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Traumfaenger

Traumfaenger

Titel: Traumfaenger
Autoren: Petra Roeder
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während mein Blick über die steril wirkenden, weißen Wände huschte. Ich saß auf einem Stuhl neben Emmas Bett und hielt ihre Hand. Sie sah so friedlich aus, als würde sie schlafen, was sie im Grunde genommen ja auch tat. Eine Hand legte sich sanft auf meine Schulter.
    »Dein Vater und ich gehen in die Cafeteria. Möchtest du nicht auch mitkommen?«, fragte meine Mutter. Ich schüttelte den Kopf.
    »Ich bleibe hier«, antwortete ich und schenkte ihr ein zaghaftes Lächeln. Ein bisschen Ruhe zum Nachdenken würde mir jetzt ganz gut tun. Mein Vater wuschelte mir durchs Haar.
    »Wir sind bald wieder zurück«, versprach er. Dann nahm er meine Mutter am Arm und beide verließen das Krankenzimmer. Nachdenklich lehnte ich mich wieder in meinen Stuhl zurück und starrte auf den Monitor, der Emmas Herzschläge aufzeichnete und diese als hüpfende Linie wiedergab. Meine Hand fuhr in meine Hosentasche. Insgeheim hoffte ich, nichts darin zu finden, doch dann ertasteten meine Finger etwas Rundes. Ich zog den kleinen Knopf heraus und betrachtete ihn. Er war der Beweis, dass Matt nicht nur ein Traum war und doch konnte ich es nicht so recht glauben.
    Gab es wirklich einen Traumwald mit all den Kreaturen, von denen er mir erzählt hatte? Ich starrte auf einen Punkt in weiter Ferne und runzelte die Stirn. Matt hatte gesagt er sei schon seit fast fünf Monaten in diesem Wald. Unweigerlich fragte ich mich, wo er sich in der realen Welt befand und was ihm wohl zugestoßen war?
    Ich hatte Angst noch einmal in diese Welt zu treten, aber auf der anderen Seite war ich auch neugierig und brannte darauf, mehr über diesen Traumwald zu erfahren. Und wenn ich ehrlich zu mir selbst war, so gab es noch einen Grund, der mich wieder dorthin zog: Matt.
    Nach etwa 30 Minuten kamen meine Eltern zurück und wir saßen noch eine weitere Stunde an Emmas Bett und redeten mit ihr. Irgendwann erhob sich mein Vater und teilte uns mit, dass wir jetzt gehen sollten. Meine Mutter beugte sich zu Emma und gab ihr einen langen Kuss auf die Stirn. Ich konnte beobachten, wie dabei eine Träne über ihre Wange rollte. Rasch wischte sie sich diese mit dem Handrücken fort und schenkte meinem Vater und mir ein trauriges Lächeln.
    Auch ich drückte meiner kleinen Schwester einen Kuss auf die Wange, dann flüsterte ich ihr etwas ins Ohr, das niemand sonst im Zimmer hören konnte.
    »Ich werde heute Nacht wieder in den Traumwald kommen und nach dir suchen. Halte durch, ich hole dich da raus, das verspreche ich.«
    »Was hast du ihr denn gesagt?«, erkundigte sich meine Mutter, während sie sich von meinem Vater in ihre Jacke helfen ließ.
    »Nur, dass sie so schnell wie möglich wieder gesund werden soll und dass ich sie vermisse«, schwindelte ich.
     
    Ich stand vor dem Spiegel und betrachtete mich kritisch, dann wanderte mein Blick zu dem Stuhl, auf dem sich die unzähligen Outfits türmten, die ich in der letzten Stunde anprobiert hatte. Letztendlich hatte ich mich für eine schwarze Jeans, einen leichten braunen Sommerpulli und Turnschuhe entschieden. Wenn ich schon zurück in diesen Wald ging, sollte meine Kleidung so zweckmäßig wie möglich sein. Ich klopfte mit der Hand auf meine Gesäßtasche und lächelte, als ich das Feuerzeug spürte, das ich eingesteckt hatte.
    Außerdem hatte ich Vaters geliebten Leatherman eingesteckt, denn dieses Allroundwerkzeug konnte Matt sicher gut gebrauchen. Natürlich war gar nicht sicher, ob ich erneut in die Traumwelt eintreten würde, denn Matt hatte ja bereits gesagt, dass normal träumende Menschen nur sehr selten den Weg dorthin fanden. Trotzdem wollte ich vorbereitet sein.
    Matts Knopf hatte ich an meiner Halskette befestigt, was eine echte Sisyphusarbeit gewesen war. Eine geschlagene Stunde hatte es gedauert, bis ich endlich die Öse aufgebogen und durch eines der Knopflöcher gezwängt hatte. Ganz zu schweigen davon, wie krumm ich die fragwürdige Konstruktion wieder zusammengedrückt hatte. Doch sie würde halten und das war die Hauptsache.
    Ich atmete tief ein und ließ die Luft lautstark wieder entweichen, dann nickte ich meinem Spiegelbild zu. Ich hatte mich entschieden und nun gab es kein zurück mehr. Zum letzten Mal überprüfte ich meine Kleidung, bevor ich schließlich hinüber zu meinem Bett ging. Wahrscheinlich würde es sowieso nicht funktionieren, weil ich viel zu aufgeregt war, um einzuschlafen.
    Ich legte mich hin, löschte das Licht und starrte in der Dunkelheit an die Decke. Es war so still, dass
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