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Traum ohne Wiederkehr

Traum ohne Wiederkehr

Titel: Traum ohne Wiederkehr
Autoren: André Norton
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ansetzen, ehe sie das Wort laut über die Lippen brachte.
    Der Arm um sie zog sie rückwärts zu den Seilen, fort vom Sarg, fort von der sich verformenden Kugel. Das fahlgrüne Leuchten in ihr wand sich immer noch, aber es schien nicht mehr ganz so stark gegen seine beschränkende Hülle anzukämpfen. Eine Hand schwang Tam-sin herum, daß sie sich der Strickleiter zuwandte, und hob sie von der ekelerregenden Masse auf dem Boden. Sich dessen kaum bewußt, griff Tam-sin nach den Seilen.
    Aber es steckte keine Kraft mehr in ihr. Die Leiter hochzuklettern, war ihr völlig unmöglich.
    »Tam-sin! Hinauf!«
    Die Schärfe dieses Befehls riß sie aus ihrer Benommenheit. Jemand war hinter ihr, zwang sie hochzuklettern. Irgendwie sammelte sie gerade noch genügend Kraft und Mut zu tun, was von ihr verlangt wurde, bis sie mit dem Oberkörper aus der Luke auftauchte und auf das nebelverhüllte Deck fiel.
    Doch nun reichte ihre Kraft nicht mehr, sich zu erheben.
    »Bleib liegen!« Wieder dieser scharfe Befehl. »Ich hole Trusend und Lother.«
    Ohne ihr Zutun fielen die Lider über ihre Augen. Nie war sie je so erschöpft gewesen. Das, was nun in der Kugel um sein Überleben kämpfte, hatte alle Kraft, allen Willen aus ihr gesogen. Alles war ihr gleichgültig, solange sie nur nicht mehr diesen Pesthauch atmen mußte.
    Doch schließlich kämpfte sie sich herum, daß sie die Luke sehen konnte. Die Seile waren ganz straff gespannt und bewegten sich ruckweise.
    Ein Kopf hob sich über den Lukenrand, und ein Mann kletterte an Deck.
    Kilwar! Sie empfand nicht einmal Erleichterung, ihn zu sehen. Sie war viel zu leer. Er drehte sich um und zog an den Seilen, bis ein zweiter Kopf, der schlaff auf die Brust hing, in Sicht kam. Dann zog er den reglosen Körper ganz hoch und legte ihn neben sie, und wieder verschwand er in der Tiefe, nur um kurz darauf mit einem zweiten Mann aufzutauchen, der so bewußtlos wie der erste war.
    Unmittelbar hinter ihnen zuckte ein grelles, blendendes Licht auf. Flammen schossen zur Luke hoch und leckten nach dem Befreier, als er den zweiten Mann in Sicherheit zog.
    »Feuer!« brüllte Kilwar. »Beim Angesicht Vlastas, dagegen kommen wir nicht an!«
    Er bückte sich, griff nach Tam-sin und zerrte sie zur Reling. »Spring hinunter!« befahl er ihr.
    Sie klammerte sich an das splittrige Holz und beobachtete ihn benommen, während er an dem offenen Lukendeckel zog und mit seinem Schwert darauf einhieb. Dann schleppte er eine breite Planke des Deckels zur Reling und hob sie darüber. Als er sah, daß sie auf den Wellen aufschlug, drehte Kilwar sich um und schüttelte Tam-sin.
    »Hinunter mit dir! Schnell! Ich lasse die zwei zu dir hinab. Halte sie auf dem Floß fest!«
    Irgendwie war sie fähig, auf die Reling zu klettern und hinunterzuspringen. Sie schlug schmerzhaft auf dem Wasser auf, aber sie hieß die frischen Wellen willkommen, die säubernd ihren Körper umschmeichelten. Etwas schwerfällig schwamm sie zum Floß und zog sich mühsam darauf. Dann ließ Kilwar vorsichtig seine beiden bewußtlosen Gefolgsleute auf die halbüberspülte Planke hinunter, ehe er selbst von Deck sprang, zum Floß schwamm und sich neben Tam-sin hinaufschwang. Er krallte je eine Hand durch die Gürtel der beiden Bewußtlosen, um sie auf dem bewegten Floß festzuhalten.
    Hinter ihnen glühte der Nebel auf, als hätte auch er Feuer gefangen. Stumpf beobachtete Tam-sin, wie die Flammen sich die Reling entlangfraßen, auf der sie wenige Augenblicke zuvor noch gestanden hatte. Und etwas, vielleicht die Hitze, die von dem brennenden Schiff ausging, besiegte den Nebel, ließ ihn verdunsten, während sie mit der Lukenplanke weiter von dem Geisterschiff forttrieben.
    Kilwar löste die Finger aus den Gürteln und rollte die beiden Männer nebeneinander auf die Mitte ihres behelfsmäßigen Floßes.
    »Das«, er deutete auf das brennende Schiff, »wird sie hierherführen. Bis dahin können wir uns schon halten.«
    »Das Feuer …« Teilnahmslos beobachtete Tam-sin die Vernichtung des Geisterschiffs. Die Erlebnisse dieser Nacht hatten jegliche Empfindungsfähigkeit in ihr betäubt.
    »Dieses Ding in der Kugel«, erklärte er ihr, »brach seine Hülle, und das ist das Ergebnis.«
    Da war noch etwas, das sie ihm sagen mußte, aber sie war einfach nicht fähig, logisch zu denken. Es war etwas sehr Wichtiges, nur machte ihre Erschöpfung sie viel zu gleichgültig, sich jetzt daran erinnern zu wollen.
    »Rrrrruuuu!«
    Irgendwo hinter dem brennenden
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