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Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Titel: Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
Autoren: Alexandra Potter
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seinen erbärmlich schlechten englischen Akzent zu lachen.
    »Wenn du meinst.« Nickend bemühe ich mich, ein tapferes Gesicht aufzusetzen. Ich will schließlich nicht sein romantisches Geschenk versauen mit meinen düsteren Zukunftsvisionen, aber meine Befürchtungen hängen wie eine dicke, dunkle Wolke über mir und warten nur darauf, endlich mit Donner, Blitz und Hagelschlag niederzugehen.
    »Wenn ihr zusammenbleiben wollt, könnt ihr für immer zusammenbleiben.«
    Ich drehe mich zu dem alten Italiener um, der uns nachdenklich anschaut.
    »Das ist leider nicht so einfach …«, setze ich an zu erklären, doch er unterbricht mich.
    »Nein, es ist ganz einfach«, erklärt er entschieden. »Ihr wollt wirklich zusammenbleiben?«
    Nathaniel legt den Kopf zur Seite, als denke er darüber nach. »Ähm … was meinst du?«, fragt er mich mit einem schelmischen Grinsen, und ich boxe ihn spielerisch in die Seite. »Mhm, ich glaube, das war ein Ja. Wollen wir.« Grinsend wendet er sich wieder an den Markthändler.
    »Nun, dann …« Der alte Mann zuckt mit den Schultern und pafft an seiner Zigarre.
    »Wir müssen wieder nach Hause«, erkläre ich.
    »Und wo ist das?«
    Nathaniel zieht mich fester an sich. »Lucy wohnt in England …«
    »Und Nate kommt aus Amerika«, vollende ich den Satz.
    »Aber nun seid ihr beide in Venezia «, entgegnet er anscheinend völlig unbeeindruckt. »Ihr müsst euch nicht trennen, wenn ihr von hier weggeht. Ihr könnt für immer zusammenbleiben.«
    Doch ein liebenswerter alter Mann, überlege ich. Und ein ziemlich altmodischer Romantiker.
    »Ich wünschte, es wäre so.« Ich zwinge mich zu einem Lachen und drücke Nates Hand. »Aber das geht leider nicht.«
    Unvermittelt lacht der Italiener laut auf. »Nein! Nein! Natürlich ist das möglich «, ruft er und schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch. »Kennt ihr denn nicht die Legende von der Seufzerbrücke?«
    Nathaniel runzelt die Stirn. »Sie meinen die Brücke hier in Venedig?«
    »Ja. Genau die! Die meine ich!«, tönt er ganz aufgeregt.
    »Warum, was besagt denn die Legende?«, frage ich mit plötzlich erwachendem Interesse.
    Wie ein Zauberer, der auf den Trommelwirbel wartet, ehe er das Kaninchen aus dem Hut zieht, legt der alte Mann eine kleine Kunstpause ein. Erst als wir beide still sind, macht er wieder den Mund auf. »Die Geschichte kennt hier jedes Kind«, erklärt er ernst. Er redet mit gedämpfter, ehrfürchtig flüsternder Stimme, wie man sonst nur in Kirchen und Museen redet, und ich muss mir ein Kichern verkneifen. »Es heißt, wenn man sich bei Sonnenuntergang in einer Gondel unter der Brücke küsst, während die Kirchenglocken läuten …«
    »Wow, die hängen die Latte aber ganz schön hoch«, wispert Nathaniel mir witzelnd ins Ohr, aber ich wedele ihn fort wie eine lästige Fliege.
    »Ja?«, fordere ich den alten Mann auf fortzufahren. »Was ist dann?«
    Er zieht an seiner Zigarre und pustet eine dicke Rauchwolke aus. Sie wabert über sein Gesicht wie eine Nebelwand. Als sie sich wieder verflüchtigt hat, schaut er mich mit seinen dunklen Augen durchdringend an, und trotz der drückenden Hitze läuft es mir eiskalt den Rücken herunter, und ich bekomme eine Gänsehaut. Er beugt sich noch weiter vor, und seine Stimme ist kaum mehr als ein Wispern. »Man ist in ewiger, immerwährender Liebe miteinander verbunden. Man bleibt für alle Zeiten zusammen, und nichts« – sein Blick zuckt kurz rüber zu Nathaniel, dann kehrt er wieder zu mir zurück – »nichts kann die Liebenden je wieder trennen.«
    »Nichts?«, wiederhole ich mit kaum hörbarer Stimme.
    »Niente.« Er nickt, augenscheinlich felsenfest von seiner eigenen Geschichte überzeugt. »Man ist für immer miteinander verbunden, in alle Ewigkeit.«
    Nervös lache ich auf und drücke die Münze an meine erhitzte Brust.
    »Also, es gefällt Ihnen, ja?« Er weist auf die Halskette.
    »Oh … ähm … ja.« Nickend kehre ich wieder in die Realität zurück.
    Er lächelt und hält uns das Wechselgeld hin, und als ich es annehme, streifen seine schleifpapierrauen Hände meine Finger.
    »Grazie« , flüstere ich und bedanke mich mit einem der wenigen italienischen Wörter, die ich bisher gelernt habe.
    »Prego.« Mit einem herzlichen Lächeln fasst er sich an den Hut.
    Dann legt Nathaniel mir den Arm um die Schultern, und wir drehen uns um und schlendern durch das Gewirr der Marktbuden davon, als wir den alten Italiener hinter uns herrufen hören: »Denkt daran,
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