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Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Titel: Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre
Autoren: Unbekannt
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dann vor das Haus, um das Land um die Schweineställe herum einmal wirklich zu betrachten. Es gibt ziemlich viel davon. Ich ver spürte einen Urtrieb, den Boden zu bestellen. Das ist mir noch nie zuvor passiert, einige der schlimmsten Stunden meiner Jugend wurden in Gartenzentren verbracht, wo ich hinter meiner Mutter hertrottete, die einen klirrenden Metalleinkaufswagen gegen die unschuldigen Beine vorbeilaufender Kunden rammte.
    Donnerstag, 17. April
    Lief mit Bernard zusammen einmal um unser Grundstück herum. Dann setzten wir uns an dem kleinen Bach auf einen umgestürzten Baumstamm, und Bernard rauchte eine Zigarette. Bisher hatte ich den Bach immer nur als Ärgernis betrachtet, als Verursacher von Überschwemmung, als Gefahr für Gracie und als teures Extrarisiko in unserer Hausratversicherung. Aber als ich nun das glitzernde Wasser so über das steinige Bett rauschen sah, entdeckte ich, dass er genau das Gegenteil war. Meine kleine Wasserstraße war ein höchst erfreulicher Pluspunkt. Das sagte ich auch zu Bernard.
    Daraufhin bückte er sich und schöpfte etwas Wasser mit den Händen. »Das ist Nektar, mein Freund«, sagte er, »das stellt diesen ganzen affigen Designerkram in den Schatten.« Er schöpfte auch etwas für mich. Es schmeckte ganz leicht nach Nikotin.
    Freitag, 18. April
    Habe die ganze Nacht Daisys alte Steppjacke umklammert. Sie riecht nach ihr – eine Mischung aus Parfüm und kaltem Zigarettenrauch. Als ich heute Morgen aufwachte, lag die Jacke auf dem Boden, und es roch nach gebratenem Speck, daher wusste ich, dass Bernard auf war. Ich ging ins Bad und sah in den Spiegel über dem Waschbecken; mein gespenstischer Zwilling blickte mich an. Er hatte ein hageres, blasses Gesicht und eine Glatze. Seine Augen waren dunkle Flecken. Laut sagte ich: »Daisy, Daisy, Daisy.«
    Als ich in die Küche kam, stand Bernard am Herd und schob mit einem Teelöffel Speck in der Pfanne herum. In der anderen Hand hielt er Das große Buch der Bäume .
    »Nach dem Frühstück, mein Freund, machen wir einen Spaziergang um das Grundstück und katalogisieren die Bäume«, sagte er.
    Plötzlich war es mir unheimlich wichtig, zu erfahren, wie alt Bernard war. Ich fragte ihn.
    »Geboren am Zweiten im Neunten, neunzehnsechsundvierzig«, antwortete er, ohne zu zögern. »Warum willst du das wissen, mein Sohn?«
    Ich konnte ihm ja schlecht die Wahrheit sagen – dass ich Angst hatte, er würde bald sterben –, also entgegnete ich: »Du bist genauso alt wie Joanna Lumley.«
    »Riesig«, sagte er.
    Nachmittag
    Mal abgesehen von den abscheulichen Leyland-Zypressen, die ich vorhabe, in naher Zukunft zu fällen, haben wir neununddreißig ausgewachsene Laubbäume.
    »Alles heimische englische Sorten, mein Freund«, sagte Bernard stolz.
    Samstag, 19. April
    Nigel und Lance’ Hochzeit
    Ging mit meiner Mutter, die meinen Vater im Rollstuhl schob, zu Fuß nach Fairfax Hall. Mein Vater grummelte vor sich hin, wenn Gott gewollt habe, dass zwei Männer einander heiraten, hätte er Jesus mit Johannes dem Täufer verheiratet. Meine Mutter und ich wechselten einen besorgten Blick. In letzter Zeit macht er ständig religiöse Anspielungen. Ist das ein Zeichen von Senilität? Wird er sich bald einbilden, es sei 1953, und seinen Tee nur noch aus einer Tasse mit Krönungsmotiv trinken?
    Unterwegs mussten wir mehrmals Rast machen und waren froh, als Fairfax Hall durch die Bäume zu erkennen war. Wir kamen noch rechtzeitig, um Nigel und Lance in einer von einem Chauffeur gesteuerten Limousine vorfahren zu sehen. In ihren hellblauen Anzügen im Partnerlook sahen sie gut aus, aber ich merkte, dass Nigel schlechte Laune hatte. Als ich ihn nach dem Grund fragte, erklärte er mir, dass Lance heute Morgen um halb acht kalte Füße bekommen habe und die Hochzeit absagen wollte.
    »Erzähl ihm auch, warum!«, verlangte Lance mit schriller Stimme.
    Nigel riss am Geschirr seines Hundes und zischte: »Ich hab nur gesagt: ›Steh bloß nicht mit weit offenem Mund vor dem Altar. Das sieht aus, als würdest du in einer betreuten Einrichtung wohnen.‹«
    »Woher weißt du denn, ob er den Mund offen hat?«, fragte ich.
    »Ich kann ihn atmen hören!«, fauchte Nigel. »Ich hatte ihn extra gebeten, vor der Hochzeit seine Polypen behandeln zu lassen.«
    Es war ein peinlicher Moment, aber meine Mutter rettete die Situation, indem sie erzählte, sie habe ebenfalls am Morgen ihrer Hochzeit einen Rückzieher machen wollen. »Am Abend vorher hat George mir gesagt,
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