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Transsibirien Express

Transsibirien Express

Titel: Transsibirien Express
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gerechtigkeit, Genossen?« und machte den Eindruck eines leicht Irren.
    Die Generalswitwe Olga Federowna war da besser dran … sie hatte ihren Ohrring wieder.
    Aber jetzt, kurz vor Wladiwostok, brach aller Schmerz noch einmal aus Skamejkin hervor. Schuld hatte Mulanow, der sich unglücklicherweise erinnerte, daß der Seifenhersteller ja gar nicht bis Wladiwostok fahren wollte, sondern nur eine Karte bis Svobodnij besaß.
    »Lösen Sie nach, Genosse!« hatte Mulanow amtlich und ohne Scherz gesagt. »Sonst sind Sie ein Schwarzfahrer. Lesen Sie die Straftabelle …«
    »Meine Schuhe!« heulte Skamejkin auf. »Ich reise auf Staatskosten, bis ich meine Schuhe wiederhabe. Das wollen wir sehen, ha! Mit meiner Seife wäscht sich Genosse Breschnew die Hände, und hier will man mich … Genossen! Ich kämpfe bis zur totalen Erschöpfung!«
    Wladiwostok!
    Da ist sie, die Stadt am Meer … die Stadt mit dem Hafen.
    Die Weite der Japanischen See dehnt sich vor ihr.
    Ein Haufen von Häusern, ein Gewimmel von Straßen und Gassen – das ist Wladiwostok, Rußlands Tor zum Stillen Ozean. Rußlands Stolz!
    Ein merkwürdiges Stück Europa mitten in Asien, mit einem Hafen, der das ganze Jahr über eisfrei gehalten wurde.
    Wladiwostok! Von hier waren einmal nach der sowjetischen Revolution, nach einer Fahrt, wie sie Forster jetzt auch hinter sich hatte, die Barone und Grafen, die Fürsten und Großfürsten, die Generäle und Admiräle der zaristischen Armeen … kurz, das alte, feudale, zusammengeschlagene und vor der Roten Welle flüchtende Rußland hinübergebracht worden nach Frankreich oder Amerika.
    Wladiwostok! Der Zug hielt mit knirschenden Bremsen. Die Türen flogen auf. Die ersten Koffer landeten auf dem Bahnsteig.
    Forster und Milda standen im Vorraum und warteten, bis die größten Gepäckstücke ausgeladen waren. Dann stiegen sie die paar Stufen hinunter.
    Unten stand Mulanow, sehr feierlich mit Mütze und gebürstetem Rock. Er half Milda beim Aussteigen und gab auch Forster die Hand.
    »Viel Glück!« sagte er dabei. Mehr nicht. Was soll man noch sagen?
    Aber zu Milda allein, die hinter ihm stand, wandte er sich noch einmal um und küßte sie auf beide Wangen.
    »Tue das Richtige, mein Töchterchen!« sagte er dabei.
    Dann wandte er sich schnell ab und lief den Zug entlang. Es war eine Flucht vor seinem Gefühl.
    Forster sah ihm nach und hob dann die Hand. Ein zerknüllter Zettel lag darin.
    »Er hat ihn mir beim Abschied in die Hand gedrückt«, sagte er zu Milda. Dann strich er den Zettel glatt und las, was Mulanow mit grober Handschrift geschrieben hatte:
    »Melden Sie sich bei Saweli Jefimowitsch Dronow, Tunguska 17, 2. Stockwerk. Und bestellen Sie Grüße von dem Bahnpostschaffner Lumeneff. Mehr konnte ich nicht für euch tun. – Boris Fedorowitsch.«

XIV
    Pal Viktorowitsch Karsanow schien eine Bärennatur zu haben.
    Forster und Milda erhielten davon den ersten Beweis, als sie die große Bahnhofshalle von Wladiwostok verlassen hatten und nun gegenüber am Rande des weiten Platzes standen.
    Sie betrachteten die Prachtbauten ringsum und hielten Ausschau nach einem Taxi, um sich zur Tunguska fahren zu lassen. Aber die Taxis schienen alle unterwegs zu sein.
    Sie standen höchstens zwei Minuten, als aus einer breiten Straße fünf Mannschaftswagen der Miliz angebraust kamen und kreischend vor dem Bahnhofsgebäude bremsten. Fast eine ganze Kompanie Milizionäre sprang auf das Pflaster, bildete sofort eine Kette, sperrte alle Bahnhofsseitenausgänge ab und drängte alle Reisenden zurück in die große Halle.
    Es gab einen Höllenlärm. Proteste wurden laut, alle schrien durcheinander … aber in wenigen Sekunden war der Bahnhof, von außen gesehen, wie ausgestorben.
    Im Innern trieb man alles in der weiten Zentralhalle zusammen wie eine störrische Hammelherde.
    »Fünf Minuten zu spät!« sagte Forster leise und legte den Arm um Mildas Schulter. »Verdammt, das war knapp! Ich habe Karsanow unterschätzt, aber er hat trotzdem verloren!«
    »Die Partie steht noch immer unentschieden, Werner«, sagte Milda. »Jetzt wird er den Flugplatz und den Hafen absperren lassen.«
    »Das ist sicher. Aber wir brauchen uns nicht zu verkriechen wie gejagte Füchse. Wir haben jetzt eine Adresse …«
    »Weißt du, wer dieser Dronow ist?«
    »Wir werden ihn bald kennenlernen. Wenn Mulanow uns seine Adresse gibt, ist er keiner, der sofort nach dem KGB schreit, wenn er uns sieht.«
    Sie blieben noch am Rande des Platzes stehen und
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