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0411 - Der Steinzeit-Magier

0411 - Der Steinzeit-Magier

Titel: 0411 - Der Steinzeit-Magier
Autoren: Werner Kurt Giesa
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»Doktor…?«
    Wolfhart Garling, 22-jähriger Student der Archäologie an der Universität Stuttgart, hob den Kopf, als er von seinem Dozenten keine Antwort bekam, der mit einem kleinen Studenten am Bodensee Ausgrabungen vornahm. Garling sah in die Richtung, wo er Dr. Eilert eben noch gesehen hatte, wie er einen Schädelfund freilegte. Er hatte Dr. Eilert etwas murmeln gehört.
    Und da war ganz kurz so ein eigenartiges Flimmern in der Luft gewesen, das aber sofort wieder verschwunden war. Aber so heiß war es doch gar nicht, daß hier am Seeufer die Luft flimmerte…?
    Da sah Garling den Wilden.
    Der stand da, wo eigentlich Dr. Eilert sein sollte, nur ein paar Meter von der flachen Grube entfernt, und sah sich scheinbar verwirrt um. Garling konnte den Mann mit dem schulterlangen, verfilzten Haar und dem wild wuchernden Bart gut verstehen, daß der nur in einer Art Lendenschurz herumlief. Heiß genug war es immerhin. Aber zu suchen hatte der seltsame Typ hier trotzdem nichts. Der war imstande und zertrampelte alles, was die Archäologen freigelegt hatten, mit seinen breiten Füßen. Und eine Axt mit bronzener Klinge hielt er auch in der Hand. Wo hatte er die aufgetrieben?
    Im Museum geklaut? Hier gefunden konnte er sie nicht haben. Bronze-Werkzeuge und -Waffen waren bislang noch nicht entdeckt worden.
    Über der Schulter des als Steinzeitmensch kostümierten hing ein Langbogen mit einem ledernen Pfeilköcher. Beides sah recht handgemacht aus. Der Mann verstand etwas vom Fach und hatte sich recht stilecht ausstaffiert, nur war er mit seinem dummen Scherz bei den Archäologen an der falschen Adresse.
    »Sie! Was machen Sie hier?« stieß Garling hervor.
    Drei Meter neben ihm richtete sich Anke Grieshuber von ihrer Arbeit auf, durch Garlings Frage aufmerksam geworden. Sie sah den Kostümierten – und lachte.
    »Was ist das denn für ein Scherzbold?« fragte sie kopfschüttelnd. Sie kletterte aus dem flachen, schmalen Graben und sah den Fremden an. »Junge, du bist vielleicht ’ne Type… Hat dir schon mal einer erzählt, daß Fasching seit einem halben Jahr vorbei ist?«
    Der Steinzeitmensch gab fremdartig klingende, abgehackte Laute von sich. Er sah sich wie gehetzt um, verwirrt, orientierungslos. Angesichts der beiden Archäologie-Studenten hob er seine Bronzeklingen-Axt drohend an. Aber in seinem Gesicht war auch Angst zu erkennen.
    »Der spielt seine Rolle aber perfekt, was, Wolfie?«
    »Nenn mich nicht immer Wolfie«, knurrte Wolfhart Garling. »Der Typ hat doch ’ne Meise unterm Pony! Kannst du mir sagen, wo Eilert ist, verflixt noch mal? Der war doch gerade noch hier und hat einen Schädel ausgegraben…«
    »Bist du sicher? Dann müßte er sich ja in Luft aufgelöst haben.«
    Garling spähte in die gut metertiefe Grube, in der Dr. Eilert gearbeitet hatte. Der Dozent lag nicht ausgestreckt darin. Der Wilde hatte ihn also nicht mit der Axt niedergeschlagen, wie Garling sekundenlang befürchtet hatte. Aber wohin war der Archäologe dann so blitzschnell verschwunden?
    »Vielleicht hat er Maske gemacht und sich als bronzezeitlicher Ureinwohner verkleidet. Hallo, Doktor, die Maske ist einfach perfekt und…«
    »Rede nicht solchen Stuß!« fuhr Garling seine Kommilitonin an. »Hier stimmt doch was nicht.«
    Der Wilde, mit abwehrend erhobener Axt, wich schrittweise zurück. Garling folgte ihm langsam.
    »Komm, Mann«, sagte er. »Hör auf mit dem Theater. Wenn du uns auf den Arm nehmen willst, okay, aber jetzt ist die Show vorbei. Du hast deinen Spaß gehabt, okay?«
    Wieder stieß der Wilde seltsame Laute hervor. Garling fragte sich, was das alles sollte. Eilert konnte doch gar nicht verschwunden sein. Der Schädel, den er freigelegt hatte, lag immer noch in der Grube. Also mußte auch der Ausgrabungsleiter hier sein. Gerade fünf Meter entfernt befand sich sein Arbeitsplatz, und ringsum war freie Fläche. Die konnte er nicht in wenigen Sekunden überbrücken. Außerdem war Dr. Horst Eilert ein zu ernsthafter Mensch, als daß er sich einen Scherz dieser Art mit seinen Studenten oder anderen Menschen erlaubt oder dabei auf irgendeine Weise mitgewirkt hätte.
    Garlings Augen wurden schmal. Irgendwie begriff er, daß das Verschwinden des Archäologen und das Erscheinen dieses Komikers miteinander zu tun hatten. Bloß in welcher Form, war ihm unklar.
    Er marschierte auf den Wilden zu, um ihn zur Rede zu stellen. Der wich weiter zurück, wandte sich um und begann zu laufen, zur Straße hinüber, die jenseits der kleinen
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