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Traeume ernten

Traeume ernten

Titel: Traeume ernten
Autoren: Lidewij van Wilgen
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Dorf leihen können. Ich miete Damast-Tischdecken, tue über Bekannte einen DJ aus Paris auf, leihe eine runde Bar, die ich vor das Haus stelle, und eine Zapfanlage.
    Raymond, der eine Wein- und Tapasbar in Roquebrun hat, erklärt sich bereit, an diesem Abend einen großen Räucherschinken für die Gäste aufzuschneiden. »Den Schinken zum Einkaufspreis und mich gratis dazu.« Die türkischen Frauen aus dem Dorf kommen mit drei Autos auf dem Parkplatz an – viele Hände arbeiten an der größten Schale mit gefüllten Weinblättern, die ich je gesehen habe.
    Â»Liebling, wie viele Leute kommen eigentlich?«, fragt Simone besorgt. Auf der Gästeliste stehen über 100 Personen, von denen immer mehr zusagen. Miriam und Annemiek fliegen zusammen, Anne kommt aus Paris, Rex und Anneke werden da sein, Michiel und Sharon, aber auch alle neuen Freunde aus der Gegend, die Vinifilles . Zusammen mit Fiene, Marijn und Laartje plane ich den Abend bis ins Detail. Es fühlt sich unglaublich toll an, dass so viele Menschen diesen Moment mit uns teilen wollen. Ein Lebensabschnitt geht zu Ende, etwas Neues kann beginnen.
    Â»Kommt Olivier eigentlich auch?«, fragt Marijn.
    Samstagmittag – die Tabletts sind gefüllt mit kleinen durchsichtigen Bechern aus dem Gastronomie-Großhandel. Anne hat unglaubliche Mengen Mousse au Chocolat vorbereitet, die Miriam und Annemiek mit schwindender Begeisterung in die Becher füllen. »Mein Gott, ist das viel!«, sagt Annemiek, als sie das dritte Tablett in den Kühlschrank stellt.
    Währenddessen unterhalten Miriam und Annemiek sich auf Englisch mit Anne – die drei sehen sich zum ersten Mal, aber sie können problemlos auf eine Wirklichkeit zurückgreifen, die jeder von ihnen kennt.
    Mit Simone, Fiene und Marijn schaffe ich große Schalen dreifarbiger Pasta und Quiches mit Brokkoli und Cashew-Nüssen auf den Wohnzimmertisch. Es gibt riesige Brote, die türkischen Frauen haben einen unglaublichen Berg Taboulé und Stapel Baklava gezaubert. Draußen höre ich das tiefe Lachen von Rex, der zusammen mit Michiel die Zapfanlage anschließt. Laartje rennt über den Kies.
    Und wieder habe ich das Gefühl, dass alles ganz genau so ist, wie es sein muss.
    Die Firma »Okhuysen« fährt mit einem großen Bus auf den Parkplatz. Es ist sonderbar und doch zugleich vollkommen selbstverständlich, sie plötzlich alle hier auf dem Weingut zu sehen. Jetzt laufen sie also durch das Foto, das sie schon jahrelang aus dem Katalog des Weinhandels »Okhuysen« kennen. Ich freue mich, ihnen noch die Weingärten zeigen zu können. Schließlich gehe ich schnell nach oben, um mir ein Kleid anzuziehen und mein zerzaustes Haar aufzustecken.
    Als ich wieder hinunterkomme, hat das Fest bereits begonnen. Claire aus dem Dorf, die mit Marijn in die Grundschule gegangen ist, steht mit einer Freundin hinter der Bar. Sie sieht professionell aus in der Kleidung der Hotelfachschule, routiniert öffnet sie eine Flasche Rosé. Xavier van Okhuysen unterhält sich mit Mike von »Vintage ’59«, im Hintergrund schneidet Raymond große Scheiben von dem Schinken, der in einer Halterung vor ihm steht. Die Vinifilles kommen mit Schalen voller Anchoïade und selbstgemachten Torten. Louis, Xavier van Okhuysens Vater, überreicht mir eine Flasche Wein, die sofort zur wertvollsten in meiner Sammlung wird.
    Als ich schließlich an die Bar zurückgehe, sehe ich ihn plötzlich. Dort steht er, oben an der Treppe. Sofort merke ich, wie ein breites Lächeln mein Gesicht überzieht und wie sich dieses Lächeln auf seinem Gesicht widerspiegelt. Ich gehe ihm entgegen.
    Â»Hier bin ich also«, sagt Olivier lächelnd, »und ich habe dir etwas mitgebracht. Jemand muss mir tragen helfen.« Zusammen mit Michiel laufen wir zum Eingangstor, wo sich eine bizarre, dunkle Form abzeichnet. Erst als wir dicht davorstehen, erkenne ich den großen Zitronenbaum, der über und über mit Früchten behangen ist. Ich stelle mir vor, wie er ihn in seinem Cabriolet von Montpellier aus hierher transportiert hat – ein Wunder, dass der Baum noch Blätter hat. Im Dunkeln nimmt Olivier meine Hand und zieht mich zu sich heran. »Natürlich ein sehr symbolisches Geschenk«, sagt er lachend, »dieser Baum soll widerspiegeln, was ich mir für unsere Beziehung erhoffe – er soll groß und stark werden und immer
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