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Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Titel: Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre
Autoren: Unbekannt
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kleiner Junge.
    »Was ist los?«, fragte er. »Ich verpasse meine Fernsehsendungen.«
    »Ich wollte mich bei dir für das bedanken, was du getan hast, als ich noch ein Baby war. Mum hat mir erzählt, sie sei überfordert gewesen.«
    Mein Vater wühlte in seiner Pyjamajacke nach seinen Zigaretten. Eine Rauchwolke ausstoßend sagte er: »Deine Mutter war damals sehr nervös, mein Sohn.« Er runzelte die Stirn. »Du kennst ja Norfolk, du hast diesen schrecklichen weiten Himmel gesehen, diese Felder, die sich endlos hinziehen – stell dir vor, da zu leben, mitten auf einem Kartoffel acker, ohne Flimmerkiste.« Er erschauerte. »Ist es da ein Wunder, dass deine Mutter keine guten Nerven hatte?«
    »Jedenfalls danke, Dad.« Ich tätschelte ihm die Schulter.
    »Ist schon gut. Ich mochte dich auf Anhieb, und ich wusste, deine Mutter würde letztendlich auch wieder zur Vernunft kommen.«
    Montag, 14. April
    Hatte Gracie nach dem Kindergarten. Ich habe ihr Lieblingsessen gekocht – gegrillte Maiskolben, Käsewürfel und süß eingelegte Silberzwiebeln. Jetzt, wo ich nicht mehr Vollzeit für sie verantwortlich bin, habe ich nichts dagegen, sie zu verwöhnen. Soll Daisy doch zusehen, wie sie Vitamine und Mineralien in das Kind bekommt.
    Fairfax-Lycett holte sie ab. Tagebuch, musste Gracie sich denn gar so freuen, ihn zu sehen?
    Dienstag, 15. April
    Mache mir Sorgen um Geld. Das Krankengeld reicht nicht für meine Hälfte der Hypothek, und Bernard wird bald weg sein, und mit ihm seine Pension.
    Ich saß gerade am Wohnzimmerfenster und schrieb, als ich Simon, den Pfarrer, in unsere Auffahrt einbiegen sah. Es regnete, und er hielt einen riesigen schwarzen Regenschirm über sich. Ich seufzte. Simon ist einer dieser Menschen, die einen zum Gähnen bringen, noch ehe sie den Mund aufgemacht haben.
    Zunächst machte er einen nervtötenden Wirbel darum, wo er seinen tropfenden Schirm und den nassen Mantel deponieren solle. Als das endlich alles geregelt war, sagte er: »Ich wollte schon länger mit Ihnen sprechen.«
    Also bat ich ihn in die Küche und setzte Wasser auf.
    »Sie wissen sicher«, begann er, »dass das Kirchendach sich in einem gefährlichen Zustand befindet und gänzlich ersetzt werden muss.«
    »Bevor Sie weitersprechen, Simon: Ich bin ein völlig mittelloser Atheist.«
    »Nein, nein, es geht mir nicht um Geld. Dafür ist es zu spät. Der Bischof hat drei Kostenvoranschläge eingeholt, und alle sind exorbitant. Die St.-Botolph-Kirche wird also säkularisiert und auf den freien Markt geworfen werden.«
    »Nein!«, sagte ich. »Sie darf doch keins dieser »Große Träume, große Häuser«-Fernsehprojekte werden! Sie ist so unheimlich schön – das Buntglas, die ausgetretenen Steinplatten, der alte Geruch!«
    Traurig entgegnete Simon: »Die leeren Gottesdienste, die eingefrorenen Wasserleitungen im Winter, die zum Erntedankfest gespendeten alten Konservendosen aus dem untersten Regal der Speisekammer.«
    Bei diesen Worten errötete ich leicht, weil mir einfiel, dass wir Gracie zum letzten Erntedankfest eine Dose gefüllte Weinblätter mitgegeben hatten, die wir vor ihrer Geburt am Flughafen von Athen gekauft hatten.
    »Ich wollte Sie nur warnen, weil Sie gesagt hatten, Sie würden so gern auf dem Friedhof von St. Botolph zur letzten Ruhe gebettet werden …«
    Ich versicherte ihm, ich würde mir eine andere Ruhestätte organisieren, wenn es so weit wäre, und dankte ihm dafür, mir Bescheid gegeben zu haben.
    Als ich Bernard von der Schließung der Kirche erzählte, sagte er: »Eine Schande. Wie du weißt, mein Freund, bin ich ein vollkommen unsentimentaler Agnostiker, aber St. Botolph war ein großartiger Ort, um sich mal hinzusetzen und in Ruhe nachzudenken.« Er zündete sich eine Zigarette an. »Manchmal spreche ich ein paar Worte mit diesem armen Kerl Jesus, der da an diesem grauenhaften Kreuz hängt.«
    »Und was sagst du zu ihm?«, fragte ich.
    »Meistens sage ich ›Kopf hoch, mein Freund‹.«
    Mittwoch, 16. April
    Herrlicher Sonnenschein und ein zartblauer Himmel. Ich lief bis zum Ende unserer Auffahrt und noch etwa fünfundzwanzig Meter auf der Gibbet Lane. Die Hecken blühten üppig und verströmten den schweren Duft von Rot- und Weißdorn, die Vögel machten jede Menge Lärm und waren emsig in den Bäumen mit irgendetwas beschäftigt. Am Seitenstreifen wiegten sich Gräser in der Brise, gemeinsam mit mir unbekannten Wildblumen. Ich fand einen langen Stock, stützte mich auf dem Rückweg darauf und setzte mich
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