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Transsibirien Express

Transsibirien Express

Titel: Transsibirien Express
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schachbrett zusammen! Liegt mit offenem Mund da und stinkt sogar!« Er schnupperte zurückhaltend. »Und wie steht die Partie?«
    »Ich hatte einen guten Zug, da fiel Pal Viktorowitsch plötzlich um und riß das Brett mit sich. Fiel um, wie vom Blitz getroffen …«, sagte Forster.
    Über den Gang kamen Vitali und Wladlen gelaufen, besichtigten Karsanow und blinzelten Forster und Milda verstohlen, wie Verschwörer, zu.
    Dann beschlossen sie, Karsanow in Iman der dortigen Gesundheitsbehörde zu übergeben, eingewickelt in Decken, damit er sich bloß nicht erkälte.
    Die Zeit war knapp. Neben der Strecke tauchten schon Häuser auf, Siedlungen, die den nahen Ort ankündigten.
    »Und wenn er vorher aufwacht?« fragte Mulanow leise, als sie Karsanow in einfache Decken rollten, nachdem sie ihm auch noch seinen Pelzmantel angezogen hatten.
    »Dann habe ich verloren.«
    »Das kostet Sie fünfundzwanzig Jahre Zwangsarbeit!«
    »Ich weiß.« Forster zog Milda Tichonowna an sich. »Sie ist es mir wert, Boris Fedorowitsch.«
    In Iman hielt der Transsib gerade so lange, um Karsanow aus dem Zug zu heben.
    Vier Männer des Sanitätsdienstes übernahmen das lange Bündel und trugen es zu einem Ambulanzwagen.
    Mulanow sprach mit dem Sanitätsfahrer und erklärte ihm, welche starke nervliche Anspannung den Genossen Oberst umgeworfen hatte. Zur Information für den Arzt: man solle Karsanow in Ruhe schlafen lassen, sein Herz sei gut. Er brauche nur Ruhe …
    Als der Sanitätswagen abfuhr, stand der General am Fenster seines Abteils und grüßte stramm. Wenn er auch ein schlapper Kerl war, dieser Karsanow … er war immerhin im Kampf zusammengebrochen …
    »Jetzt beginnt das große Zittern«, sagte Forster.
    Der Zug fuhr an, das Stationsgebäude von Iman entschwand, der Wald rückte wieder näher.
    Auf der anderen Seite des Zuges fuhren sie nahe am Ussuri vorbei. Ein in das Land hineingelegtes, glitzerndes, bläuliches Eisband.
    »Wie lange noch bis Wladiwostok, Mulanow?«
    »Knapp vier Stunden …«
    »Wenn sie in Iman merken, daß er nur mit Morphium sediert ist, werden sie ihn mit Gegeninjektionen wieder ans Licht holen!«
    »Merkt man das denn?« fragte Mulanow nachdenklich.
    »Ein guter Arzt sofort …«
    »Wir haben in Rußland sehr gute Ärzte.«
    »Warten wir es ab.« Forster gab Mulanow die Hand. »Wenn in Wladiwostok eine Menge Miliz auf dem Bahnsteig steht, wissen wir es genau. Ich kann Ihnen nur danken, Boris Fedorowitsch. Von ganzem Herzen danken!«
    Darauf sagte Mulanow etwas, was Forster sehr erstaunte:
    »Ich habe es wegen Klaschka getan, Werner Antonowitsch. Ich war es ihr schuldig. Nicht Ihretwegen, so gut Sie mir auch gefallen. Und Milda Tichonowna? Ein schreckliches Schicksal, gewiß. Sie ist zerbrochen worden und hatte noch gar nicht angefangen zu leben. Für Milda habe ich es auch ein wenig getan, doch, doch! Aber wo käme man hin, wenn man sich an das Schicksal jedes Menschen hängen würde? Man käme überhaupt nicht mehr zu seinen eigenen Problemen! Nein, das geht nicht. Aber hier, in diesem Abteil, hat Klaschka zu mir gesagt: ›Boris Fedorowitsch, kümmere dich um Mildaschka, wenn der widerliche Karsanow es fertigbringt, mich aus dem Zug zu entfernen, bevor wir in Wladiwostok sind.‹ Sie ist entfernt worden – und ich habe ein Versprechen einzulösen – das ist alles!«
    »Trotzdem danke ich Ihnen, Mulanow.«
    »Sie wollen Milda noch immer heiraten?«
    »Aber ja! Wozu sonst dieses ganze Risiko?«
    »Dann wird es in Wladiwostok von neuem mit Ihnen losgehen.« Mulanow kratzte sich die Nase. Neben ihnen flog glitzernd der Ussuri vorbei.
    Auf dem Eis des zugefrorenen Stroms standen in Gruppen dicke, dunkle massige Stahlwürfel. Panzer!
    Gegenüber lag China … auch hier lauerten sie mit schußbereiten Kanonen, und auch hier hatten sich Bataillone in das Ufergestrüpp gegraben.
    Es gibt kaum einen Fleck auf dieser Welt, dachte Forster, wo sich die Menschen nicht totschlagen …
    »Wie wollen Sie mit Milda, die keine Ausreiseerlaubnis hat, nach Japan kommen?«
    »Mit dem Schiff.«
    »Vor jedem Schiff sind Kontrollen! Es ist völlig aussichtslos, Werner Antonowitsch, hoffen Sie nur nicht etwa auf einen gefälschten Paß! Bloß das nicht! Wenn Ihnen jemand im Hafen ein solches Papier anbietet, treten Sie diesen Jemand in den Hintern! Die meisten fallen damit rein, und das Geschäft machen nur die Händler! Außerdem wird Karsanow sicher wach sein und hat längst die Miliz in Wladiwostok alarmiert. Er weiß doch
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