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Totgekuesste leben laenger

Totgekuesste leben laenger

Titel: Totgekuesste leben laenger
Autoren: Kim Harrison
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Schwarz verdunkelt, tief wie das Weltall, das alles Licht aufzusaugen schien. Aber seitdem … nichts. Je mehr ich mich damit abmühte, desto mehr kam es mir vor wie ein toter Stein.
    Barnabas hatte den Auftrag erhalten, mich ständig zu begleiten. Höchstwahrscheinlich würde der schwarze Engel, der mich getötet hatte, nämlich wiederkommen, um sich sein Amulett zu holen. Derweil versuchte ich, ein so normales Leben wie möglich zu führen. Dass ich mir das Amulett überhaupt hatte nehmen können, ohne dass meine Seele zu Staub zerfiel, machte es offenbar ziemlich einzigartig - und mich auch. Doch mich einfach nur zu bewachen, war nicht Barnabas' Ding. Mir war klar, dass er es gar nicht erwarten konnte, wieder zu seiner Seelenretterei zurückzukehren. Wenn ich doch nur diese Sache mit der Gedankenberührung auf die Reihe kriegen würde! Dann könnte er wieder seinen alltäglichen Pflichten nachgehen und mich zu Hause absetzen, wo ich relativ sicher wäre. Wenn der schwarze Todesengel dann wieder auftauchte, könnte ich Barnabas einfach kontaktieren. Aber danach sah es nicht aus.
    »Barnabas«, sagte ich erschöpft, »bist du dir sicher, dass ich das überhaupt kann? Ich bin schließlich kein Engel. Vielleicht kann ich deine Gedanken nicht berühren, weil ich tot bin. Schon mal daran gedacht?«
    Ohne zu antworten, ließ Barnabas den Blick über den kiefernumstandenen See schweifen. Seine besorgt hochgezogenen Schultern verrieten mir, dass er sehr wohl daran gedacht hatte. »Versuch es noch mal«, bat er leise.
    Ich packte fester zu, bis sich die silbernen Drähte in meine Haut bohrten. Angestrengt versuchte ich, an Barnabas zu denken: seine Anmut, die den meisten Highschool-Jungs fehlte, sein schönes Gesicht, sein atemberaubendes Lächeln.
    Nein, ich war echt nicht in ihn verknallt oder so, auf keinen Fall, aber jeder Todesengel, den ich bis jetzt gesehen hatte, war extrem attraktiv gewesen. Ganz besonders der, der mich umgebracht hatte. Trotz der langen Nächte, die ich mit Barnabas auf dem Dach geübt hatte, war es mir nicht gelungen, irgendwas mit dem schimmernden schwarzen Stein anzufangen. Da Barnabas sich so oft in meiner Nähe aufgehalten hatte, dachte mein Vater schon, er wäre mein Freund. Mein Boss im Blumenladen war sogar der Meinung, ich sollte eine einstweilige Verfügung wegen Stalking gegen ihn erwirken.
    Ich stieß mich von dem Felsen ab. »Tut mir leid, Barnabas. Geh du einfach und tu, was du tun musst. Ich warte hier auf dich. Ich komm schon klar.« Vielleicht war das der Grund, warum Barnabas mich hergebracht hatte. Dass es sicherer war, wenn ich hier auf ihn wartete, statt allein. Hunderte von Meilen entfernt. Möglicherweise hatte Barnabas seinen Boss angeschwindelt, was meine Fortschritte anging, damit er schneller wieder an die Arbeit gehen konnte. Ein Engel, der log - tja, es gibt eben nichts, was es nicht gibt.
    Barnabas presste die Lippen zusammen. »Nein. Das ist keine gute Idee«, sagte er, kam über den Feldweg zu mir herüber und nahm mich beim Arm. »Gehen wir.«
    Ich wand mich aus seinem Griff »Na und, dann kann ich mich eben nicht mit meinen Gedanken in deine drängeln! Wenn du mich nicht hierlassen willst, geh ich halt mit und versuche, dir nicht in die Quere zu kommen. Mann, Barnabas, das hier ist ein Ferienlager. Was soll mir hier schon groß passieren?« »Jede Menge«, entgegnete er und sein glattes Gesicht, das so jung wirkte, verzog sich zu einer Grimasse.
    Irgendwer kam den Pfad herauf und ich trat einen Schritt zurück. »Ich stör dich auch nicht. Es wird noch nicht einmal jemand erfahren, dass ich hier bin«, versprach ich. Doch Barnabas' Augen verengten sich vor Sorge.
    Die Leute auf dem Pfad kamen immer näher und ich fing an, nervös herumzuzappeln. »Jetzt komm schon, Barnabas. Warum fliegst du denn erst mit mir hierher, wenn du mich gleich wieder nach Hause bringen willst. Du wusstest, dass ich mir in zwanzig Minuten nicht plötzlich das draufschaffen kann, was wir seit vier Monaten vergeblich üben. Komm schon, du willst es doch auch! Ich bin schon tot - was soll denn da noch schiefgehen?«
    Er sah den Pfad hinunter zu der lärmenden Gruppe von Leuten. »Wenn du das wüsstest, würdest du dich nicht mit mir rumstreiten. Versteck dein Amulett. Einer von denen könnte der schwarze Todesengel sein.« »Ich hab keine Angst«, sagte ich und ließ es unter meinem Top verschwinden.
    Hatte ich aber doch. Es war einfach nicht fair, dass ich tot war und mich trotzdem jedes
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