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Traeume ernten

Traeume ernten

Titel: Traeume ernten
Autoren: Lidewij van Wilgen
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Platz neben Marijn, der Beginn einer unzerstörbaren Allianz.
    Ich bin zu einem Mitglied der bunten Schar geworden, die sich in die schmalen Straßen von Haarlem ergießt, diesem Heer von hippen, jungen Müttern. So vorhersehbar wie der Zug der Forellen sind wir aus Amsterdam herübergezogen, um hier unsere Brut großzuziehen – wir tragen hohe Stiefel, kurze Jacken und fahren ein Bakfiets, also ein Fahrrad mit einem Holzaufbau, mit dem wir unsere fröhlich gekleideten Kinder transportieren.
    Â»Kannst du dich nicht einfach mal ruhig hinsetzen?«, fragt Simone, als sie freitags auf einen Kaffee vorbeikommt. Natürlich nicht, ich muss in die Stadt, ich muss einen Strampler kaufen oder umtauschen, ich muss mit Miriam und Annemiek Kaffee trinken, Marijn braucht eine Rassel oder ihr erstes Holzpuzzle. Ich parke mein Bakfiets vor dem Geschäft mit dem pädagogisch wertvollen Spielzeug und treffe dort dieselben Frauen wie in der Stadt.
    Sobald das Wetter es zulässt, fahren Aad und ich mit den Kindern an den Strand. Wir trinken Kakao am Kamin des Strandpavillons »Parnassia« oder sitzen an den langen Sommerabenden auf der Terrasse des Strandcafés »Zeezicht«. Marijn spielt mit einem anderen Kind, Fiene kuschelt sich warm in meine Arme. Ich schaue Aad in die Augen, das Licht ist golden und legt einen weichen Glanz auf seine Haut, ein sanfter Wind streichelt sein sonnengebleichtes Haar. Ich lehne mich zu ihm hinüber und küsse ihn lange auf den Mund. Alles ist gut, das ist Glück, dessen bin ich mir mehr als bewusst. Ich weiß sehr genau, was für ein Luxus es ist, Teil einer Familie wie der unseren zu sein, mit einem Mann zusammenzuleben, ohne es in Zweifel ziehen zu müssen.
    Können Dinge zu perfekt sein? Die Pyramide von Maslov: Wenn alle Basisbedürfnisse befriedigt sind, möchte man sich weiterentwickeln. Waren wir damals verwöhnt? Oder ist es eine Tatsache, die wir nicht ignorieren können? Auf einmal ist jedenfalls diese Unruhe wieder da, die wir auch nach unserem Segelurlaub empfunden hatten. Es fällt uns vor allem auf, wenn wir im Auto sitzen: All die Orte unserer Jugend, die Wiesen, über die wir als Kinder gerannt sind, das Feld hinter dem Entenstall, an all diesen Stellen sind Neubauviertel aus dem Boden geschossen. Die vertraute Landschaft entlang der Autobahn ist inzwischen ein einziges Industriegelände, an dem wir langsam vorbeischleichen, während wir im Stau stehen. Rex und Anneke verlassen ihren Bauernhof auf der Flucht vor einem sich nähernden Wohngebiet, das die Aussicht auf die Weiden hinter ihrem Haus auf eine kaum mehr wahrnehmbare Erinnerung reduziert. Carlas Aussicht über die Friesischen Seen wird inzwischen von einem langweiligen Ferienpark voller Autos mit deutschen Kennzeichen versperrt. Selbst auf dem Wasser finden wir das Gefühl der Freiheit nicht wieder, das wir früher noch hatten. »Es kommt mir so vor, als ob inzwischen jeder ein Boot besitzt«, beschwert sich Aad, als er seinen Kurs zum fünften Mal ändern muss.
    Es ist wie eine tickende Uhr – man kann das Geräusch eine Zeit lang ignorieren, aber sobald man sich einmal darauf konzentriert, hört man es ständig.
    Mit einer Tasse Tee in der Hand lehne ich mich gegen die Arbeitsplatte aus Granit in der Küche von Mariël, einer jungen Frau aus unserer Nachbarschaft. Sie hat dichtes blondes Haar, zwei kleine Kinder, einen Mann mit einem hervorragenden Gehalt und arbeitet selbst an drei Vormittagen in einem Architekturbüro. »Das kommt also alles raus?«, frage ich ungläubig. »Ja, natürlich«, sagt sie und wirft einen genervten Blick auf ihre Küchenschränke. »Dieses helle Holz, das hat man jetzt einfach nicht mehr! Ich weiß, dass das alles erst zwei Jahre alt ist, aber Wenge-Holz finde ich inzwischen schöner. Und dann können wir auch gleich die Kücheninsel mit dem AGA -Herd einbauen lassen.«
    Wir werden immer häufiger zu Grillpartys in der Nachbarschaft eingeladen. »Schon im Internet nachgeguckt?«, fragen die Männer einander: »Was ist dein Haus inzwischen wert?«
    Â»Ah, Westerhoutpark!«, sagen die Leute, wenn ich mich vorstelle und erzähle, wo ich wohne, und finden mich offensichtlich sofort sympathischer. Doch die Enttäuschung ist groß, wenn sie hören, dass ich auf der Innenseite wohne. »Aber dann hast du sicher einen großen Garten?«
    Ich
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