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Traeume wie Samt

Traeume wie Samt

Titel: Traeume wie Samt
Autoren: Jayne Ann Krentz
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diesen Köder anzubeißen.
    Als Harry nach unten gefahren war, um das mysteriöse Auto zu begutachten, hatte er nicht geahnt, daß er in einer Großraumlimousine entführt werden würde, die Brandon für diesen Abend gemietet hatte. Molly hatte einige angstvolle Augenblicke erlebt, aber da Harry und Josh nicht in die Wohnung zurückgekehrt waren, schien der Plan gelungen zu sein. Zufrieden mit dem vielversprechenden Anfang hatte sie das Geschirr zu Ende gespült und sich eben mit einem Buch auf dem Sofa zusammengerollt, als Olivia an der Tür geklingelt hatte. Soweit Molly verstanden hatte, wollte Olivia sich nur unterhalten.
    »Sind Sie nicht beunruhigt, daß er nie gesagt hat, er liebe Sie?« fragte Olivia.
    »Irgendwann wird er es tun.« Zumindest hoffte Molly, daß Harry eines Tages seine Gefühle für sie als Liebe erkennen würde. »Harry handelt in seinem eigenen Rhythmus und auf eigene Weise. Er ist anders.«
    »Das sagten Sie bereits.«
    »Und es ist wahr.« Molly lächelte über den Rand der Teetasse. »Ich stamme aus einer Familie, deren Mitglieder immer etwas anders waren. Deshalb erkenne ich Menschen dieser Art.«
    »Ja, aber Harrys Anderssein, wie Sie es nennen, geht ziemlich tief.«
    »Olivia, erlauben Sie mir eine persönliche Frage?«
    Für einen Moment erschien Unbehagen in Olivias Zügen. »Worum geht es?«
    »Weshalb fühlten Sie sich zu Harry hingezogen? Sie paßten nicht sehr gut zusammen.«
    Olivia seufzte. »Sie mögen mir nicht glauben, aber am Anfang dachte ich wirklich, wir wären ein gutes Paar. Ich habe Harry auf einem Empfang im Anschluß an einen Vortrag kennengelernt, den er gehalten hatte. Es ging um den Beitrag der Aufklärung des achtzehnten Jahrhunderts zur Entwicklung der Psychologie.«
    »Sie nahmen an, es gäbe Gemeinsamkeiten zwischen Ihnen?«
    »Nun, ja.« Olivia runzelte die Stirn. »Harry genießt einen ausgezeichneten Ruf als Wissenschaftler. Er ist intelligent, gebildet und schien emotional ausgeglichen zu sein. Zumindest am Anfang.«
    »Ah, ich verstehe. Seine berüchtigte Selbstkontrolle.« Molly lächelte. »Wann haben Sie entdeckt, daß dahinter ein Abgrund brodelnder Leidenschaft und dunkler Begierden lauert?«
    Olivia sah Molly verständnislos an. »Wie bitte?«
    »Ach, nichts. Ich ziehe Sie nur auf. Wann fanden Sie heraus, daß Sie beide nicht füreinander geschaffen sind?«
    Olivia rückte in ihrem Sessel umher. »Wollen Sie das tatsächlich wissen?«
    »Unbedingt. Ich sterbe vor Neugier.«
    »Um ehrlich zu sein«, begann Olivia, »erkannte ich sehr schnell, daß Harry unter einer ernsthaften emotionalen Störung leidet, die in therapeutische Behandlung gehört. Vorher ist er nicht fähig, eine gesunde, normale Beziehung zu einer Frau zu haben.«
    »Hm.«
    »Ich habe es versucht«, sagte Olivia mit grimmigem Ernst. »Der Himmel weiß, wie sehr. Er wollte nicht mit mir sprechen. Eine Beratung oder Therapie hat er ebenfalls abgelehnt. Ich habe ihm gesagt, daß es heute Medikamente gibt, die ihm helfen könnten. Aber er weigerte sich sogar, mit einem Arzt darüber zu sprechen. Und dann …«
    »Dann was?«
    »Nun, er begann mich nervös zu machen, wenn Sie die Wahrheit hören wollen.«
    »Warum?«
    Olivia blickte in die Nacht hinaus. »Ich hatte das Gefühl, er wollte etwas von mir, das ich ihm nicht einmal ansatzweise geben konnte. Ich wußte nicht einmal, was es war, geschweige denn, wie ich es ihm geben sollte.«
    »Was wollten Sie von ihm?« fragte Molly.
    Olivia warf ihr einen kurzen, prüfenden Blick zu. »Eine gesunde, ausgeglichene, beiderseits zufriedenstellende Beziehung natürlich. Eine Ehe, die auf Respekt, Vertrauen und Gleichwertigkeit beruht.«
    »Und Sie glaubten nicht, dies bei Harry finden zu können?« fragte Molly.
    »Es war unmöglich. Harry …« Olivia suchte nach den richtigen Worten. »Am Anfang schien Harry so beherrscht. Aber gegen Ende unseres Verlöbnisses wurde er zum Fremden. Er begann mich zu überwältigen. «
    »Sie zu überwältigen?«
    »Es ist schwierig zu erklären. Ich selbst habe es nie wirklich verstanden. Dieses spezielle Syndrom ist mir während meiner klinischen Praxis noch nie begegnet, und während meines Studiums habe ich auch nichts darüber gelernt. Ich bin sicher, daß sein seltsames Verhalten das Ergebnis einer posttraumatischen Störung ist, aber was genau vorging, war mir nicht klar. Ich bekam große Angst und wußte, daß ich die Beziehung aufgeben mußte.«
    »Und Brandon stand bereit, um Sie zu retten?«
    In
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