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Traumfänger

Traumfänger

Titel: Traumfänger
Autoren: Marlo Morgan
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Beispiel sehen Patienten den Fettgehalt ihres Blutes oder erkennen, wie schlecht es um ihre Immunabwehr bestellt ist. Danach können die Ärzte mit den Patienten darüber reden, was sie selbst für ihre Gesundheit tun können. Die Versicherungsgesellschaften in den USA zahlen für Maßnahmen zur Krankheitsverhütung leider nicht, deshalb müssen die Patienten diese Untersuchungen aus eigener Tasche bezahlen. Wir hofften, daß das australische Gesundheitssystem diesen Methoden mehr Aufgeschlossenheit entgegenbringen würde. Meine Aufgabe war es, die Techniken vorzuführen, Ausrüstung zu beschaffen, entsprechende Broschüren zu schreiben und schließlich neue Kräfte auszubilden. Es war ein sehr lohnenswertes Unterfangen, und ich genoß meine Zeit im »Land Down Under« außerordentlich.
    Eines Nachmittags besuchte ich ein naturwissenschaftliches Museum. Ich schloß mich der Führung einer hochgewachsenen, teuer gekleideten Frau an.
    Sie war sehr an Amerika interessiert. Wir plauderten und wurden gute Freunde. Eines Tages lud sie mich zum Mittagessen ein und schlug ein etwas sonderbares Restaurant im Herzen der Innenstadt vor, das als Werbegag den Dienst von Wahrsagern anbot. Ich erinnere mich, wie ich in dem Restaurant saß und auf das Erscheinen meiner Freundin wartete. Ich war immer pünktlich, aber ich schien eine Art magnetischer Aura zu besitzen, die notorisch unpünktliche Menschen anzog und zu meinen Freunden werden ließ. Es wurde immer später, und das Restaurant würde bald schließen. Von meiner Freundin keine Spur. Ich bückte mich, um meine Tasche vom Fußboden zu nehmen, wo ich sie fünfundvierzig Minuten vorher abgestellt hatte.
    Ein junger Mann - groß, dünn, mit dunkler Hautfarbe und vom turbangeschmückten Kopf bis zu den Sandalen weiß gekleidet - steuerte auf meinen Tisch zu.
    »Ich habe jetzt Zeit, dir die Zukunft zu lesen«, sagte er mit ruhiger Stimme.
    »Oh, ich habe nur auf eine Freundin gewartet. Aber sie war heute offensichtlich verhindert. Ich werde wiederkommen.«
    »Manchmal ist es so am besten«, kommentierte er, während er sich den Stuhl von der anderen Seite des Tisches heranzog. Er setzte sich und nahm meine Hand in die seine. Dann drehte er die Handfläche nach oben und begann, mir die Zukunft vorherzusagen. Dabei sah er jedoch nicht auf meine Hand, sondern blickte mir fest in die Augen.
    »Es war das Schicksal, das dich hierhin - nicht in dieses Restaurant, sondern auf diesen Kontinent - brachte. Es gibt hier eine Person, mit der du dich treffen willst. Dieses Treffen wird zu eurem beiderseitigen Nutzen sein. Als die Verabredung dazu getroffen wurde, waren weder du noch diese Person geboren.
    Ihr seid im selben Moment zur Welt gekommen, der eine auf der oberen Hälfte unserer Erde, der andere hier unten, >Down Under<. Dieser Pakt wurde auf der höchsten Ebene eures ewigen Seins geschlossen. Ihr habt vereinbart, euch erst zu suchen, nachdem fünfzig Jahre verstrichen sind. Jetzt ist die Zeit gekommen.
    Wenn ihr euch trefft, werden eure Seelen einander sofort erkennen. Mehr kann ich dir nicht sagen.«
    Er stand auf und verschwand durch eine Tür. Ich nahm an, daß er in die Küche des Restaurants gegangen war. Ich war sprachlos. Nichts von dem, was er sagte, ergab für mich irgendeinen Sinn, aber er hatte mit solcher Autorität gesprochen, daß ich es mir einfach zu Herzen nehmen mußte. Der ganze Vorfall wurde noch verwirrender, als meine Freundin am selben Abend anrief, um sich zu entschuldigen und mir zu erklären, warum sie nicht zum vereinbarten Mittagessen erschienen war. Als ich ihr erzählte, was ich erlebt hatte, wurde sie ganz aufgeregt und nahm sich vor, am nächsten Tag ebenfalls den Wahrsager aufzusuchen, um etwas über ihre eigene Zukunft zu erfahren.
    Bei ihrem nächsten Anruf hatte sich ihre Begeisterung in Skepsis verwandelt. »In diesem Restaurant beschäftigen sie gar keine männlichen Wahrsager«, erzählte sie mir. »Es kommt zwar jeden Tag jemand anderes, aber es sind immer Frauen. Am Dienstag war es Rose, aber die liest nicht aus der Hand, sondern legt Karten. Bist du sicher, daß du im richtigen Restaurant gewesen bist?«
    Ich wußte, daß ich nicht verrückt war. Für mich war Wahrsagen immer ein netter Zeitvertreib gewesen, mehr nicht. Eins aber war sicher: Ich hatte mir den jungen Mann nicht eingebildet. Aber die Australier halten uns Amerikaner sowieso allesamt für Spinner.
    Und außerdem gilt die Wahrsagerei hier lediglich als Spaß, und wenn es um
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