Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totgekuesste leben laenger

Totgekuesste leben laenger

Titel: Totgekuesste leben laenger
Autoren: Kim Harrison
Vom Netzwerk:
ist!«
    Nakita stand auf, die Luft schimmerte, wo ihre Flügel sein sollten. »Ich weiß jetzt, wie es ist, den Tod zu fürchten, und trotzdem führe ich mein Leben nach dem Willen der Seraphim«, erklärte sie mit zitternder Stimme. »Ich lebe danach und du wirst danach sterben.«
    Kairos grinste höhnisch und tastete auf dem Tisch nach ihrem Amulett. »Wie das, Nakita? Du gehörst mir.«
    Da zog sie einen weißen Stein aus ihrem Gürtel, in schwarzen Draht gebettet und an einem einfachen Band befestigt. Er sah nicht aus wie das Amulett, das ich ihr im Wald zurückgegeben hatte. Kairos schüttelte den Kopf als sei er wertlos - bis sie mit dem Daumen darüberrieb und etwas, das wie Salz aussah, davon abfiel. Darunter kam ein schlichter schwarzer Stein zum Vorschein, in dem die Unendlichkeit glühte. Es war doch der Stein, den ich ihr zurückgegeben hatte. Als wäre ich ihre Hüterin gewesen. Ich hatte den Stein mit meinen Tränen befleckt - ihr ein Symbol meiner Trauer geschenkt und dafür gebüßt, dass ich die Reinheit ihrer Existenz zerstört hatte.
    Nakita schloss die Faust darum. »Ich erkenne dich an als meine neue Herrin«, sagte sie zu mir, doch ihr Furcht einflößender Gesichtsausdruck war für Kairos bestimmt.
    »Nein!«, kreischte ich und streckte die Hand aus, als ihr Schwert tiefschwarz aufschimmerte. Mit einem Sprung nach vorn stieß sie ihre Klinge glatt durch Kairos' Körper.
    Ron rannte ein paar Schritte vor, schrie entsetzt auf, aber es war zu spät. Sie hatte es getan.
    Kairos sah hinunter auf seine scheinbar unversehrte Mitte und blinzelte, als er den Blick wieder hob und ihn zunächst auf den violetten Stein, dann auf Nakitas Augen richtete. »Du hast uns verraten«, flüsterte er und brach zusammen.
    Nakita streckte den Arm aus und fing ihn sanft, beinahe liebevoll auf. Dann ließ sie den schwarzen Zeitwächter vorsichtig auf den glatten Boden sinken. »Es war Schicksal, Kairos«, flüsterte Nakita. Weinend zog sie die Hände zurück und schloss seine Augen, damit sie nicht zum Himmel aufsahen. »Die Seraphim haben bestimmt, dass sie deinen Platz übernimmt. Deine Zeit war um. Es gibt keinen Verrat. Nur Veränderung.«
    »Mein Gott!«, rief ich entsetzt. »Du hast ihn umgebracht! Wie konntest du nur …? Er ist tot!«
    Ron stöhnte auf vor Kummer. Panisch wirbelte ich zu ihm herum. Wenn Kairos wirklich tot war, dann bedeutete das - »Er ist nicht tot«, stammelte ich. »Sag, dass er nicht tot ist.«
    »Er ist tot«, sagte Ron. Plötzlich kniete Nakita vor mir und bot mir ihr Schwert dar. Erschrocken fuhr ich zurück.
    »Nein, Nakita!«, rief ich voller Panik.
    »Herrin«, beharrte sie. Schmerz spiegelte sich in ihrem zarten Gesicht. »Ich bin unvollkommen.« »Halt. Hör auf damit!«, rief ich und versuchte hektisch, sie zum Aufstehen zu bewegen. Sie war so wunderschön. Sie war ein Engel. Sie sollte nicht vor mir knien. »T…tu das nicht«, stotterte ich. »Ich bin nicht die schwarze Zeitwächterin.« Ich sah Ron an, der uns mit gefalteten Händen beobachtete.
    »Du bist die Wächterin der verborgenen Gerechtigkeit«, erklärte Nakita und lächelte mir zu. »Eingesetzt durch die Seraphim. Imstande, die Zeit zu durchqueren und sie nach deinem Willen zu krümmen.« »Nein, bin ich nicht!«, widersprach ich mit einem Blick auf Kairos' Leiche. Nakita hatte ihn einfach umgebracht!
    Ron seufzte, so schwer, dass ich es hören musste. »Doch, bist du.«
    Mein Blick wanderte zu ihm hinüber und ich erstarrte. Hinter ihm war eine Gestalt erschienen, schwer zu erkennen gegen die aufgehende Sonne. Ron folgte meinem Blick und drehte sich um. Ein erstickter Laut entfuhr ihm und er stolperte zur Seite. Es war ein Seraph. Es musste einer sein.
    »Blut ist im Hause eines Zeitwächters vergossen worden«, sagte der Seraph. Seine Stimme war melodisch und schmerzhaft zugleich. In ihr lagen die Macht der Gezeiten und die sanfte Liebkosung der Wellen am Strand und ich weinte fast, als ich sie hörte. Ich konnte sie nicht ertragen. Es war zu viel. »Ein Opfer, damit du mein Bitten erhörst.« Nakita stand mit geneigtem Kopf vor dem Seraphen. Ihr Schwert lag immer noch vor mir auf dem Boden. Ich hob es auf.
    Der Seraph nickte und ich fragte mich, ob ich mich wohl verbeugen oder knicksen oder niederknien oder so was sollte. O Gott. Das war ein verdammter Seraph und ich stand mit gelber Strumpfhose und Totenkopfohrringen vor ihm.
    »Sie hat ihren Platz eingenommen«, sagte Nakita. »Ich übergebe sie dir und bitte um
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher