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Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Titel: Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
Autoren: Alexandra Potter
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Renaissancemalerei befasst habe, erschöpfen sich meine Italienischkenntnisse immer noch in »bitte«, »danke« und »Leonardo da Vinci«.
    »Inglese?«
    »Ja.« Nickend erwidere ich seinen Blick.
    Seine Augen funkeln spitzbübisch. »Was macht denn ein hübsches Mädchen wie Sie hier ganz allein?« Er lächelt und entblößt dabei von langjährigem Zigarrerauchen vergilbte
Schneidezähne. Er greift nach seiner Zigarre, die neben ihm in einem Aschenbecher liegt, und zieht genüsslich daran.
    »Oh, ich bin gar nicht allein hier.« Mit einem Kopfschütteln weise ich auf Nate, der sich gerade die Maske einpacken lässt. Die klemmt er sich dann unter den Arm, kommt zu uns herüberspaziert und legt mir ganz nonchalant den Arm um die Schultern.
    »Ach, noch mal jung zu sein und so verliebt.« Der alte Mann nickt zustimmend, und Nate und ich schauen uns an und grinsen verlegen. »Ich habe genau das Richtige für euch beide.«
    Als wir uns wieder zu ihm umdrehen, sehen wir, dass er uns etwas hinhält, das aussieht wie eine alte Münze.
    Leicht verwirrt schaue ich ihn an. »Ähm … danke«, murmele ich lächelnd und frage mich noch, was er sich dabei wohl gedacht hat, als mir plötzlich ein Licht aufgeht. Ach du lieber Himmel, er will uns Geld geben. Sehen wir so abgerissen aus? Gut, wir sind beide Studenten, und Nate sieht ein bisschen gammelig aus in seiner abgewetzten, löchrigen Jeans, und mein Kleid hat auch schon bessere Tage gesehen, aber trotzdem. »Danke, das ist nicht nötig«, will ich schon hastig erklären und Nate schnell am Arm wegziehen, als der alte Mann die Münze in eine kleine Maschine einspannt und sie entzweibricht.
    Wir schauen zu, wie er anschließend in jede der beiden Hälften ein Loch stanzt, durch das er dann eine Lederkordel fädelt. Siegesgewiss hält er sie schließlich hoch und lässt die beiden Münzhälften baumeln wie zwei Anhänger. »Für euch.« Er lächelt. »Weil ihr wie die Münze seid«, erklärt er. »Zwei Hälften eines Ganzen.«
    Fasziniert betrachte ich die gezackten Kanten der beiden halben Münzen, die aussehen wie zwei Puzzleteile. Für sich gesehen ist jede bloß eine halbe zerbrochene Münze, aber zusammen ergeben sie ein nahtloses Ganzes.
    »Wow, wie romantisch«, murmele ich an Nathaniel gewandt, der mich beobachtet hat und mich nun belustigt angrinst. »Was? Findest du nicht?«, kreische ich empört und stupse ihn mit dem Ellbogen in die Rippen.
    »Klar ist es romantisch«, meint er lachend. »Ich nenne dich doch sowieso immer ›meine bessere Hälfte‹, oder etwa nicht?«
    »Nur dreitausend Lire«, sagt der alte Mann.
    Als ich mich umdrehe, sehe ich, wie er erwartungsvoll die Hand ausstreckt.
    »Auch Romantik hat ihren Preis«, spöttelt Nathaniel spitz und kramt sein Portemonnaie heraus.
    Und da habe ich Dummchen den alten Mann die ganze Zeit für einen verkappten Romantiker gehalten, dabei wollte er uns bloß was aufschwatzen, wie ich nun einsehen muss. Ich komme mir ziemlich blöd vor. Ehrlich, ich falle aber auch auf jeden sentimentalen Quatsch rein. Doch noch ehe ich etwas einwenden kann, hat Nathaniel ihm auch schon einen Geldschein in die Hand gedrückt und streift sich einen der beiden Anhänger über den Kopf.
    »Siehst du, jetzt kann uns nichts mehr trennen«, witzelt er und legt mir die andere Münzhälfte um den Hals. »Wo du auch hingehst, ich folge dir.«
    Trotz seiner humoristischen Einlage verfinstert sich meine Laune schlagartig. In ein paar Wochen müssen wir Italien schon wieder verlassen und beide an unsere Colleges zurückkehren, ich nach England, er in die USA, und davor graut es mir schon jetzt. Seit wir uns kennengelernt haben, schwebt diese bevorstehende Trennung über mir wie ein Damoklesschwert, und ich zähle bereits die Tage, die uns noch bleiben, ehe jeder wieder seiner eigenen Wege geht.
    »Hey!« Als er mein langes Gesicht sieht, nimmt Nate mich fest in den Arm. »Wir kriegen das schon hin, was sind denn schon ein paar tausend Kilometer«, tröstet er mich, weil er
gleich erraten hat, was mich bedrückt. »Wir können uns schreiben. Ich rufe dich an …«
    Ich muss an meine Studentenbude in Manchester denken. Da habe ich nicht mal einen Festnetzanschluss, geschweige denn ein Handy, und Briefeschreiben mag zwar in alten Büchern sehr romantisch klingen, aber im wahren Leben sind sie kein Ersatz dafür, das Gesicht an seinen Hals zu schmiegen, sich am Sonntagnachmittag eine Riesenportion Pistazien- Gelato mit ihm zu teilen oder über
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