmittag in der St.-Philomena-Kirche, die von Pater Damien vor langer Zeit für seine Leprapatienten erbaut worden war, und fand allmählich wieder zu sich.
    Zum ersten Mal, seit sie die Klinik für Traumapatienten verlassen hatte, erwachte ihr Selbstbewusstsein wieder, und sie kehrte zurück in ihr altes Leben auf Oahu. Nur ihre Großmutter wusste, wie tief Lillys Schmerz saß.
    “Wann willst du endlich die Telefonate beantworten, Lilly?”, erkundigte sich ihre Mutter eines Morgens beim Frühstück.
    Lilly las gerade eine historische Abhandlung. Daher brauchte sie einen Moment, ehe sie reagierte und aufsah. “Man sollte meinen, die Reporter müssten allmählich das Interesse an mir verlieren. Immerhin liegt die ganze Geschichte schon einen Monat zurück.”
    Doch ihre Mutter, deren portugiesische und hawaiische Gene sie zu einer anmutigen Schönheit mit hohen Wangenknochen gemacht hatten, runzelte die Stirn. “Ich rede nicht von diesen Aasgeiern, sondern von Mr. Ross. Er hat schon wieder angerufen. Hat Jess dir nichts davon erzählt?”
    Wie jedes Mal, wenn sie eine solche Nachricht erhielt, zog sich ihr Magen zusammen. Instinktiv fürchtete sie, irgendetwas könnte mit Ethan sein oder dass er sie brauchte. Doch dann fiel ihr sofort wieder ein, dass sie nicht die Person war, die sich in einem solchen Fall um ihn kümmern würde.
    Trotzdem fragte sie nach. “Gibt es ein Problem mit Ethan?”
    Ihre Mutter schüttelte den Kopf. “Davon hat er nichts erwähnt. Er wollte nur, dass du zurückrufst.” Ein Lächeln glitt über ihr Gesicht.
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